Die Problematik ist nicht neu. Das Formel-1-Team von Red Bull bestand in den vergangenen Jahren eigentlich nur aus Max Verstappen. Die Suche nach einem einigermaßen adäquaten Nummer-Zwei-Piloten gestaltete sich nach dem Abgang von Daniel Ricciardo Ende 2018 schwierig.
Nachdem zunächst mit Pierre Gasly und Alex Albon zwei Eigengewächse an der Aufgabe gescheitert waren, suchten die Verantwortlichen ihr Glück außerhalb des Red-Bull-Pools. Seit 2021 sitzt nun Sergio Perez in der Nachbargarage von Verstappen. Was Punkte und Siege angeht, ist der Abstand zwischen den beiden Teamkollegen jedoch riesig.
Bei seinem Heimspiel gab der Mexikaner zu, dass er eine "schreckliche" Saison fährt. Dem wollte Red-Bull-Teamchef Christian Horner in der FIA-Pressekonferenz am Freitag nicht widersprechen. "Das war ein schlechtes Jahr für Checo. Er ist stark gestartet, aber seit Imola hatte er zu kämpfen. Wir haben danach nur noch sporadisch gesehen, zu was er fähig ist."

Sergio Perez kommt nicht auf Speed. Aber er hat einen gültigen Vertrag für 2025 in der Tasche. Freiwillig wird er das Cockpit wohl nicht räumen.
Nächste Pleite beim Heimspiel
Beim Heimspiel verpasste Perez die nächste Chance auf einen Befreiungsschlag. Im Qualifying fiel der Lokalmatador schon in der ersten K.O.-Runde durch den Rost. Von Startplatz 18 droht nun eine herbe Pleite. Entsprechend laut werden die Forderungen von außen, einem anderen Piloten die Chance zu geben, es mit Verstappen aufzunehmen.
Mit den Junioren Liam Lawson und Isack Hadjar sowie dem Japaner Yuki Tsunoda hat Red Bull gleich drei Alternativen im eigenen Haus. Dank konstanter Leistungen bei Toro Rosso sollte eigentlich Tsunoda auf der Pole-Position stehen, wenn es um eine Beförderung geht. Honda verstärkte zuletzt den Druck auf die Verantwortlichen, damit der kleinste Fahrer im Feld mal eine Chance bekommt, sein Talent in einem Red Bull zu zeigen.
Offenbar war die Anfrage erfolgreich. "Wir haben es mit Honda diskutiert. Yuki wird das Auto beim Reifentest nach dem Saisonfinale testen. Das haben wir schon vor einiger Zeit vereinbart", verriet Horner. "Es ist gut, dass er die Möglichkeit bekommt, mit den Ingenieuren von Red Bull Racing zu arbeiten und zu sehen, was er in einem Auto von Red Bull Racing leisten kann."

Beim Goodwood Festival of Speed durfte Tsunoda schon einen älteren Red Bull pilotieren.
Aufstiegschance für Tsunoda?
Tsunoda wird damit am Dienstag nach dem Rennwochenende in Abu Dhabi die Chance bekommen, sein Talent beim A-Team zu zeigen. Am Freitag zuvor sitzt Formel-2-Pilot Isack Hadjar im ersten Freien Training im Cockpit. Damit bekommen die Ingenieure jede Menge Vergleichsdaten von verschiedenen Fahrern. Und damit steigt auch der Druck auf Sergio Perez.
Sportchef Helmut Marko bestätigte, dass man die Gesamtsituation um die Fahrer nach Abu Dhabi noch einmal evaluieren wolle. Die Frage lautet aber, ob man Perez überhaupt loswerden kann. Horner wies darauf hin, dass der Mexikaner einen gültigen Vertrag für 2025 besitzt. "Checo ist hungrig. Er ist nicht glücklich mit dem, was er aktuell zeigt. Als Team versuchen wir alles, um ihn zu unterstützen."
In der Formel 1 bedeuten Verträge aber bekanntlich nicht immer, dass man auch im Cockpit sitzt. In diesem Fall scheint das Arbeitspapier von Perez aber ziemlich wasserdicht zu sein. So einfach kann man den Mexikaner nicht loswerden, wenn man das denn wollte. Irgendwann stellt sich aber die Frage, ob das Ausbezahlen des Vertrags nicht weniger kostet als der Verlust der Erfolgsprämien aus dem Konstrukteurspokal.

Franco Colapinto zeigt einen guten Speed. Und der Argentinier hat auch noch zahlungskräftige Sponsoren im Gepäck.
Colapinto sucht Cockpit
Auch bei Toro Rosso könnte sich etwas tun. Liam Lawson hat bei seinem Comeback in Austin einen starken Auftritt hingelegt. Mit Hadjar hat Red Bull noch eine weitere Alternative in der Hinterhand, die mit Macht in die Königsklasse drängt. Und jetzt mischt plötzlich auch noch Franco Colapinto mit. Der Argentinier weckte mit guten Leistungen bei Williams Interesse bei der Konkurrenz.
In Mexiko statteten die Berater des Senkrechtstarters dem Red-Bull-Pavillon einen Besuch ab. Helmut Marko trat im Gespräch mit Sky aber auf die Bremse. "Nach meinem Wissensstand hat er einen langjährigen Vertrag mit Williams. Momentan sind wir mit unseren eigenen Junioren gut aufgestellt." Ein Vertrag auf Leihbasis kommt für Marko nicht in Frage: "Wir bilden keine Fahrer für andere aus."
Colapinto ist auch bei Sauber in der Verlosung. Aber auch hier würde man den Gaucho nur in Betracht ziehen, wenn es keine Rücknahme-Option gibt. Williams-Teamchef James Vowles will seinen Junioren aber nicht einfach verschenken: "Wenn er nächstes Jahr keinen Platz im Formel-1-Feld findet, wird er bei uns jede Menge Einsätze in alten Autos oder bei Reifentests bekommen."