Mercedes erhöht Abtrieb für Abu-Dhabi-Rennen

Mercedes erhöht den Abtrieb
Sonntagsauto zu langsam in Quali

GP Abu Dhabi 2022

Erinnern Sie sich noch an das letzte Jahr? Da nahm Max Verstappen seinem WM-Gegner Lewis Hamilton auf der Zeitenjagd am Samstag drei Zehntel ab. Und vor zwölf Monaten war der Mercedes zusammen mit dem Red Bull noch das beste Auto im Feld.

Einen Tag später sah das Bild ganz anders aus. Hamilton machte das Tempo, und hätte es nicht ein spätes Safety Car gegeben, hätte er mit der linken Hand den WM-Titel gewonnen. Mercedes hatte sein Auto für das Rennen abgestimmt. Red Bull dagegen ließ sich von der Versuchung leiten, von der Pole Position zu starten.

Vor einem Jahr war der Yas Marina Circuit noch eine leichte Aufgabe für die Reifen. "Die harten Reifen hätten eine ganze Renndistanz gehalten", behaupten die Ingenieure. Diesmal könnten die Reifen über 58 Runden der rennentscheidende Faktor werden.

Schon die Longruns am Freitag haben angedeutet, dass Pirellis Sohlen extrem stark nachlassen. Bei den meisten Autos ist die Vorderachse davon betroffen. Es gibt aber auch Teams, die Mühe hatten, die Hinterreifen zu schützen. Pirelli-Sportchef Mario Isola begründet die hohe Reifenabnutzung so: "Die 18-Zoll-Reifen verhalten sich auf der Strecke ganz anders als ihre Vorgänger."

George Russell - Mercedes - GP Abu Dhabi 2022
Wilhelm

Russell mit mehr Abtrieb als Hamilton

Mercedes hatte bei den Rennsimulationen am Freitag entgegen aller bisherigen Erfahrungen große Probleme mit Gripverlust. Deshalb entschieden die Ingenieure den Abtrieb der Autos zum Schutz der Reifen zu erhöhen. Bei George Russell eine Spur mehr als bei Lewis Hamilton. Das könnte ein Matchwinner für den Sonntag sein, war aber auf der Jagd nach der schnellsten Runde ein Handikap. "Wir haben sechs Zehntel auf den Geraden verloren", stellte Teamchef Toto Wolff fest.

Die Sekorzeiten und Topspeeds unterstreichen das Bild. Die Mercedes-Piloten büßten im Mittelsektor mit den zwei Geraden eine halbe Sekunde auf die Red Bull ein und drei Zehntel auf Ferrari. Im ersten Abschnitt markierte Lewis Hamilton die Bestzeit, und in den Kurven am Ende der Runde war man halbwegs konkurrenzfähig.

Wolff hofft, dass sich das Opfer am Samstag für Sonntag lohnt: "Wir sollten ein starkes Rennauto haben, das seine Reifen schont." Red Bull-Sportdirektor Helmut Marko macht das keine Angst: "Wir waren in den Longruns am Freitag stark." Allerdings nur Max Verstappen. Sergio Perez ruinierte sich die Vorderreifen.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Abu Dhabi 2022
Wilhelm

Topspeed-Manko über zehn km/h

Dass der Yas Marina Circuit nicht die Lieblingsstrecke des Mercedes W13 sein würde, wussten die Analysten schon vorher. "Der Kurs in Abu Dhabi zählt von der Papierform eher zu unseren schlechteren Strecken. Nicht aussichtslos, aber auch nicht so gut wie in Brasilien." Auf der 5,281 Kilometer langen Bahn steht dem Mercedes der ungünstige Luftwiderstand im Weg. Mehr als gedacht. Das Bouncing kehrte für viele im Feld wegen der kurzfrequenten Bodenwellen in einigen Passagen wieder zurück. Das bedeutet mehr Bodenfreiheit und damit mehr Stirnfläche.

Wolff fürchtet ein bisschen, dass man sich mit einem Topspeed-Manko von über zehn km/h nur schwer verteidigen und noch schwerer angreifen kann. Die Ingenieure machen Hamilton und Russell trotzdem Mut. "Wenn du gegen Autos kämpfst, bei denen die Reifen eingehen, überholst du auch mit einem schlechten Topspeed." Weil der Gegner zu viel Zeit beim Beschleunigen und Bremsen verliert.

Der Gegner von Mercedes ist in Abu Dhabi sowieso nicht Red Bull, sondern Ferrari. Doch Red Bull könnte da eine wichtige Rolle spielen. Um die Italiener noch vom zweiten Platz zu stürzen, muss Mercedes 19 Punkte aufholen. Wenn Red Bull einen Doppelsieg landet, ist das praktisch unmöglich. Dann liegen maximal 27 Punkte auf dem Tisch. Ferrari würde in den Fall der fünfte und der sechs Platz reichen. Das wären 18 Zähler.