Nach dem Rennen in Mexiko trat ein zufriedener McLaren-Teamchef vor die Presse. Für gute Laune bei Andrea Stella sorgten natürlich die Strafen für Max Verstappen, die er als Zeichen wertete, dass sich ein Fahrer in der Formel 1 nicht alles erlauben kann, ohne Konsequenzen zu fürchten. Die Stewards hätten ihre Aufgabe erfüllt.
Fast noch wichtiger war aber die Erkenntnis, dass man der zuletzt stark verbesserten Ferrari-Pace etwas entgegensetzen kann. Das hatte der McLaren-Kommandostand vor dem Rennen nicht unbedingt erwartet. "Zu Beginn habe ich noch gedacht, dass die Zwischenfälle mit Verstappen keinen großen Unterschied machen, weil Ferrari sowieso zu stark ist. Bei freier Fahrt konnte Lando aber zeigen, dass seine Pace sehr konkurrenzfähig ist. Im zweiten Stint war er so schnell wie die Ferrari."

Der Zweikampf zwischen Lando Norris und Max Verstappen kostete McLaren in Mexiko einen möglichen Sieg.
Kostet Verstappen-Blockade den Sieg?
Hätte die McLaren-Speerspitze nicht so viel Zeit im Heck des Red Bull verloren, wäre vielleicht sogar der Sieg möglich gewesen. Dass Verstappen aktuell besonders hart gegen Norris kämpft, könnte sich in der Herstellerwertung noch rächen. Die Gegenwehr gegenüber Ferrari ist deutlich geringer. Zwei Mal durfte Leclerc durchschlüpfen, während Verstappen eine Attacke auf Norris ritt.
Stella versuchte, nicht noch zusätzliches Öl ins Feuer zu gießen: "Ich möchte mir über die Art, wie Max kämpft, kein Urteil erlauben. Ich kann nur darüber sprechen, was die Konsequenz der Duelle mit Lando war. In Austin hat es uns gegenüber Ferrari Punkte gekostet. Und in Mexiko hat es uns auch mögliche Punkte gekostet."
Für die McLaren-Piloten verkompliziert es die Lage auf der Strecke, dass sie in ihren Duellen immer die Teamwertung im Hinterkopf behalten müssen. Ausfälle kann man sich in dieser entscheidenden Phase der Saison nicht erlauben. Das heißt, dass Norris in seinen Zweikämpfen mit Verstappen nichts riskieren darf. Das galt auch für den ersten Stint von Mexiko, in dem der WM-Zweite hinter seinem Rivalen feststeckte.

Die letzten Upgrades am McLaren MCL38 funktionieren.
Unterboden-Upgrade funktioniert
"Wir haben Lando gesagt, dass er attackieren soll, wenn er eine Chance sieht, sauber vorbeizukommen", verrät Stella. "Aber Lando weiß genau, dass er ein Manöver nur riskieren darf, wenn er es sicher abschließen kann. Wir sind noch in der Fahrer-WM und im Konstrukteurspokal im Spiel. Wenn man solche Zweikämpfe führt, muss man immer beides im Hinterkopf haben. Es ist wichtig, die Rennen zu beenden. Das haben wir den Fahrern vor dem Rennen ausführlich erklärt."
Trotz Störfaktor Verstappen konnte McLaren seine verbesserte Pace im Rennen zeigen. Laut Stella produziert der neue Unterboden die Werte, die zuvor von den Simulationen berechnet wurden. "Wir haben schon am Freitag gesehen, dass die Upgrade-Teile gut funktionieren. Im Qualifying haben wir es mit einer mittelmäßigen Runde auf Startplatz drei geschafft. Das hat uns Mut für das Rennen gemacht."
Sowohl bei der Pace über eine Runde als auch beim Reifenverschleiß über die Distanz kann der überarbeitete McLaren mit den roten Raketen mithalten. "Wir hatten eigentlich gedacht, dass diese Strecke ihnen in die Karte spielt. Dass wir hier gegen sie kämpfen konnten, ist ein sehr gutes Zeichen für den Rest der Saison." Nachdem der neue Unterboden in Mexiko nur am Auto von Norris zum Einsatz gekommen war, sind in Brasilien endlich genügend Teile für beide McLaren vorhanden. Dann gibt es auch für Oscar Piastri keine Ausreden mehr.

McLaren-Teamchef Andrea Stella (links) möchte nicht, dass sein Pilot Lando Norris (rechts) etwas an seiner Fahrweise im Kampf gegen Max Verstappen ändert.
Norris muss nichts beweisen
Bleibt nur die Frage, wie Norris künftig damit umgehen soll, wenn Verstappen ihm mal wieder in die Quere kommt. Stella forderte seinen Schützling auf, nichts an seiner Herangehensweise zu ändern: "Wir als Team mögen die Art, wie Lando Rennen fährt. Wir haben ihm gesagt, dass er nicht versuchen soll, selbst auf der Strecke für Gerechtigkeit zu sorgen. Er soll weiter sportlich fair fahren und die Entscheidung den Stewards überlassen."
In den vergangenen Tagen haben allerdings immer mehr Experten gefordert, dass Norris härter gegenhalten soll und sich auf der Strecke Respekt verschaffen muss. Davon hält Stella aber nichts. "Immer wenn ich solche Schlagzeilen lese, gehe ich zu Lando und versichere ihm, dass er sich keine Sorgen machen muss. Er muss nichts beweisen."