Dieses Bild hätten die Mercedes-Leute gerne für die Ewigkeit festgehalten. Nach der zweiten Runde der Qualifikation für den GP Australien lagen Nico Rosberg und Michael Schumacher auf den Plätzen eins und zwei. Vor McLaren, vor Red Bull. Am Ende landete Schumacher auf dem vierten Startplatz, die beste Trainingsplatzierung seit seinem Comeback. Nico Rosberg rutschte auf Rang sieben ab.
Rosberg sieht Vorteil für sich im Rennen
Schumacher sprach von einer vernünftigen Runde: "Da lag nicht viel mehr drin." Sein Kollege schenkte Plätze her. "Ich habe mich vor Kurve drei verbremst. Die Zeit, die ich im Q2 gefahren bin, hätte ich auf jeden Fall geschafft. Das waren 1.25,4 Minuten. Für mehr war mein Setup nicht optimal. Ich hing da in einer Ecke drin, aus der ich nicht ausbrechen konnte. Das sollte mir aber morgen im Rennen einen Vorteil in die Hände spielen."
Das ist der Unterschied zum letzten Jahr. Die Mercedes-Piloten mussten erklären, warum sie sich im letzten Qualifikationsabschnitt nicht so steigern konnten wie die beiden McLaren. 2011 wurden sie allzu oft gefragt, warum sie den Aufstieg ins Top Ten-Finale verpasst hatten. Der Sprung von McLaren hat auch Schumacher überrascht: "Ich hätte nicht gedacht, dass sie da noch soviel rausholen."
Rosberg erklärt: "Sie sind ihre Zeit in Q2 relativ früh gefahren. Danach wurde die Strecke besser." Ross Brawn gibt zu, dass er ein wenig enttäuscht gewesen sei, in Q3 noch einige Plätze an die Konkurrenz abgegeben zu haben. "Aber in unserer Situation ist das ein gutes Zeichen. Wir wissen, dass wir mit diesem Auto ein gutes Fundament haben. Und das zählt."
Mercedes hat endlich ein Auto für Schumacher
Der neue Mercedes macht den Eindruck, als könnte er auch in Zukunft mit McLaren, Red Bull und Lotus kämpfen. "Ich habe es gleich in den ersten Testrunden gespürt", lobt Schumacher. "Es war klar, dass mir dieses Auto besser passt. Ich spüre es viel besser, und ich kann mit ihm so fahren, wie ich will. Man sieht es an den Lenkbewegungen. Es sind nur halb so viele wie mit dem Vorgängerauto. Das Fenster an Balanceverschiebungen ist sehr klein, und das ist immer ein gutes Zeichen. Ich sitze endlich wieder in einem richtigen Rennauto. Du kannst dich auf seine Reaktionen verlassen. Das gibt dir Vertrauen."
Trotzdem versucht der Rekordsieger den Ball flach zu halten. Denen, die von seinem 92. GP-Sieg sprechen, erwidert er: "Ein Podestplatz ist morgen realistisch. Aber ein Sieg, das wäre ein bisschen zu viel verlangt." Rosberg will das aber für die Zukunft nicht ausschließen. "Du spürst, dass du mit diesem Auto arbeiten kannst. Da ist noch viel Potenzial versteckt. Das Auto ist so neu, und da sind ein paar ganz spezielle Sachen an Bord, die wir noch gar nicht richtig ausgenutzt haben."
Die starke Vorstellung der Silberpfeile hat die F-Schacht Diskussion neu angeheizt. Angeblich will Lotus-Teamchef Eric Boullier nach dem Rennen einen Protest einreichen. "Das wäre sehr enttäuschend", meint Ross Brawn. "Wenn einer glaubt, unser Auto sei illegal, dann sollte er vor dem Wochenende protestieren und nicht danach. Das ist schlechter Stil, weil man nicht mehr reagieren kann."
Kopiert McLaren den Mercedes Front-Flügel?
Der Teamchef der Silberpfeile sieht der Diskussion allerdings gelassen entgegen. "Wir haben die FIA immer darüber informiert, was wir da machen. Am Mittwoch dieser Woche haben sie in unserer Garage das System in Augenschein genommen und für legal befunden. Solange die FIA bei dieser Meinung bleibt, werden wir das System auch einsetzen."
Einerseits ist man bei Mercedes stolz, dass das eigene Auto so im Blickpunkt steht, andererseits beschwert sich Brawn, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird. "Die Diskussion über unser System hat den Fokus vom Auspuffthema weggelenkt. Da sind einige Lösungen darunter, die man in Frage stellen könnte. Die FIA findet, dass diese Lösungen legal sind. Das respektieren wir und werden nun vielleicht auch in diese Richtung entwickeln."
In Bezug auf den F-Schacht bekommt Mercedes Rückendeckung von McLaren-Chef Martin Whitmarsh: "Unserer Meinung nach hat Mercedes nichts Verbotenes gemacht." Man muss nicht lange darauf warten, bis McLaren ebenfalls einen F-Schacht im Frontflügel einsetzt. Der MP4-27 ist dafür jedenfalls gebaut worden.
Whitmarsh versucht der Frage auszuweichen, wie einfach es sei, die Mercedes-Lösung zu kopieren. "Wir glauben zu wissen, was die machen. Generell ist es schwierig, bei dem Platzmangel eines Formel 1-Autos nachträglich Leitungen zu integrieren. Ich denke jedoch nicht, dass wir damit Probleme haben werden."