Unterboden-Poker: McLaren geht beim Setup Risiko

Teams müssen Autos höher setzen
McLaren-Risiko bei der Setup-Wahl

GP Brasilien 2024

Das war eine Ohrfeige für die Konkurrenz, egal ob sie Red Bull, Ferrari oder Mercedes heißt. Die McLaren-Fahrer knackten als einzige im Feld die 1,09-Minuten-Marke, und Oscar Piastri fuhr seine Bestzeit auch noch auf gebrauchten Reifen.

Dem Australier hätte auch der erste Versuch auf frischen Reifen für die erste Startreihe gereicht, doch dann ging der zweifache Saisonsieger nach zwei Minuten Wartezeit in den Boxen auf dem gleichen Satz noch einmal auf die Strecke und sicherte sich die Pole-Position.

Lando Norris wurde mit der gleichen Taktik ins SQ3 geschickt, doch der Engländer konnte sich nicht mehr steigern. Er brach seine Runde ab. Wichtig für ihn war, dass die WM-Gegner Charles Leclerc und Max Verstappen hinter ihm in den Sprint gehen und er sich auf die Schützenhilfe von Piastri verlassen kann.

Charles Leclerc - GP Brasilien 2024
xpb

Verstappen verliert in drei Kurven

McLaren war das einzige Team, das darauf setzte, mit einem gebrauchten Satz Soft-Reifen noch schneller fahren zu können als mit einer neuen Garnitur. Man setzte auf den Gripzuwachs auf dem neuen Asphalt. Das zeigt das Selbstvertrauen des Herausforderers. Piastri war 0,252 Sekunden schneller als Leclerc, 0,318 Sekunden als Verstappen und 0,542 Sekunden als George Russell.

Die Gegner suchten danach Erklärungen für den relativ eklatanten Zeitverlust auf einer Strecke mit einer Fahrtzeit von nur 69 Sekunden. Max Verstappen macht die vielen Bodenwellen verantwortlich für Red Bulls Probleme. Unebene Strecken mochte der RB20 noch nie. Teamchef Christian Horner verriet, dass Verstappen in den Kurven 4, 10 und 12 und auf der Bremse Zeit auf die McLaren verliert.

Ferrari hofft, dass Charles Leclerc und Carlos Sainz über die Distanz von 24 Runden den Spieß umdrehen können. "Wir sind normalerweise im Longrun besser als auf eine schnelle Runde", stellte Teamchef Frédéric Vasseur fest. Der Franzose musste aber auch ernüchtert zugeben: "Die Zeiten von McLaren hätten wir nicht fahren können." Mercedes schob seine Probleme wie so oft auf eine schlechte Balance. Im Scheitelpunkt der Kurven machte das Heck Anstalten, nach außen zu drängen. Das schafft kein Vertrauen.

Max Verstappen - GP Brasilien 2024
Red Bull

McLaren produziert Feuerwerk

Die Konkurrenz kann sich McLarens Gala-Vorstellung nur damit erklären, dass der Herausforderer beim Einstellen der Bodenfreiheit zu viel Risiko eingegangen ist. "Wir sind am Kommandostand in einem Feuerwerk gesessen, wenn die McLaren über die Zielgerade geschossen sind."

Horner wollte damit andeuten, dass McLaren die Fahrzeughöhe im Heck möglicherweise weniger stark angehoben hat als die Konkurrenz. Die ersten Runden auf der frisch asphaltierten Strecke waren für alle ein Schock. Der neue Asphalt liefert zwar mehr Grip, doch die Bodenwellen sind mehr geworden.

Vasseur schimpfte: "Es ist deutlich schlimmer als im letzten Jahr. Wenn alle so tief fahren würden wie im ersten Training, würden sie nicht mal den Sprint legal überstehen." Alle Teams mussten ihre Autos höher setzen, um die Bodenplatte vor zu starker Abnutzung zu schützen. Die Preisfrage lautete, um wie viel. Jeder Millimeter tiefer bedeutet mehr Abtrieb.

Aston Martin berichtet von einem historischen Höchststand. "Wir fahren unsere Autos höher als im letzten Jahr, und das ist Gift für uns." Für Mercedes offenbar auch. Was allerdings nur Rundenzeit kostet, aber nichts mit den Balanceproblemen zu tun hat.

Der Funkenregen, den die McLaren in den Qualifikationsrunden produziert haben, lässt die WM-Rivalen jetzt hoffen, dass der WM-Spitzenreiter ein bisschen zu viel gepokert hat und im Sprint vom Gas gehen muss, damit sich die Skid-Blöcke im Unterboden nicht in den illegalen Bereich abnutzen.