McLaren ist der neue Primus in der Formel 1

Die Gründe für den McLaren-WM-Titel 2024
Angriff auf die Formel-1-Herrschaft

Wir machen eine Zeitreise und springen ins Jahr 2023. Nach zwei Saisonrennen hatte McLaren null Punkte auf dem WM-Konto. Das Traditionsteam steckte in einer Krise. Ende 2024 ist die Welt dagegen rosarot in Woking. Der Aufstieg in den Olymp der Formel 1 hat viele Gründe und mehrere Gesichter.

666 Punkte schaufelte der Rennstall in 24 Rennen und sechs Sprints auf das Konto. 14 Zähler mehr als der alte Rivale Ferrari. Und das, nachdem man im Gegensatz zur Konkurrenz wie den Italienern und Red Bull nicht so gut aus den Startlöchern gekommen war. McLaren war zu Beginn nur die vierte Kraft in der Formel 1. Noch hinter Mercedes.

Lando Norris - GP Miami 2024
McLaren

Miami-Upgrade zündet

Dann kam der Große Preis von Miami. In Florida brachte das Team ein umfangreiches Upgrade. Der MCL38 katapultierte sich in den USA dank der frischen Teile an die Spitze der Königsklasse. Die Ingenieure um Peter Prodromou, Rob Marshall und Neil Houldey hatten den Rennwagen vom vorderen Ende des Frontflügels bis zum Beam Wing im Heck überarbeitet. Insgesamt elf Bereiche am Auto waren neu. Von da an funktionierte der MCL38 von Lando Norris und Oscar Piastri auf jeder Rennstrecke. Doch die Papaya-Orangen brauchten eine Weile, bis sie das Potenzial auszunutzen wussten.

Auch teamtaktisch musste sich McLaren verbessern. Beide Piloten durften lange ohne Stallregie fahren. Das kostete hin und wieder Nerven am Kommandostand um Teamchef Andrea Stella. Der Kampf um die Fahrer-WM mit Lando Norris gegen Red-Bull-Star Max Verstappen war nicht zu gewinnen. Auch mit Teamorder hätte der Engländer seinen Kumpel nicht mehr abfangen können.

Stella lobte nach dem letzten Rennen in Abu Dhabi seinen Piloten, der mit seinem Sieg den Konstrukteurs-Titel fixierte. "Lando hat sich von seiner besten Seite gezeigt. Das war fehlerlos." Und der Italiener schob gleich eine Kampfansage hinterher: "Ich kann es kaum erwarten, dass die nächste Saison beginnt. Mit unseren Fahrern und unserem Auto sind vor Anfang an wettbewerbsfähig."

Andrea Stella - McLaren - Teamchef - Formel 1 - GP Miami 2024
Motorsport Images

Stellas Einfluss

Dem Teamchef gebührt aber selbst Lob. Er war es, der die Richtung an der Strecke vorgab und mit seiner menschlichen Komponente die McLaren-Mitarbeiter motivierte. CEO Zak Brown schwärmte schon in Silverstone von Stella. "Er ist der beste Racer, den ich je kennengelernt habe." Das Gespann Brown-Stella brachte frischen Wind in die Truppe, die seit 1998 auf den WM-Titel bei den Konstrukteuren in der Formel 1 nicht gewonnen hatten. Stella erinnerte nochmal an seine Anfänge bei McLaren. "2015 hatten wir in Q1 in Melbourne fünf Sekunden Rückstand auf die Pole-Position. Jetzt sind wir Weltmeister."

Mit Rob Marshall fand man auf technischer Seite das entscheidende Puzzle-Stück. Stella gab in Abu Dhabi Einblick in die Arbeit des langjährigen Red-Bull-Ingenieurs. "Manchmal legt er sich in der Garage unter das Auto, weil er nicht nur in der Theorie lebt, sondern auch in der Praxis. Er hat dann auch schon mal einen schwarzen Fleck auf der Stirn, weil er mit seiner dreckigen Hand sich an den Kopf langt. Das ist eine Mentalität, die wir hier brauchen."

Stella selbst erzählt immer wieder aus den eigenen Erfahrungen aus seiner Ferrari-Zeit, was die Mentalität angeht. "Von Leuten wie Ross Brawn, Jean Todt, Rory Byrne und Michael Schumacher habe ich gelernt, wie man erfolgreich arbeitet. Diese Einstellung will ich auch bei McLaren sehen." Das hat der studierte Luftfahrtingenieur seiner Truppe eingeimpft. Dass die Autos nicht ein einziges Mal wegen eines technischen Defekts in der Saison ausgefallen sind, macht ihn besonders stolz. "Das ist herausragend. Bei Ferrari war die Zuverlässigkeit damals wie eine Religion. Die war dort heilig."

Gil de Ferran - McLaren - GP England - Silverstone - Formel 1 - Freitag - 6.7.2018
xpb

Titel für Gil de Ferran

Seinen Fahrern gefällt das. Sollte das Team das Level dieser Saison halten, sind sowohl Lando Norris als auch Oscar Piastri Titelkandidaten. Das weiß auch ihr Teamchef. Doch Stella wäre nicht Stella, wenn er nicht an die menschliche Seite in dem Haifisch-Becken Formel 1 erinnern würde.

Deshalb war es dem 53-Jährigen wichtig, nach dem WM-Sieg einem ehemaligen Weggefährten zu gedenken. Der frühere McLaren-Sportdirektor Gil de Ferran war Ende letzten Jahres plötzlich verstorben. "Gil de Ferran war der erste, mit dem ich damals über das Angebot bei McLaren Teamchef zu werden, gesprochen habe. Ich habe in Miami ihm den Sieg gewidmet und mache es auch jetzt nach dem WM-Titel. Deshalb trage ich auch immer den Pin mit seinem Helm. Er ist in unseren Gedanken bei uns."