Als Lewis Hamilton vor mehr als 15 Jahren in Melbourne sein Debüt in der Formel 1 gab, stand die Königsklasse vor einem Umbruch. Der bisherige Platzhirsch Michael Schumacher hatte mit Ablauf der Saison seinen Helm an den Nagel gehängt. Die Formel 1 verlor mit dem langjährigen Ferrari-Piloten sein Aushängeschild. Damals dachten wohl nur die wenigsten, dass mit Hamilton der nächste Superstar schon in den Startlöchern steht.
Mittlerweile hat sich der Engländer zu einem globalen Star entwickelt. Ein Mensch, der auch seine Meinung vertritt und die Öffentlichkeit nutzt, um auf Missstände in unserer Welt aufmerksam zu machen. Ein Mensch, der Initiativen gegen Rassismus startet, sich für Gleichberechtigung einsetzt und für viele ein Vorbild ist.
2007 war diese Entwicklung des damals 22-jährigen Engländers noch nicht zu erahnen. Nach dem Titel in der GP2-Serie im Vorjahr bekam er das zweite McLaren-Cockpit neben Fernando Alonso. Mit dem Spanier hatte das Team den Weltmeister der vergangenen zwei Jahre verpflichtet. Viele Fans und Experten waren davon ausgegangen, dass Hamilton neben Alonso die Nummer 2 im Team sein würde. Doch als Ziehkind vom damaligen McLaren-Teamchef Ron Dennis bekam Hamilton die volle Unterstützung des Teams und durfte frei fahren.

Fast Rookie-Weltmeister
Die Saison 2007 entwickelte sich zu einer der spannendsten der Formel-1-Geschichte. Ferrari und McLaren-Mercedes dominierten das Jahr. Hamilton bot Alonso von Anfang an Paroli, erzielte ab dem Saisonauftakt in Australien neun Podien in Folge und gewann in Kanada sein erstes Rennen. Nach einem packenden WM-Kampf verlor der Engländer im letzten Rennen den Titel an Kimi Räikkönen. Er wäre der erste Rookie-Weltmeister in der Formel-1-Geschichte gewesen.
Nachdem Alonso das Team verlassen und Heikki Kovalainen dessen Cockpit übernommen hatte, war Hamilton die klare Nummer 1 bei McLaren. In einer Saison voller Aufs und Abs setzte er sich in einem der dramatischsten Saisonfinals überhaupt durch. Felipe Massa wähnte sich für 20 Sekunden als Weltmeister, nachdem er vor seinem Heimpublikum in São Paulo die Ziellinie als Erster überquert hatte.
Hamilton lag zu diesem Zeitpunkt auf Rang sechs. Er überholte jedoch in der letzten Kurve Timo Glock, der nicht auf Intermediate-Reifen im einsetzenden Regen gewechselt hatte. Zum damaligen Zeitpunkt war Hamilton der jüngste Weltmeister der Geschichte.

Kein weiterer McLaren-Titel
In der Hoffnung, bei McLaren weitere Weltmeisterschaften einzufahren, startete Hamilton in die kommenden Jahre. Doch das einstige Topteam befand sich peu à peu auf dem absteigenden Ast. In der Saison 2009 war sein Auto erst gegen Ende der Saison konkurrenzfähig. Dennoch gelangen Hamilton zwei Siege. 2010 und 2012 befand sich der schnelle Engländer im WM-Kampf. Konnte aber wegen eigener und Fehler des Teams nicht einen zweiten McLaren-Titel einfahren.
Gerade in der Saison 2012 war die Chance groß, Weltmeister zu werden. Doch technische Defekte und Formschwankungen ließen das nicht zu. Als Hamilton in Singapur in Führung liegend mit einem Getriebeschaden ausschied, entschied er sich, McLaren zu verlassen. Er unterschrieb einen mehrjährigen Vertrag bei Mercedes. Viele Fans und Experten waren verwundert über den Wechsel. Mercedes hatte in drei Jahren als Werksteam nur einen Sieg eingefahren und war nie in der Lage, um den Titel zu kämpfen.
Mercedes-Ära beginnt
Als neuen Teamkollegen bekam der Engländer Nico Rosberg. Mit dem Deutschen verband Hamilton eine Jugendfreundschaft, die in den folgenden Jahren auf eine harte Probe gestellt wurde. 2013 gewann Rosberg drei Rennen, während Hamilton nur einen Sieg feiern konnte. Mit dem Start des Hybrid-Zeitalters 2014 änderte sich das jedoch. Mercedes hatte die mit Abstand beste Power Unit gebaut und war der Konkurrenz völlig überlegen. Fortan kämpften nur Rosberg und Hamilton in den darauffolgenden Jahren um den WM-Titel.
2014 setzte sich der Engländer nach langem Kampf im letzten Saisonrennen durch. Eine Saison später war der Titelkampf weniger intensiv. Über das Jahr gesehen war Hamilton Rosberg überlegen. Nur 2016 verlor der damals dreifache Weltmeister gegen Rosberg. Ein schlechter Saisonstart, eigene Fehler und Technik-Pech sorgten für die erste Niederlage gegen seinen Rivalen. Am Ende verpasste Hamilton um fünf Punkte den WM-Titel. Die Freundschaft der beiden war da schon längst zerrüttet.

