Pierre Waché im Interview: "Risiko nicht ausgezahlt"

Red Bull-Technikchef Pierre Waché im Interview
„Risiko hat sich nicht ausgezahlt“

Sie haben Ihre Karriere als Reifeningenieur bei Michelin begonnen. Verstehen Sie die Reifen heute besser?

Waché: Es ist eine Hilfe. Die Physik der Reifen ist immer die gleiche. Aus meiner Erfahrung kann ich besser einordnen, wie wir die Reifen behandeln müssen und welche Reaktion wir vom Auto dafür kriegen. Ein Ingenieur mit einem anderen Hintergrund wird das Fahrverhalten vielleicht etwas anders deuten. Ich persönlich nutze diesen Aspekt, um das Auto zu verstehen.

Sie sind durch viele Stationen gegangen, von der Aerodynamik bis zur Fahrdynamik. Wie viele Ingenieure mit einem Gesamtüberblick wie Sie gibt es noch in der Formel 1?

Waché: Aerodynamik wäre zu viel gesagt. Aerodynamik war Teil meines Studiums. Ich würde mich aber mit meinem Wissen nicht trauen, ein Auto zu bauen. Ich verstehe die Grundbegriffe, aber es wäre zu viel der Ehre, wenn Sie mich einen Aerodynamiker nennen. Ich glaube, dass immer noch sehr viele Ingenieure in der Formel 1 ein breites Knowhow haben und wissen, wie ein Rennauto funktioniert. Das sind alles Top-Leute. Aber irgendwann spezialisierst du dich meistens auf ein Thema. Und das Geschäft zwingt uns dazu, dieses sehr eng begrenzte Fachwissen zu fördern, weil man da das meiste rausholen kann.

2018 sind Sie bei Red Bull zum Technischen Direktor aufgestiegen. Wie hat sich ihre Rolle seit Einführung des Budgetdeckels verändert?

Waché: Sie hat sich massiv verändert. Davor gab es speziell in diesem Team keine Limits. Die Grenze für das Konzept und die Entwicklung des Autos wurde von den Kapazitäten gesetzt, die vorhanden waren. Jetzt spielt die Effizienz im Vergleich zur Performance eine große Rolle. Das Management von Budget und Ressourcen ist eine große Einschränkung im Vergleich zu der Zeit davor. Das ist sicher von Team zu Team verschieden. Einige Teams mussten sich vorher schon einschränken. Bei Red Bull war das nicht der Fall. Deshalb waren die Jahre 2021 und 2022 für uns eine große Herausforderung. Wir mussten uns komplett umstellen. Jetzt haben wir uns daran gewöhnt, und mein Job erinnert mich wieder mehr an die Zeit davor. Das System ist jetzt Standard geworden.

Adrian Newey, Christian Horner & Pierre Wache - Red Bull - GP Mexiko 2023
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