Bahrain-Quali: Braucht Mercedes anderes Konzept?

Sechs Zehntel Rückstand auf Pole
Braucht Mercedes ein anderes Konzept?

Der Mercedes ist wieder eine Wundertüte. Mal kommt er den Red Bull nahe, mal fehlen ihm sechs Zehntel. Im entscheidenden Moment drängelten sich beide Red Bull, beide Ferrari und Fernando Alonso im Aston Martin mit dem Mercedes-Kundenmotor vor die schwarzen Werksautos.

Die Ingenieure haben die selbst gesteckten Ziel erreicht, doch offenbar waren die zu niedrig angesetzt. Aston Martin hat sich gegenüber Vorjahr um 2,4 Sekunden gesteigert, Red Bull um neun Zehntel von einer sehr hohen Absprungbasis. Mercedes feilte gegenüber 2022 nur sieben Zehntel weg. Teamchef Toto Wolff lässt sich auf keine Diskussionen ein. "Ob drei oder sechs Zehntel: Uns fehlt Zeit. Wir müssen jetzt alles hinterfragen und Lösungen finden, die uns Rundenzeit bringen."

Lewis Hamilton hatte tags zuvor den Verdacht geäußert, dass man mit dem Konzept der minimalen Seitenkästen auf keinen grünen Zweig kommen wird. Wolff gibt seinem Superstar recht: "Wir müssen uns jetzt zusammensetzen und ohne Vorurteile analysieren, was gut und was schlecht ist. Es darf keine heiligen Kühe geben, auch nicht die Seitenkästen."

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Bahrain 2023 - Qualifikation
Wilhelm

Mercedes ändert sein Gesicht

Technikdirektor Mike Elliott hatte bereits im Vorfeld der Qualifikation verraten, dass sich die Form des Mercedes W14 zwischen den Achsen ändern werde. "Es wird keine Kopie anderer Autos sein, und es wird auch nicht so aussehen wie das, was wir im Moment am Auto haben." Ob es Mercedes wieder zurück auf die Siegerstraße bringt, vermag im Moment keiner zu sagen.

Wolff ist überzeugt, dass man in diesem Jahr Rennen gewinnen werde. Die Frage ist nur wann. Es darf auf keinen Fall bis zum vorletzten Grand Prix dauern wie im letzten Jahr. George Russell betont, dass der Kalender in diesem Jahr für die Teams gnädig ist, die aufholen müssen. "Es gibt nur drei Rennen in zwei Monaten. Da ist noch nichts verloren, wenn man zu Saisonbeginn etwas Rückstand hat."

Zeitverlust in schnellen Kurven

Das Defizit des Mercedes ist schnell erklärt. "Wir verlieren den Großteil unserer Zeit in den schnellen Kurven. Uns fehlt einfach Abtrieb im Heck", berichtet Wolff. Tatsächlich nehmen die Red Bull den Mercedes allein im Mittelsektor mit den schnellen Kurven 6, 7, 8 und 11 über drei Zehntel ab. Ein Teil des Rückstands geht damit auch auf die Fahrer. Ihnen fehlt das Vertrauen, wenn das Heck ein Eigenleben führt.

Der Topspeed ist mit dem neuen Heckflügel keine Baustelle mehr. Carlos Sainz war mit 326,6 km/h Spitzenreiter. Lewis Hamilton schaffte 324,4 km/h und war dabei sogar schneller als Max Verstappen. Auch die Mechanik scheint laut Wolff gesund. "In den langsamen Kurven können wir mithalten."

Fernando Alonso - Aston Martin - GP Bahrain 2023 - Qualifikation
Wilhelm

Aston Martin mit besserer Aerodynamik

Viel mehr als der Rückstand auf die Red Bull und die Ferrari treibt Mercedes die Niederlage gegen sein Kundenteam Aston Martin um. Weil der AMR23 unter der Verkleidung im Heck mit gleichem Motor, Getriebe und Hinterradaufhängung nahezu identisch ist. Und weil Aston Martin sich im gleichen Windkanal eingemietet hat. Mercedes testet unter der Woche, Aston Martin am Wochenende.

Zu Beginn hatte man bei Mercedes noch die Vorderachse im Verdacht, weil der Aston Martin neben dem Red Bull das einzige Auto ist, das beim Einlenken nicht mit Untersteuern kämpft. Inzwischen ist Wolff überzeugt: "Es ist die Aerodynamik. Wir haben den gleichen Windkanal und damit auch die gleichen Einschränkungen und Chancen in unseren Testläufen. Ich glaube, Aston Martin hat gezeigt, wie es geht. Sie haben mit ihrem Konzept einen totalen Reset gemacht und damit den richtigen Weg gefunden."

Ausreden lässt Wolff nicht zu. Fernando Alonso hatte im Q3 auch nur einen Schuss frei wie Lewis Hamilton und George Russell. Keiner fühlte sich sicher genug, mit dem ersten Q2-Versuch ins Q3 aufzusteigen. Obwohl es für alle drei im Rückblick gereicht hätte. "Das Risiko dann doch noch auf die Nase zu fallen, war uns zu groß", gab Aston-Martin-Teamchef Mike Krack zu.