Red Bull Silverstone: Verstappen-Pole, Perez raus

Perez schon wieder vorzeitig raus
Sieben Sekunden retten Verstappen

GP Großbritannien 2023

Platz 20, 11, 12, 15 und 16. Das sind nicht die Startplätze eines Alpha-Tauri-Piloten, sondern die von Sergio Perez. Und zwar in den letzten fünf Rennen. Der Mexikaner schaffte es seit Miami kein einziges Mal mehr ins Q3. Gleichzeitig stellte sein Teamkollege Max Verstappen den Red Bull fünf Mal auf den besten Startplatz und fuhr von dort zum Sieg.

Eine Zeitlang zeigte Red Bull Verständnis für sein Sorgenkind, doch so langsam zieht sich die Schlinge um Perez zu. Auch eine Nummer zwei beim besten Team der Szene kann sich solche Ergebnisse nicht auf Dauer leisten. Fast immer lag die Schuld bei Perez. In Monaco und Spanien kam er von der Strecke ab. In Kanada passte das Timing mit der Reifenwahl bei wechselnden Bedingungen nicht. In Österreich übertrat er im Q2 drei Mal die Streckenlimits.

Sergio Perez - Red Bull - GP England 2023 - Silverstone
Motorsport Images

Perez mit kalten Reifen

In Silverstone lag Perez 3:11 Minuten vor der Zielflagge für das Q1 in der Todeszone. Die Sitzung war unterbrochen, weil Kevin Magnussen ausgangs der Stowe-Kurve gestrandet war. Red Bull schickte Perez sofort an die Boxenausfahrt, um sicherzustellen, dass er in den letzten Minuten bei freier Fahrt eine Runde hinlegt, die für das Weiterkommen reicht. An der Spitze würde er auch die Reifen optimal aufwärmen können. So weit der Plan.

Zu dem Zeitpunkt stand die Re-Start Zeit noch gar nicht fest. "Wir wollten Sergio vorne hinbringen, weil wieder Regen angesagt war. Keiner konnte wissen, dass die Unterbrechung so lange dauert. Die mussten ja nur den Haas aus der Schusslinie schieben", ärgerte sich Sportchef Helmut Marko. Der Grund für die Verzögerung war von außen nicht sichtbar. Am Haas war eine Ölverbindung gebrochen. Die Streckenposten mussten auch noch putzen.

Der Red Bull stand deshalb fast zehn Minuten mit abgestelltem Motor, bis es wieder losging. Al sich der Autokorso mit Perez an der Spitze in Bewegung setzte, waren die Reifen total ausgekühlt. Bei denen, die am längsten warten mussten am schlimmsten. Perez fehlten am Ende 19 Tausendstel zum Weiterkommen. 19 Tausendstel auf Fernando Alonso, der ebenfalls in Schwierigkeiten kam, weil er als Vierter in der Schlange ähnlich lange gewartet hatte.

Marko verteidigt Perez

Doch Alonso hat es in einem Aston Martin ins Q2 geschafft und Perez in einem Red Bull nicht. Das ist, was am Ende zählt. Bei Red Bull glauben viele, dass die Bremse beim WM-Zweiten auch im Kopf sitzt, auch wenn Teamchef Christian Horner einen gelasseneren Perez entdeckt haben will, seit er verstanden hat, dass er kein Kandidat mehr für den WM-Titel ist.

Marko gibt sich bei der Beurteilung des sechsfachen GP-Siegers überraschend milde: "Perez hat immer ein Problem, wenn es wechselnde Bedingungen gibt. Im Rennen ist er dann wieder stark. Dann hat er auch noch einen Teamkollegen, der keine Fehler macht und klar schneller ist. Das musst du als Rennfahrer erst einmal verkraften"

Ewig darf das allerdings nicht so weitergehen, droht der Grazer. "Wir brauchen Perez weiter vorn, weil wir endlich mal mit unseren Fahrern Erster und Zweiter in der WM werden wollen. Das haben wir noch nie geschafft." Trotz der schlechten Startplätze hat Perez in den letzten vier Rennen immerhin noch 43 Punkte eingelöst und es in Spielberg endlich mal wieder auf das Podium geschafft.

Stimmen, die bereits eine Ablöse fordern, kommen bei Marko nicht an: "Wen willst du denn in das Auto setzen? Jeder tut sich gegen Max schwer. Von den interessanten Leuten haben alle einen Vertrag, und aus den Nachwuchsformeln kommt im Moment nichts nach." Die Interessanten Leute sind aus Sicht von Red Bull Lando Norris und Alexander Albon. Die sind bis 2025 bei ihren Teams festgenagelt.

Max Verstappen - Red Bull - GP England 2023 - Formel 1 - Silverstone - Qualifikation
Wilhelm

Das Glück von Verstappen

Während bei Perez schiefgeht, was schiefgehen kann, schwimmt Max Verstappen auf einer Welle des Erfolges. Wenn er mal Rennglück braucht, dann steht es ihm auch bei. In der Pause im Q1 unterlief ihm einer seiner raren Fehler. Zuerst riss er den halben Galgen in der Garage ab, weil er schon losfuhr, als das Auto noch verkabelt war. Dann nahm er beim Einfädeln in die Boxengasse etwas zu viel Schwung und landete mit dem linken Frontflügel in der Boxengasse.

Der Meister entschuldigte sich mit "Untersteuern". Marko erinnerte sich amüsiert: "Den Fehler hat er schon einmal gemacht. Bei einem Formel-Abarth-Rennen bei der Winterserie in Miami."

Der kleine Ausrutscher hätte den Titelverteidiger ausbremsen können. Er stand zu dem Zeitpunkt mit 1.30,719 Minuten zwar an der Spitze des Q1-Klassements, aber die Zeit erwies sich drei Minuten später als wertlos. Damit wäre Verstappen am Ende auf Platz 19 gelandet. Er brauchte also noch einmal eine fliegende Runde.

Nach dem Zwischenfall in der Boxengasse rutschte Verstappen ans Ende der Schlange. Jetzt wurde die Zeit knapp. In der Aufwärmrunde trug er auch noch ein Privatduell mit Lewis Hamilton aus, der wie er in Zeitnöte kam und durch Zickzackfahren nicht nur seine Reifen auf Temperatur bringen, sondern auch verhindern wollte, dass ihn der Erzfeind überholt. Es reichte am Ende für den WM-Spitzenreiter gerade so. Sieben Sekunden vor der Zielflagge kreuzte er die Linie. Bei Perez hätten in einem vergleichbaren Fall zwei Sekunden gefehlt.