Motoren-Gipfel in Bahrain: Wer ist gegen den V10-Motor?

V10-Motoren-Gipfel in Bahrain
Wer ist dafür, wer ist dagegen?

In der Saison 2026 steht der Formel 1 die größte Regelreform aller Zeiten ins Haus. Alles ändert sich: Autos, Motoren und die Reifen. Das gab es in diesem Umfang noch nie. Doch die neuen Regeln stehen schon vor dem ersten Rennen wieder auf dem Prüfstand, weil die Hauptakteure der Königsklasse in ihrer Zukunftsplanung bereits an den übernächsten Motor denken.

Formel-1-Chef Stefano Domenicali hatte die Diskussion in Gang gesetzt, als er in der Winterpause die Rückkehr eines V10 mit klimaneutralem Kraftstoff in die Runde warf. FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem drehte das Rad weiter. Er brachte ins Spiel, den V10 vielleicht schon früher an den Start zu bringen, als es das Reglement eigentlich vorsieht.

Der eigentliche Plan sieht vor, von 2026 bis 2030 mit einer Weiterentwicklung des aktuellen Hybrid-Motors zu fahren. Die Hersteller arbeiten schon seit mehreren Jahren am V6-Turbo mit MGU-K, ohne MGU-H, aber einem Leistungs-Split von 55:45 zwischen Verbrenner und Batterie-Output.

Steanfo Domenicali - Mohammed bin Sulayem - Formel 1 - Silverstone - GP England - 6. Juli 2024
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Der nicht durchführbare Plan

Der Präsident regte mit seinem Vorstoß eine heiße Debatte an, wie man eine Abkürzung zum V10 finden könnte. Die eine Variante: Die aktuellen Motoren noch zwei Jahre länger benutzen und dann 2028 auf den Zehnzylinder umsteigen. Also auf die Regelreform ganz verzichten. Die andere: Das neue Reglement nur drei statt fünf Jahre laufen lassen. Damit würde der V10 schon im Jahr 2029 ein Comeback feiern.

Der erste Vorschlag erweist sich als nicht durchführbar. Die Neuzugänge Audi und RB Powertrains hätten damit 2026 keinen Motor. Aber selbst Mercedes wäre nicht in der Lage, 2026 zu fahren. Der gesamte Produktionsprozess ist auf die neue Herausforderung umgestellt. Außerdem gibt es nicht mehr genügend Batterien im aktuellen Format, um vier Teams zu versorgen.

Selbst wenn FIA und Formel 1 das Rad in die Vergangenheit früher zurückdrehen wollten, als es die Regeln vorsehen, könnten sie das nicht so einfach bewerkstelligen. Zu beiden Plänen müssten vier der fünf Hersteller zustimmen. Cadillac ist noch nicht abstimmungsberechtigt, weil sich die Amerikaner als Motorenhersteller noch nicht eingeschrieben haben. Das führt zu der Frage, wer auf welcher Seite steht.

Audi - Concept-Studie - Formel 1
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Audi und Mercedes gegen schnelle V10-Rückkehr

Genau das will die FIA bei einem Motorengipfel am Freitag (11.4.) vor dem GP Bahrain herausfinden. Die beiden deutschen Autokonzerne werden dabei sogar durch ihre Vorstandschefs vertreten, in Person und digital. Doch schon bevor es in Bahrain zu einer Probeabstimmung kommt, wird gemunkelt, dass Ferrari und RB Powertrains im Lager der V10-Befürworter stehen. Böswillige Zungen behaupten, dass beide möglicherweise Sorge haben, in der Entwicklung des neuen Hybrid-Antriebs hinterherzuhinken.

Audi und Mercedes sind auf jeden Fall gegen einen Plan, das neue Motoren-Reglement abzuwürgen oder dessen Gültigkeit auf drei Jahre zu beschränken. Von Honda hört man zwei Geschichten. Die einen behaupten, dass die Japaner mit einem V10 leben könnten und begründen das damit, dass Honda über den Winter eingeräumt hatte, mit der Entwicklung der neuen Antriebstechnologie im Rückstand zu sein. Andere Stimmen erzählen, dass Honda inzwischen die Kurve gekriegt hat und damit zu dem steht, was sie erst wieder in die Formel 1 zurückgelockt hat.

Für die FIA wäre eine Kehrtwende ein gefährliches Spiel. Sie ginge mit einem kompletten Vertrauensverlust einher. Kein Hersteller würde sich mehr auf Versprechungen des Weltverbandes verlassen. Die FIA würde eine Welle von Klagen überrollen, weil alle Hersteller in den letzten drei Jahren mindestens 300 Millionen Dollar in die Entwicklung der 2026er-Motoren gesteckt haben.

Lewis Hamilton - Ferrari - Formel 1 - Bahrain - Test - 28. Februar 2025
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Die wahre Idee hinter dem V10-Plan

Die Lobbyisten für den V10 führen deshalb das Sicherheitsproblem ins Feld. Ihr Argument: Bei einer fast ausgeglichenen Leistungsverteilung zwischen Verbrenner und Elektromotor könnte das auf der Strecke zu dramatischen Leistungsunterschieden führen. Je nach Ladezustand könnten dann Autos mit 1.000 PS auf solche mit 550 PS treffen.

Techniker halten dieses Schreckensszenario für höchst unwahrscheinlich, weil die Hersteller vermutlich ähnliche Rekuperations-Strategien fahren. Doch mit dem Thema Sicherheit findet man immer ein offenes Ohr und kann den Regelfindungsprozess auch aushebeln. Doch was für eine Blamage wäre es für die FIA, wenn sie zugeben müsste, ein schlechtes Reglement geschrieben zu haben?

Deshalb hat Sportdirektor Nikolas Tombazis offenbar von Bin Sulayem den Auftrag bekommen, die impulsiven Ideen seines Präsidenten in eine technisch machbare Lösung zu gießen. Dafür gibt es bereits eine V10-Arbeitsgruppe bei der FIA.

Zwei Argumente gegen einen hochdrehenden Saugmotor werden immer wieder genannt. Die Kosten und der Sound. Ein Sauger, der 20.000/min dreht, kostet in der Entwicklung nicht viel weniger als die aktuellen Hybrid-Antriebseinheiten. Und der Motorenlärm ist der jungen Altersgruppe einer Studie zufolge gar nicht mehr so wichtig.

Tatsächlich haben die V10-Befürworter einen ganz anderen Plan. Sie nutzen die Drohung mit dem Zehnzylinder nur dazu, etwas ganz anderes durchzudrücken. Sie wollen offenbar den Leistungs-Split auf 70:30 oder 80:20 drücken, zumindest am Anfang der neuen Ära. Wahrscheinlich, weil sie das Gefühl haben, mit dem elektrischen Teil des Antriebs im Rückstand zu sein. Aber auch das müsste mit der sogenannten Super-Mehrheit von vier aus fünf beschlossen werden.