Das ist Red Bulls Motorenplan für Zukunft ab 2022

Das ist Red Bulls Motorenplan
„Keine Erpressung, sondern Tatsache“

Red Bull liebt die Unabhängigkeit. Der österreichische Rennstall hat sie als Werksteam von Honda zum ersten Mal seit seinem Formel 1-Einstieg 2005 erlebt. Zuvor musste man nehmen, was der Motorpartner anlieferte. Man hatte sie fast alle durch. Zuerst Cosworth, dann Ferrari, dann Renault.

Jetzt könnte es mit dieser Unabhängigkeit bald wieder vorbei sein. Honda hat für Ende 2021 den Rücktritt angekündigt, und Red Bull befindet sich wieder einmal auf Motorensuche. Von allen Optionen ist dem WM-Zweiten die eigene Lösung die liebste. Honda übergibt Red Bull Ende 2021 alle Rechte und die Motoren, und der Rennstall wird sein eigener Motorenlieferant.

Das geht natürlich nur mit einer Angleichung der Motoren, gefolgt von einem Entwicklungsstopp ab 2022. Weil Red Bull in den Raum stellte, dass man bei einer unbefriedigenden Lösung der Motorenfrage auch mit zwei Teams aussteigen könne, interpretierten das viele als Erpressungsversuch. Sportdirektor Helmut Marko wehrt sich dagegen: "Das ist keine Erpressung, sondern eine Tatsache. Wenn es keinen Entwicklungsstopp gibt, können wir das Honda-Projekt nicht durchführen. Mit diesen komplexen Triebwerken ist ohne ein Entwicklungszentrum wie Sakura eine Weiterentwicklung nicht möglich. Und auch die Kosten wären nicht tragbar."

Red Bull Honda - GP Portugal 2020
Red Bull

Red Bulls Frist ist 20. November

Für den Fall, dass der Alleingang nicht möglich ist, weil sich Konkurrenten gegen ein Einfrieren der Motoren sperren, würde Red Bull zuerst einmal die beiden Alternativen prüfen. "Mit Ferrari und Renault müssten wir uns erst einmal einigen. Das hört sich alles einfach an, ist es aber nicht. Man kann sich vorstellen, was los wäre, wenn wir mit einem Ferrari-Motor das Werk schlagen. Und auch bei Renault gibt es ein neues Selbstbewusstsein, dass die mit ihrem neuen Motor und Herrn Alonso 2022 alles niederreißen. Das Reglement verlangt zwar Gleichbehandlung, aber da gibt es schon Möglichkeiten, für Unterschiede zu sorgen. Wenn wir uns da nicht einigen, ist der Ausstieg auch eine Variante. Wir haben nur die Realität aufgezeigt", erklärt Marko.

Red Bull drängt deshalb auf eine schnelle Antwort, weil die Zeit davonläuft. Am 20. November trifft sich Marko mit den Honda-Bossen. Bis dahin wollen beide Parteien wissen, ob dieses Projekt überhaupt möglich ist. Dafür braucht man die Zusage, dass die Motoren auf dem Stand von 2021 eingefroren werden. Marko ist klar, dass Red Bull da eine Herkulesaufgabe bevorsteht. Ob sie technisch überhaupt machbar ist, wird gerade geprüft. Honda hat bereits zugesagt, dass man dem Projekt aufgeschlossen gegenübersteht.

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Red Bull würde in diesem Fall die Honda-Filiale in Milton Keynes und seine 140 Angestellten übernehmen, sie dann mit zusätzlichen Spezialisten aufstocken und sie in einem Gebäude auf dem Red Bull-Areal in Milton Keynes ansiedeln. Man würde Prüfstände von Honda übernehmen und zusätzlich Anlagen bei der AVL in Graz einkaufen. "Es gibt da gerade günstig Prüfstände zu kaufen, weil die auf einigen sitzen, die zwar anbezahlt wurden, dann aber kein Geld mehr kam."

Max Verstappen - GP Portugal 2020
xpb

Beste Lösung: neues Motorenformat

Klar ist auch, dass Red Bull anfangs Unterstützung von Honda braucht. Das aber darf über 2021 nicht hinausgehen, weil Honda danach alle Brücken zur Formel 1 abreißen will. Marko verrät: "Wir müssten schon 2021 neue Leute einschulen und Honda beim Zusammenbau der Motoren, der Qualitätskontrolle und der Organisation der Lieferantenketten über die Schultern schauen. So blöd, dass wir Ende 2021 einfach die Rechte an dem Motor und ein paar Triebwerke übernehmen, sind wir auch nicht. Der Bau der Motoren würde in Milton Keynes stattfinden. Die Detailfragen werden gerade geklärt. Honda macht ja auch nicht alles selbst. In Japan wird viel im Lohnauftrag gearbeitet."

Bei Ferrari oder Renault bekäme Red Bull den Motor-Service für jeweils 15 Millionen Euro. Marko gibt zu, dass die Eigenlösung teurer wäre. "Aber nicht exorbitant", schränkt er ein. Red Bull käme auch bei Ferrari oder Renault nicht mit den vom Reglement vorgeschriebenen 15 Millionen davon. "Bei uns käme auf den Motorpreis noch die Spritentwicklung drauf. Wir fahren anderes Benzin als Ferrari und Renault. Da müsstest du extra bezahlen. Der Vorteil der eigenen Lösung ist aber, dass der Motor so gebaut wird, wie es die Chassisabteilung haben will."

Noch besser, so Marko wäre es, wenn ein neues Motoren-Reglement auf 2023 oder 2024 vorgezogen wird. Und da gibt es für den Grazer nur eine Lösung: "Ein simpler Motor, den jeder bauen kann. Und dann gibst du das grüne Fähnchen mit einem Standard-Kers und dem synthetischen Kraftstoff dran. Das genügt. Wie der Sprit ausschaut, ob synthetisch oder Bio, muss abgeklärt werden. Nicht alle Sprithersteller können das. Da ist vieles noch sehr vage. Genauso wichtig ist, dass der Motor einen Sound hat. Letztlich musst du eine gute Show bieten. Wir sind kein Innovationsbetrieb. Es ist ja schon alles erfunden. Ein DAS von Mercedes taugt genauso wenig für die Serie, wie die aktuellen Motoren. Weil alles viel zu komplex und zu teuer ist." Marko mahnt zur Eile: "Wir brauchen schnell eine Entscheidung. Wie soll heute einer ein Formel 1-Programm verabschieden, wenn es kein Reglement gibt?"