Die Post von der FIA erreichte die Teams am Freitag, den 15. November. Da waren es noch sechs Tage bis zum ersten Training zum GP Las Vegas. Die Technische Direktive verlangt von sieben Teams, die Anordnung ihrer Befestigungsschrauben der Bodenplatte unter dem Auto zu modifizieren. Betroffen sind Red Bull, Ferrari, Mercedes, Aston Martin, Haas, Sauber und Alpine.
Alle mussten den Schutz über den Skid-Blocks im hinteren Bereich des Unterbodens entfernen. Dabei hatten die Technikkommissare des Verbandes den Teams ihre individuellen Lösungen auf Anfrage zuerst erlaubt. "Wir haben Zeichnungen von den Skid-Blocks eingereicht und bekamen von der FIA grünes Licht", ärgerte sich Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur.

Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur kritisierte die plötzliche Kehrtwende und die kurze Vorlaufzeit.
Red Bull fürchtete McLaren-Protest
Aus Sicht von Ferrari hat die FIA die Regeln mitten in der Saison geändert, auch wenn es sich in diesem Fall nur um eine Direktive handelt. Red Bull dagegen steht auf dem Standpunkt, dass die Regeln immer klar waren. Wer den Text Buchstabe für Buchstabe liest, musste zu dem Schluss kommen, dass der Einsatz der Schutz-Skids von vornherein illegal war. Auch wenn die FIA selbst die Angelegenheit zunächst anders eingeschätzt hatte.
Red Bull beging quasi Selbstanzeige, um Klarheit zu bekommen und einem möglichen Protest zuvorzukommen. Beim Meisterteam ging die Angst um, dass McLaren plötzlich aus dem Hinterhalt feuert und alle Autos mit den Schutz-Kids aus der Wertung genommen werden müssten. McLaren hatte von vornherein auf diese Lösung verzichtet. Der Herausforderer hatte aber gar keinen Protest im Sinn, weil ihm die Zweideutigkeit in den Regeln nicht bewusst war.

Im Las-Vegas-Training müssen die Teams nun schnell herausfinden, welche Bodenfreiheit gefahren werden kann, ohne eine Disqualifikation zu riskieren.
Sechs Tage Vorlauf für Reaktion
Ferrari konnte das nicht besänftigen. "Der Vorlauf von nur sechs Tagen war extrem kurz", klagte Vasseur. Das Hauptproblem ist nicht einmal, dass die Autos hier und da ein bisschen höher gesetzt werden müssen. Das kann der Ferrari vertragen. Die Aerodynamik des SF-24 funktioniert über eine vergleichsweise große Bandbreite an Bodenfreiheiten.
Die größere Sorge ist, dass sich beim Aufsetzen des Autos auf der Straße die ungeschützten Befestigungsschrauben zu stark abwetzen könnten und man dann in Konflikt mit der Millimeter-Regel kommt. Um da auf der sicheren Seite zu bleiben, braucht man Erfahrungswerte und Tests, für die im Rahmen der Freien Trainings aber fast keine Zeit bleibt.
Ferrari überlegte kurz, die Direktive zu ignorieren. Mit der schriftlichen Zusage der FIA in der Hand hätten die Sportkommissare bei einem Protest wenig Handhabe gehabt, Ferrari aus der Wertung zu nehmen. Vasseur sah am Ende aber davon ab, weil er im Kampf um die Konstrukteurs-WM nicht zusätzliches Öl ins Feuer gießen wollte. "Wir konzentrieren uns besser auf uns selbst. Die FIA hat schon genug Probleme."