Welchen Namen sollen wir Alpha Tauri in diesem Jahr geben? Offiziell heißt der Teilnehmer Visa Cash App RB F1 Team, doch dieser Zungenbrecher wird es sicher nicht in den normalen Sprachgebrauch oder die Ergebnislisten schaffen. Die Firma ist in der offiziellen FIA-Nennliste unter dem Namen "Racing Bulls" eingetragen. Viele werden Red Bulls Schwesterteam aber wohl weiter beim alten Namen nennen oder ganz zurück zu Toro Rosso gehen. Was historisch den meisten Sinn macht.
Der Rennstall aus Faenza wurde 2006 unter diesem Namen gegründet. Und er war 18 Jahre lang das Ausbildungslager für junge Rennfahrer. Die Weltmeister Sebastian Vettel und Max Verstappen und auch die GP-Sieger Daniel Ricciardo, Carlos Sainz und Pierre Gasly haben ihre Formel 1-Karriere bei der Scuderia Toro Rosso begonnen.

Nach dem Abgang von Teamchef Franz Tost wird das Alpha-Tauri-Team nicht nur personell komplett neu aufgestellt.
Zu viel Red Bull im Alpha Tauri?
Im letzten Jahr ist Alpha Tauri ein bisschen von seiner DNA abgerückt. Zuerst holte man mit Nyck de Vries einen Fahrer ins Boot, der nicht aus dem eigenen Kader stammte. Mitten in der Saison tauschte man den Niederländer gegen Daniel Ricciardo aus, der mit 34 Jahren und 234 GP-Starts alles andere als ein Rookie ist.
Die Begründung der Teamleitung war, dass man einen Fahrer brauchte, der mit den Ingenieuren zusammen das Auto weiterbringt. Was helfen die besten Talente, wenn das Auto zu langsam ist? Beim Prozess der Weiterentwicklung lehnte sich Alpha Tauri im Verlauf der Saison immer näher an Red Bull an.
Der AT04 wurde dem RB19 immer ähnlicher und bekam ab dem GP Singapur auch noch dessen Hinterachse. Weil daraus im letzten Saisondrittel das fünftschnellste Paket im Feld entstand, weckte das den Argwohn der Konkurrenz. Noch mehr Kritik gab es, als bekannt wurde, dass 2024 auch noch die Vorderachse übernommen wird und die Technikabteilung von Alpha Tauri auf den Red-Bull-Campus in Milton Keynes umzieht. Plötzlich wurde wieder hinterfragt, ob so viel Synergie sein darf.

Aus den Reihen der Konkurrenz gab es zuletzt Kritik an der technischen Partnerschaft zwischen den beiden Red-Bull-Teams.
Ein Besitzer, zwei Teams: Geht das?
Der Wunsch der Zentrale in Milton Keynes, strategisch beide Teams zu lenken, barg eine weitere Gefahr. Im Fahrerlager wurde immer lauter diskutiert, ob ein Besitzer überhaupt zwei Teams an den Start bringen darf. In jeder anderen Sportart ist das verboten.
Die Fallstricke liegen auf der Hand. Die zwei Teams könnten sich nicht nur technisch zum Nutzen beider gegenseitig helfen, sondern auch auf der Rennstrecke gemeinsame Sache machen. Dazu kommt, dass Allianzen von zwei Teams bei der Budgetdeckelprüfung besonders streng kontrolliert werden.
Red Bulls Schwesterteam hat reagiert. Der Alpha-Tauri-Nachfolger ist an Red Bull Salzburg angelehnt und keine Filiale von Red Bull Racing. "Es bleibt ein eigenständiges Team mit eigenständiger Führung. Es soll auch weiter ein Juniorteam bleiben, auch wenn man in diesem Jahr den Weg mit einem erfahrenen Piloten geht", bestätigt Sportchef Helmut Marko.

Die neue Identität des kleinen Red-Bull-Teams soll zeigen, dass es unter einer eigenständigen Führung steht. Bei der Technik sollen die Synergien aber verstärkt werden.
Umzug nach Milton Keynes
Das lässt darauf schließen, dass Ricciardo in diesem Jahr seine Chance nutzen muss, um sich als Nachfolger von Sergio Perez zu qualifizieren, wenn das überhaupt nötig ist. Liam Lawson steht als Reservepilot schon in den Startlöchern. "Je mehr Druck er hatte, desto besser wurde er", lobt Marko. Das zählt bei dem Grazer wie ein Ritterschlag.
Der Umzug der Ingenieure von Faenza und Bicester nach Milton Keynes macht aus zwei Gründen Sinn. Erstens ist es billiger ein Gebäude zu nutzen, das einem sowieso gehört und man für die Zwecke von Alpha Tauri adaptieren kann. Zweitens kann man mit Sitz in England leichter Fachpersonal rekrutieren. Red Bulls Juniorteam verzeichnete prompt viele Zugänge von der Konkurrenz. Prominenteste Verpflichtung sind Sportdirektor Alan Permane (ehemals Alpine), der frühere McLaren-Ingenieur und FIA-Technikchef Tim Goss und Ex-Red Bull-Techniker Guillaume Cattelani.
Die Namensfindung war übrigens eine schwere Geburt. Ursprünglich sollte der Titel "Racing Bulls" stärker im Vordergrund stehen. Es ist ein Oberbegriff, der bei Red Bull auch für andere Sportaktivitäten genutzt wird. Doch die Formel 1 war nicht besonders glücklich damit, dass Sponsornamen vor dem Chassishersteller stehen. Deshalb wurde Racing Bulls am Ende in "RB" abgekürzt.