GP Bahrain: Red Bull verliert 30 WM-Punkte

Red Bull verliert 30 WM-Punkte
Die Nummer 2 hinter Ferrari

GP Bahrain 2022

Bis vier Runden vor Zielflagge fuhr Red Bull auf Kurs – auch wenn man den Sieg abschreiben konnte. Dann schlug der Defektteufel zu. Erst riss es Max Verstappen aus dem Rennen. In der letzten Runde verabschiedete sich Sergio Perez mit Dreher in der ersten Kurve. In beiden Fällen versagte die Benzinzufuhr zum Motor. "Ein Schaden, völlig aus dem Nichts", wunderte sich Teamchef Christian Horner.

In diesen vier Runden gingen Red Bull 30 WM-Punkte verloren. Stattdessen schreibt das Team des Weltmeisters einen Nuller. Das ist sowohl für die Fahrer- als auch die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft bitter. Weil Ferrari die Maximalpunktzahl erzielte. Und weil Mercedes mit einem deutlich schlechteren Auto nach dem Saisonauftakt 27 Punkte mehr auf dem Konto hat.

Sergio Perez - Red Bull - GP Bahrain 2022 - Sakhir - Rennen
Wilhelm

Red Bull mit zu vielen Pannen

Der Teamchef beschönigt nichts: "Es ist sehr enttäuschend, so viele Punkte zu verlieren." Sportchef Helmut Marko kritisiert: "Die Basis unseres Autos ist gut. Aber wir hatten zu viele Pannen, um gewinnen zu können." Vielleicht rächte es sich, dass Red Bull an sechs Testtagen nicht eine einzige Rennsimulation abwickelte.

So recht konnte man sich die Defekte nach dem Rennen nicht erklären. Im Verdacht steht unter anderem die Benzinpumpe. Die hatte Red Bull wie manch anderes Teams am Samstagabend nach Sondererlaubnis des Rennleiters untersucht, ohne etwas Verdächtiges festzustellen. Bei den Testfahrten soll es an diesem Bauteil zu mehreren Schäden gekommen sein, nicht aber bei Red Bull selbst. Es war also eine reine Vorsichtsmaßnahme. Auch zwei Tage nach dem Saisonauftakt dauerte die Untersuchung an. Das Problem ist offenbar nicht so leicht auszumachen.

Red Bull trat den Saisonauftakt als Co-Favorit neben Ferrari an und schien nach drei Trainings Oberwasser zu haben. Die Teamführung frohlockte, doch es gab auch warnende Stimmen vor den roten Rennwagen. Der Gegner heißt aktuell nicht Mercedes, sondern Ferrari. Und die Italiener haben nicht nur einen starken Motor, sondern auch ein stimmiges Auto. Kein Team versteht seinen neuen Rennwagen so gut wie Ferrari.

Der Weltmeister bekam es zu spüren. Verstappen verlor eine mögliche Pole Position in der letzten Kurve in der letzten Runde. "Ein oder zwei Zehntel hätten wir schneller fahren können", hieß es aus dem Team. Das hätte Ferrari aber vermutlich auch gekonnt. Red Bull verpatzte das Q3. Es stimmte weder die Balance noch die Reifenvorbereitung.

RB18 spitzer als F1-75

Die Topspeeds und einzelnen Sektoren verrieten die Abstimmung. Die Red Bull flogen über die Zielgerade, trotz leistungsschwächerem Motor. Man opferte Anpressdruck zugunsten von weniger Luftwiderstand. Das war bei einem Vergleichstest im zweiten Training die vielversprechendere Option. Da hatte Max Verstappen einen kleineren Flügel drauf, Sergio Perez einen größeren.

Wahrscheinlich wählte Red Bull den geringeren Abtrieb auch als Schutz vor den Ferrari. Man bezahlte im Mittelsektor, in dem acht der 15 Kurven versteckt sind. In diesem Abschnitt war das rote Auto ein, zwei Zehntel schneller. Ferrari fuhr einen größeren Flügel. Und die Roten überraschten Red Bull nicht nur auf eine Runde, sondern auch über die Distanz.

"Sobald Max Tempo gemacht hat, sind uns die Reifen zu stark eingegangen. Unser Reifenabbau war entgegen den Erwartungen höher als der von Ferrari", erklärte Sportchef Marko. "Wir sind unter unseren Möglichkeiten geblieben. Vielleicht hat die Setupänderung von Freitag auf Samstag den gegenteiligen Effekt bei Max gehabt. Dazu muss man sagen, dass das Rennen immer anders läuft, wenn man es von der Spitze weg wie Leclerc fahren kann."

Verstappen vermisste das Gefühl und den Speed aus den Longruns vom Freitag. "Wir konnten diese Pace nicht reproduzieren. Aber so ist das manchmal, dass die Balance nicht mehr passt." Es war im Rennen vier bis fünf Grad Celsius wärmer als an den Tagen zuvor. Da zeigte sich ein Unterschied: Ferrari ist unter allen Bedingungen schnell. Das rote Auto scheint einen breiten Arbeitsbereich zu haben. Die Konkurrenzprodukte sind offenbar spitzer ausgelegt.

Verstappen - Leclerc - GP Bahrain 2022 - Sakhir - Rennen
Wilhelm

Red Bull verfehlt Ziele

Der Weltmeister haderte mit der Herangehensweise. Verstappen ist ein Typ, der nicht gerne zurückhält. Deshalb rumorte es in ihm, als er nach den Boxenstopps die Anweisung erhielt, die Reifen schonend anzufahren. Es schmeckte ihm nicht, deshalb Charles Leclerc nicht überholen zu können. Der zaghafte Undercut missglückte. Und der Monegasse hatte auf jeden Überholversuch die passende Antwort, obwohl er mit dem Energiemanagement zu kämpfen hatte. "Wir hätten strategisch aggressiver sein können", meint Verstappen. "Zum Beispiel in den Outlaps. Ich hatte einen guten Topspeed. Wenn ich mal vorbeigewesen wäre, hätte er erstmal kontern müssen."

Verstappen war mit 327,9 km/h der schnellste Fahrer auf der Zielgeraden – dank kleinerem Flügel. Teamchef Horner glaubt: "Ferrari war schneller, und hätte uns wieder überholt." Im Schnitt rechnete Red Bull vor, dass das rote Auto um drei Zehntelsekunden schneller war – und obendrein die Reifen besser schonte. Verstappen hatte aber auch mit diversen Problemen zu kämpfen: überhitzende Bremsen nach den Angriffen gegen Leclerc.

Dazu eine angeschlagene Lenkung nach dem dritten Boxenstopp. "Ich hatte kaum ein Gefühl dafür, was das Auto in der Kurve anstellt. Wenn die Servolenkung ausfällt, kannst du damit umgehen. Dann wird es einfach härter. Aber hier war der Fall, dass die Lenkung manchmal fast feststeckte, und ich sie kaum zurückbrachte."

Seine Ziele hat Red Bull in Bahrain verfehlt. Eigentlich wollte Milton Keynes dick punkten und dem RB18 zwischen sieben und zehn Kilogramm abtrainieren. Es soll nur etwa die Hälfe daraus geworden sein, was in Zeiten der Budgetdeckelung doppelt weh tut. Kleiner Trost: Die Konkurrenz ist ebenfalls übergewichtig. Man hört, dass Ferrari aber auch in dieser Disziplin einen kleinen Vorteil gegenüber Red Bull und Mercedes haben soll.