Rekorde über Rekorde
Ab 2017 musste sich Hamilton umstellen. Mit Valtteri Bottas bekam er einen neuen Teamkollegen und mit Sebastian Vettel im Ferrari einen neuen Herausforderer. Letztendlich setzte sich der Engländer am Ende des Jahres souverän durch. Bottas war nicht schnell und konstant genug, um Hamilton dauerhaft das Wasser reichen zu können.
Auch 2018 war Vettel der größte Konkurrent. Bis Mitte der Saison sah Ferrari stärker aus als die Paarung Hamilton und Mercedes. Doch Vettels Fehler in Hockenheim und die starke Weiterentwicklung des Mercedes ließen Hamilton zum fünften Mal Weltmeister werden. 2019 und 2020 hatte er keinen WM-Gegner und konnte sich verhältnismäßig leicht zum gemeinsamem Rekordweltmeister mit Michael Schumacher krönen.
In dieser Zeit brach er auch den Rekord für die meisten Siege und Pole Positions. Aktuell liegt Hamilton bei unglaublichen 103 Siegen und 103 Pole Positions. In Prozenten ausgedrückt sind die Zahlen noch beeindruckender: 34,45 Prozent aller Grand-Prix' gewann er. Ebenfalls in 34,45 Prozent aller Rennwochenenden stellte er sein Auto auf Startplatz eins. 62,21 Prozent aller Rennen beendete Hamilton auf dem Podium, insgesamt 186 Mal stand er auf dem Podest. Das sind Zahlen, bei denen selbst Michael Schumacher sich dahinter einreihen muss. Nur 27 Ausfälle bei 299 Starts sind ebenfalls beeindruckend.

Verstappen vereitelt achten Titel
In Frankreich feiert Hamilton nun seinen 300. Grand-Prix-Start. Bald wird er die im Ranking vor ihm liegenden Jenson Button (306) und Michael Schumacher (307) überflügeln. Zu Spitzenreiter Kimi Räikkönen fehlen ihm noch 51 Starts. Der Finne beendete nach 350 Rennen seine Karriere, wird aber bald von Fernando Alonso eingeholt, der aktuell bei 345 Grand-Prix-Teilnahmen steht.
Der Anlauf, sich als alleiniger Rekordhalter unsterblich zu machen, scheiterte 2021. In einer packenden Saison setzte sich in einem dramatischen Saisonfinale Max Verstappen im Red Bull durch. Hamilton führte in Abu Dhabi bis zur letzten Runde, musste aber auf älteren Reifen den Niederländer nach einer Safety-Car-Phase ziehen lassen. Schwer enttäuscht verschwand Hamilton daraufhin für eine Zeit aus der Öffentlichkeit.
Einige munkelten bereits über das Karriereende des Engländers, doch der kehrte 2022 zurück in seinen Mercedes. Als neuen Teamkollegen stellte ihm Toto Wolff den schnellen George Russell an die Seite. Im Kampf um den Titel befindet sich Hamilton in diesem Jahr jedoch nicht. Mercedes hat den Reglement-Wechsel weniger gut gemeistert als Ferrari und Red Bull. In den letzten Rennen zeigte der Trend jedoch nach oben.
Für den Grand Prix in Frankreich räumt Hamilton im 1. Freien Training sein Cockpit für Nyck de Vries. Insgesamt müssen die Teams über das Jahr verteilt in zwei Trainings einen Nachwuchsfahrer ins Auto setzen. Das wird Lewis Hamilton jedoch nicht davon abhalten, weitere Rekorde zu brechen und seine eigenen zu verbessern.