Dieser Auftritt vor dem ersten Training zum GP Miami war ein Statement. Lewis Hamilton sendete eine Botschaft aus. Nach dem Motto: Ihr könnt mir nicht verbieten, meine Persönlichkeit auszuleben und Schmuck zu tragen. Auch nicht im Cockpit. Der siebenfache Weltmeister der Formel 1 sah auf der Pressekonferenz nicht aus wie ein Rennfahrer, sondern eher wie ein Rapper. Hamilton trug zwei Uhren am linken Arm, eine am rechten. Dazu Ringe an praktisch jedem Finger, zwei Armbänder, zwei Ohrringe und vier dicke Ketten um den Hals.
Es wirkte fast so, als hätte Hamilton jeden Schmuck ausgegraben, den er finden konnte. Zum Streit um den Schmuck sagt der 103-fache GP-Sieger der Formel 1. "Es gibt wichtigere Themen. Ich habe Mohammed eine Nachricht dazu geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten. Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich ein Verbündeter bin und nicht gegen die FIA kämpfen will." Die Frage ist, wie FIA-Präsident Mohammed bin Salman darauf reagiert. Der stand bis jetzt auf der Seite seines Rennleiters, der das Schmuckverbot schon in anderen Rennenserie durchgesetzt hatte.

Hamilton sieht kein Sicherheitsproblem
Der Streit hatte sich bereits beim GP Australien angekündigt. Damals ließ der neue Rennleiter Niels Wittich wissen, dass er nicht dulde, dass die Fahrer im Auto Körperschmuck tragen. In Miami verschriftlichte Wittich sein Anliegen. Es sei verboten, Körper-Piercings oder metallische Halsketten während des Fahrens zu tragen. Dass die Fahrer sich daran halten, soll in Stichproben kontrolliert werden.
Hamilton sträubt sich gegen die neuen Vorschriften. Sein Mercedes-Team steht hinter ihm. "Das sind Kleinigkeiten. Völlig unnötig", beschwert sich Hamilton. "Ich kann zwei Schmuckstücke nicht ablegen. Sie sind aus Platin und nicht magnetisch. Das war noch nie ein Sicherheitsproblem."
Manche bezeichnen es als kleinkariert. Doch die FIA und ihr Rennleiter bestehen auf ihrem Standpunkt. Bei einem Feuerunfall könnte der Körperschmuck beispielsweise schmelzen und zu schweren Verletzungen führen. Die Gegenstände am Körper eines Fahrers könnten den Schutz der feuerfesten Kleidung mindern. Oder die medizinische Erstversorgung bei einem Unfall erschweren. Der Schmuck könnte sich an Helm, Sturmhaube oder Overall verhaken. Der Fahrer könnte ihn auch verschlucken und daran ersticken.
Harte Strafen für Regelbrecher
Offiziell gibt die FIA keine Strafen bekannt. Nur die Teams haben die Empfehlungen der FIA an die Sportkommissare erhalten. Und die Strafen sind auch nach einer Korrektur nach unten so drastisch, dass es sich Hamilton und Co zwei Mal überlegen werden, die Regeln zu brechen. Bei einer ersten Zuwiderhandlung soll der Fahrer mit 25.000 Euro zur Kasse gebeten werden und 25.000 Euro auf Bewährung.
Im Wiederholungsfall drohen 50.000 Euro Strafe. Bei einem dritten Regelbruch geht es auf Wunsch der FIA ans Eingemachte. 100.000 Euro für den Fahrer. Dem Team, drohen 250.000 Euro und Abzug von WM-Punkten. Von bis zu zehn Zählern ist die Rede. Wer dem Rennleiter beim Scrutineering falsche Angaben über Schmuck und Piercings seiner Piloten macht, wird von der FIA zur Kasse gebeten. Sauber-Sportdirektor Beat Zehnder klärt auf: "250.000 Euro sind die Höchststrafe, die das Sportgericht zulässt. Die gibt es sonst nur, wenn ein Team vorsätzlich betrügt."

Vettel äußert sich zu Streit
Im Bestreben nach einer besseren Sicherheit auf jeder Ebene sieht sich die FIA zu diesen Maßnahmen gezwungen. Man erinnerte die Fahrer auch noch einmal an das Tragen einer feuerfesten Unterwäsche. Hamilton scheint nicht bereit, einzulenken. "Ich habe in meinem Leben schon viele MRT-Scans mitgemacht. Bei keiner dieser Untersuchungen musste ich etwas abnehmen. Es geht um Individualität. Ich will sein, wer ich bin."
Fast schon trotzig sagt der Mercedes-Pilot: "Mercedes hat auch Ersatzfahrer. In der Stadt gibt es genug für mich zu tun." Die Mehrheit der Fahrer schlägt sich auf seine Seite. Sebastian Vettel kann beide Parteien verstehen. "Ich denke, es ist unnötig, die Geschichte aufzublasen. Körperschmuck kann zum Problem werden im Fall eines Feuerunfalls. Aber zu einem gewissen Grad ist jeder für sich selbst verantwortlich. Wir sollten alt genug sein, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen. Sowohl im als auch außerhalb des Autos." Wenig später begab sich Vettel voll auf die Seite des Mercedes-Superstars. Er zog sich vor dem Training eine Unterhose über den Rennanzug.
Inzwischen wurde bekannt, dass Hamilton bereit ist einzulenken. Zwei seiner Piercings hatte er bereits vor dem ersten Training abgelegt. Ein drittes muss operativ entfernt werden. Die FIA wird ihm für das Rennen in Miami eine Ausnahmegenehmigung erteilen mit der Aufforderung, das Problem bis zum nächsten Grand Prix zu lösen.