Red Bull hat einen neuen Gegner. Ferrari statt Mercedes. Während das Weltmeisterteam nach Einschätzung von Lewis Hamilton mit der Problemlösung noch Zeit brauchen wird, ist Ferrari auf jeder Rennstrecke ein Siegkandidat. Die roten Autos waren in Barcelona und Bahrain schnell, egal auf welchen Reifentypen, egal bei welchen Temperaturen. Der Ferrari F1-75 kann Geraden und Kurven, und er schont die Reifen.
Ferraris Vorteil liegt darin, sein Paket besser zu kennen als die Konkurrenz. Mercedes und Red Bull haben sich mit ihren späten Upgrades zumindest für die ersten Rennen extra Arbeit eingebrockt. Für sie begann die Lernphase quasi neu. Während Ferrari auf 3.941 Testkilometern Erfahrung aufbauen konnte, wurden die Gegner mit einer neuen Situation konfrontiert. Die Evolution des Mercedes W13 war langsamer, die des Red Bull RB18 über eine halbe Sekunde schneller.
Verzicht auf Rennsimulation rächt sich
Dass Red Bull beim Saisonauftakt die Sicherheit fehlte, zeigte sich an zwei Stellen. "Wir haben mit Verstappen von Freitag auf Samstag den falschen Schritt beim Setup gemacht", erklärt Sportdirektor Helmut Marko. Und man ist während der sechs Testtage in Barcelona und Bahrain keine echte Rennsimulation gefahren. "Hätten wir es getan, hätten wir vielleicht das Problem entdeckt, das uns im Rennen gestoppt hat."
Beide Red Bull blieben in den letzten Runden stehen, weil die Motoren keinen Sprit mehr bekamen. Max Verstappen fuhr seinen RB18 auf der MGU-K zurück an die Box. Bei Sergio Perez blieb der Benzindruck mitten in der Kurve weg. Red Bull muss hoffen, dass der Motor dabei nichts abgekriegt hat. Moderne Formel-1-Motoren haben es nicht so gern, wenn ihnen abrupt der Saft abgedreht wird.

Das Problem ist laut Red Bull erkannt. Die Benzinpumpe förderte ab einem bestimmten Benzinstand im Tank keinen Kraftstoff mehr in die Hochdruckpumpe, die den Motor versorgt. Laut offizieller Aussage des Teams war im Tank ein Vakuum entstanden.
Red Bull ist zwar in kurzen Sequenzen bei den Testfahrten und natürlich auch in der Qualifikation mit wenig Sprit im Tank gefahren, doch das ist nicht vergleichbar mit einem Rennen, bei dem der Motor über 50 Runden am Stück gelaufen und entsprechend heiß ist. Das hat auch Einfluss auf die Benzintemperatur im Tank.
Da Alpha Tauri mit Yuki Tsunoda das Rennen ohne Probleme beendet hat, konnten die Ingenieure von Red Bull und Honda leicht einen Vergleich ziehen. Für Jeddah wird man das Benzinsystem bei beiden Autos auf den gleichen Stand bringen. Deshalb ist man im Lager des Weltmeisters zuversichtlich, die Misere gelöst zu haben.
Im Top-Speed Ferrari überlegen
Red Bull rechnet sich auf der schnellen Strecke in Jeddah noch bessere Chancen aus als beim Saisonauftakt. Im Top-Speed war man Ferrari überlegen, obwohl der Ferrari-Motor mehr Power hat. Der RB18 brachte seinen günstigen Luftwiderstand ins Spiel. Er war sichtbar mit weniger Flügel unterwegs.
Das hat zwar in den Kurven etwas Speed gekostet, aber nicht so viel wie man vermuten müsste. Die Truppe von Adrian Newey hat offenbar wieder ein Auto gebaut, dass effizient Abtrieb über den Unterboden generiert. Marko ist deshalb zuversichtlich: "Das Basis-Auto ist schnell. Wir müssen nur die Probleme korrigieren."