Flavio Briatore stellt sich die richtigen Fragen, und er findet auch oft die richtigen Antworten. Auf seine Art. Alpine ist 2025 eines von sechs Teams, das mit Jack Doohan auf einen Rookie setzt. So wie Mercedes mit Andrea Kimi Antonelli, Red Bull mit Liam Lawson, Toro Rosso mit Isack Hadjar, Haas mit Oliver Bearman und Sauber mit Gabriel Bortoleto.
Doch was passiert, wenn die Newcomer nicht so einschlagen wie erhofft? Oder wenn einer der Fahrer krank wird, sich verletzt oder wegen einer Sperre aussetzen muss? Ersatzfahrer mit Qualität sind Mangelware. Und die Teams scheuen sich zu jedem Rennen einen Reservisten mitzunehmen, der dann mit höchster Wahrscheinlichkeit nur rumsitzt. Idealerweise soll der Ersatzmann in der Nacht von Freitag auf Samstag Setup-Arbeit im Simulator leisten. Dann wird es in vielen Fällen schon schwierig, dass er samstags vor Ort ist.

Franco Colapinto heuert als neuer Ersatzfahrer bei Alpine an und sitzt Rookie Jack Doohan im Nacken.
Der goldene Griff mit Colapinto
Briatore hat dieses Problem für Alpine am besten gelöst. Er holte sich mit Franco Colapinto einen Rookie mit Erfahrung ins Boot. Der Argentinier bringt ihm Sponsoren, Aufmerksamkeit und die Sicherheit, dass für Doohan ein Ersatz bereitstünde, der sofort funktioniert. Die unschöne Seite: Doohan steht vom ersten Rennen an massiv unter Erfolgsdruck. Den muss bei Briatore aber jeder aushalten.
Auch Mercedes ist gut abgesichert. Sollten die Schuhe für Antonelli noch eine Nummer zu groß sein, könnte mit Valtteri Bottas ein Mann einspringen, der 246 Grands Prix gefahren ist und das Team in- und auswendig kennt. Der 35-jährige Finne ist eine sichere Bank. Die Simulator-Arbeit bleibt hauptsächlich an Frederik Vesti hängen.

Guanyu Zhou versucht sich dank seiner Mitgift einen Ersatzfahrer-Platz zu erkaufen.
Wer angelt sich Guanyu Zhou?
Red Bull dagegen hat ein Problem. In beiden Teams sitzt je ein Pilot mit wenig bis keiner Formel-1-Erfahrung, und der einzige im Pool, der momentan als Reserve bereitstünde, ist noch weiter weg von der Formel-1-Reife. Arvid Lindblad beendete seine erste Formel-3-Saison 2024 als Vierter und steigt nun direkt in die Formel 2 auf.
Der 17-Jährige mit der Doppel-Staatsbürgerschaft England und Schweden soll so schnell wie möglich aufgebaut werden, um notfalls den Notnagel spielen zu können. Dazu braucht er dringend TPC-Tests in einem Red Bull RB19 oder einem Alpha Tauri AT04 von 2023. Bis jetzt haben sich die Red-Bull-Teams mit Tests in alten Formel-1-Autos zurückgehalten, weil Honda viel Geld für die Bereitstellung von Motoren und Personal verlangt.
Deshalb gab es die Überlegung Guanyu Zhou zu verpflichten, der sich für eine Rückkehr zum Stammpiloten mit TPC-Testfahrten fit halten will. Doch auch Ferrari ist an dem Chinesen interessiert, weil der gut bezahlt und damit die Übungsfahrten mit den alten Autos finanziert.

Sergio Perez legt nach seinem Red-Bull-Abschied erstmal eine Pause vom Motorsport ein.
Die Oldies sind raus
Doch was macht Red Bull, wenn es Lawson im Vergleich mit dem Ausnahmetalent Max Verstappen nicht besser ergeht als Sergio Perez? Und was, wenn Hadjar von Yuki Tsunoda die gleiche Abfuhr bekommt wie Daniel Ricciardo? Die beiden ausgemusterten Oldies sind nicht mehr greifbar.
Zhou hätte Erfahrung, ist aber auch nicht die größte Leuchte am Formel-1-Himmel. Colapinto wäre die beste Wahl gewesen, doch Red Bull wollte den Mann aus Buenos Aires mit Haut und Haaren. Dafür verlangte Williams zu viel Geld. Alpine ließ sich auf einen Leihvertrag ein.
Ricciardo und Perez würden für Ersatzdienste viel Geld aufrufen. Wenn sie es überhaupt wollen. Ricciardo hat den Motorsport vorerst aus seinen Plänen gestrichen. Perez will sich lieber auf ein Comeback 2026 konzentrieren, als sich 2025 mit Hilfsdiensten zu verzetteln. Kevin Magnussen ist bei BMW in der WEC und IMSA unter Vertrag und soll zwischendurch im TPC-Programm von Haas als Referenz für junge Fahrer eingesetzt werden.

Robert Shwartzman könnte bei Ferrari als Ersatzmann fungieren.
Ersatzfahrer-Sharing bei Sauber?
Haas hat sich letztes Jahr die Test- und Ersatzfahrer mit Ferrari geteilt. Beide hatten Zugriff auf Oliver Bearman und Antonio Giovinazzi. Für Bearman hat sich das drei Mal ausgezahlt. Ein Mal im Ferrari, zwei Mal für Haas. Das könnte auch für 2025 so gehandhabt werden. Ferrari hätte neben Giovinazzi noch Arthur Leclerc und Robert Shwartzman in der Hinterhand.
Sauber überlegt sich ein ähnliches Modell. Statt einen festen Reservefahrer zu nominieren, steht eher im Raum, sich mit einem anderen Team einen für Notfälle zu teilen. Möglich wäre ein Abkommen mit Aston Martin und Felipe Drugovich oder mit Ferrari und Antonio Giovinazzi.
Gabriel Bortoleto ist von allen Neulingen der Fahrer mit den wenigsten Formel-1-Kilometern. Der Brasilianer durfte 2024 einen TPC-Tag bei McLaren abdienen und gab dann bei den Pirelli-Reifentestfahrten am Saisonende mit 130 Runden sein Debüt im Sauber. Nächste Woche geht es mit zwei Tagen im 2023er-Sauber in Barcelona weiter. Vor Saisonbeginn stehen noch zwei weitere TPC-Tage in Imola für den 20-jährigen Brasilianer auf dem Programm, bevor es dann ernst wird.