Neue Kundenteam-Regel: Erfolg zwingt zu mehr Eigenbau

Streit um neue Kundenteam-Regel
Eigenbau-Strafe bei zu viel Erfolg?

Der Streit ist so alt wie das Modell Haas in der Formel 1. Der US-Rennstall nutzte 2016 ein Schlupfloch in den Regeln, um in die Königsklasse einzusteigen. Alle Teile, die man laut Reglement nicht zwingend selbst bauen musste, wurden bei Motorenpartner Ferrari in Auftrag gegeben. Das sparte Kosten und senkte das Risiko. Der damalige Teamchef Guenther Steiner hatte die Königsklasse so dem CNC-Maschinen-König Gene Haas schmackhaft gemacht.

Das Konzept war von Anfang an umstritten. Force India, Williams, McLaren und Sauber fühlten sich hintergangen. Sie stellten sich auf den Standpunkt, dass man sich seinen Platz in der Formel hart erarbeiten müsse. Bei Haas war das ihrer Meinung nach nicht der Fall. 60 Prozent des Autos kamen von Ferrari. Steiner hielt den Kritikern damals entgegen, dass es das Team Haas ohne diesen Sonderweg gar nicht gegeben hätte.

Racing Bulls - Toro Rosso - Fabrik - Faenza - Teamfoto - 2024
Red Bull

Auch Toro Rosso plant das Modell Haas

Nachdem Haas ab 2019 immer tiefer in den Tabellenkeller stürzte, verstummte die Kritik. Das änderte sich in diesem Jahr schlagartig. Der US-Rennstall hat momentan das fünftschnellste Auto im Feld und kämpft mit Alpine und Toro Rosso um den sechsten Platz in der Konstrukteurs-WM. Zu allem Überfluss hat sich der Letzte der Vorsaison nun auch noch mit Toyota verbündet.

Gleichzeitig nähert sich auch Toro Rosso der Haas-Lösung an. Die Synergien mit dem Bruder-Team Red Bull werden von Jahr zu Jahr größer. Ab 2026 wird die Fremdproduktion maximal ausgeschöpft. Motor, Getriebe, Aufhängungen, Hydraulik und Lenkung kommen dann aus einer Hand. Ab nächstem Jahr arbeiten die Ingenieure auch noch in einem eigenen Gebäude auf dem Red-Bull-Campus in Milton Keynes. Das schürt das Misstrauen.

Den Teams, die alles selbst produzieren, sind diese Joint Ventures plötzlich wieder ein Dorn im Auge. Vor allem Aston Martin, Alpine und Williams machen gegen diese Regel Politik und fordern einen höheren Prozentsatz an Eigenproduktion. Das Problem ist, dass Haas gar nicht in der Lage wäre, von heute auf morgen alles selbst zu konstruieren und zu fertigen. Dazu bräuchte man eine neue Fabrik, mehr Leute und Werkzeuge.

Ayao Komatsu - Haas - Formel 1 - 2023
Haas

Drei Jahre Vorlauf fürs Selbermachen

Im Streit um die Kundenteams zeichnete sich zuletzt ein Kompromiss ab, der in das Reglement für 2026 aufgenommen werden soll, wenn er die entsprechende Mehrheit findet. Demnach muss ein sogenanntes Kundenteam, das in der Konstrukteurs-WM ein Mal auf Platz fünf oder besser landet, anschließend mit einem Vorlauf von drei Jahren alles selbst bauen – auch die sogenannten "transferrable components" (TRC). Erfolg wird somit bestraft.

Während Toro Rosso dem Vorschlag offen gegenübersteht, hat Haas-Teamchef Ayao Komatsu schon seinen Widerstand angekündigt. "Das wäre ein Killer für die kleinen Teams. Wenn die Formel 1 will, dass möglichst viele Teams konkurrenzfähig sind, dann lehnt sie diese Regel ab. Was kann dem Sport Besseres passieren, wenn David gegen Goliath gewinnt?"

Komatsu ist auch der Meinung, dass die Eigenfertigung bestimmter Teile überbewertet wird: "Welcher Fan interessiert sich schon dafür, ob das Getriebe oder die Aufhängung von Ferrari oder uns selbst kommt?" Der Vorwurf, Haas habe durch den Einkauf bestimmter Teile einen Wettbewerbsvorteil, prallt am Komatsu ab: "Uns wird für die eingekauften Komponenten ein nominaler Gegenwert im Budgetdeckel angerechnet. Der liegt so hoch, dass wir keinen Vorteil haben." Tatsächlich ist Sauber vor zwei Jahren wieder zur Eigenfertigung des Getriebes zurückgekehrt, weil es billiger war, als die Kraftübertragung bei Ferrari einzukaufen.