Hülkenbergs Test-Comeback: "Die Realität kickt"

Hülkenberg gibt Test-Comeback
„Die Realität kickt ganz schön“

GP Bahrain 2023

Eigentlich hätte man Nico Hülkenberg nach seinem ersten Testvormittag gar keine Frage stellen müssen. Das Gesicht des Rheinländers malte ein eindeutiges Bild der Gemütslage. Als wäre er nie weg gewesen, witzelte der Comebacker mit den Journalisten herum. Von Anspannung oder körperlichen Beschwerden war nichts zu sehen.

"Der Nacken ist stabil", grinste der 35-Jährige. "Ich habe im Winter viel gearbeitet. Das hat sich heute voll ausgezahlt. Man muss aber auch fairerweise sagen, dass Bahrain nicht die physisch anspruchsvollste Strecke ist." Am Ende zeigte der Rundenzähler 51 Umläufe an. Im Rahmen eines Filmtags am Dienstag waren eigentlich schon 17 Runden eingeplant. Probleme mit der Spritversorgung verkürzten das erste Kennenlernen mit dem VF-23 aber auf nur zehn Runden.

In der Frühschicht am Donnerstag spielte die Technik dann besser mit. 90 Prozent des geplanten Programms habe man durchbekommen. Die Probleme, die zwischendurch für Ärger gesorgt hatten, fallen in die Kategorie Kinderkrankheiten, behauptet das Team. Mehr Sorgen bereitet da schon die Balance. Das Fahrverhalten passt noch nicht ganz: "Da gibt es noch Verbesserungspotenzial."

Nico Hülkenberg - Haas - Bahrain F1-Test - 23. Februar 2023
xpb

Vorfreude auf Adrenalin-Rausch

Davon ließ sich Hülkenberg die Laune aber nicht nachhaltig verderben. "Es war einfach toll, als ich die Boxengasse verlassen habe und dieses Gefühl wieder gespürt habe. Das kam schon auf der Reise hierher auf. Als ich zu Hause den Koffer gepackt habe und dann im Flieger saß, da kickt die Realität ganz schön rein. Das war aber ein geiles Gefühl."

Getoppt wird die Euphorie des Comebacks nur noch vom Adrenalin beim Start zum Rennen. Bahrain wird Hülkenbergs erster Grand Prix nach 343 Tagen: "Da kribbelt es dann wirklich. Das hat aber schon immer gekribbelt. Das ist so ein intensiver Moment. Für den lebt man aber auch. Es ist so ein Rausch, der einfach schwer zu beschreiben ist."

Am Donnerstag ging es noch nicht um Positionen, Punkte oder Pokale, sondern um die deutlich weniger aufregende Testarbeit. "Wir mussten erstmal Basis-Daten über die Aerodynamik und verschiedene Setups sammeln. Es geht darum, wie sich das Auto verhält, wenn man an unterschiedlichen Stellschrauben dreht", beschreibt Hülkenberg sein Programm.

Nico Hülkenberg - Haas - Bahrain F1-Test - 23. Februar 2023
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Setup-Experimente in Bahrain

Zu den Hausarbeiten gehörte auch, den Reifen besser zu verstehen. Nur langsam tastete sich der Emmericher ans Limit heran. Bestzeiten standen nicht im Vordergrund. Am Ende fehlten anderthalb Sekunden auf die schnellsten Fahrer des Tages. Für Hülkenberg aber kein Problem: "Das ist erst der Beginn einer langen Reise. Es gibt noch so viel zu lernen und zu verbessern."

Die Ingenieure hatten jede Menge Setup-Varianten in den Plan geschrieben. Nicht alle waren von Erfolg gekrönt: "Wir haben viel experimentiert. Bei einem Run ist das Auto stark mit dem Unterboden aufgesetzt. Aber wir können das kontrollieren. So etwas ist normal bei Testfahrten. Jetzt ist die Zeit, in der man die Kompromisse finden muss, wie man die maximale Performance aus dem Auto quetscht."

Der Pilot muss das Auto verbessern, aber gleichzeitig auch an sich selbst arbeiten. "Ich hoffe, dass es nur ein paar Wochenenden sind, bis ich meine Bestleistung abrufen kann. Wie lange es genau dauert, weiß man leider nie genau." Die Forderung nach mehr Testtagen aus dem Kreis seiner Kollegen teilt Hülkenberg übrigens nicht: "Ich bin mehr der Renn-Typ und weniger der Test-Typ. Deshalb sind anderthalb Tage okay für mich."

Gewöhnen muss sich der Haas-Neuzugang auch an sein neues Team. Noch kann er nicht alle Gesichter richtig zuordnen: "Ich arbeite mich aber langsam hin. Es gibt hier 60 Leute. In den ersten zwei Tagen ist es immer etwas komisch bei der Begrüßung, wenn einem der Name nicht gleich einfällt. Ich habe aber ein Organigramm vom ganzen Team bekommen. So langsam kommt es."