McLaren-Frust: Kein Fingerspitzengefühl bei Norris-Strafe?

McLaren-Frust über Norris-Strafe
„Die FIA muss sich das anschauen“

GP Katar 2024

Lando Norris hätte in Katar mit einem sicheren zweiten Platz ordentlich Punkte für die Konstrukteurs-WM mitnehmen können. Doch statt 18 Zählern sammelte Norris nur zwei Pünktchen für Rang zehn und die schnellste Runde. Eine 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe verhagelte sein Rennen. Das Vergehen war eindeutig: Er übersah doppelt-gelbe Flaggen, die wegen des verlorenen Spiegels von Alex Albon auf der Zielgeraden angezeigt wurden.

Das Flaggensignal bedeutet eigentlich, dass ein Fahrer in der Theorie zum Anhalten bereit sein müsste – was in der Praxis aber meist etwas anders aussieht. Die Telemetrie zeigte, dass Norris voll auf dem Gas blieb und nicht einmal gelupft hat. Damit war er eindeutig überführt. "Ich kenne die Regeln zu den gelben Flaggen, aber ich habe sie nicht gesehen. Ich kann mich nur beim Team entschuldigen", sagte Norris.

Andrea Stella & Lando Norris - GP Brasilien 2024
Motorsport Images

Stella fehlt Verhältnismäßigkeit

Dass sein Schützling einen Fehler gemacht hat, wollte McLaren-Teamchef Andrea Stella nach der Überprüfung der Daten gar nicht bestreiten. Seiner Meinung nach fiel die Strafe für das Vergehen aber viel zu hart aus.

Für ihn waren zwei Faktoren entscheidend: "Das Fehlen jeglicher Spezifität und Verhältnismäßigkeit ist sehr besorgniserregend. Das ist ein Faktor, der auch einen entscheidenden Einfluss auf den Meisterschaftskampf haben könnte." Klingt etwas sperrig, aber im Grunde meint er mit Spezifität die Frage, ob in diesem Moment eine echte Gefahr in Verzug war. Anhand dieser Einordnung sollte sich dann auch die Härte der Strafe bemessen.

Ein entscheidender Denkfehler: Eine doppelt gelb geschwenkte Flagge bedeutet immer Gefahr. Nach Stellas Überlegung hätte also eher eine andere Flagge gezeigt werden müssen. Dass der Verstoß gegen eine doppelt geschwenkte Flagge eine harte Strafe nach sich zieht, sollte eigentlich klar sein.

Lando Norris & Oscar Piastri - McLaren - GP Katar 2024
McLaren

Verstaubtes Regelbuch

Was hier jedoch reinspielt, ist die Tatsache, dass Norris nicht etwa nach dem Rennen 10 Sekunden aufgebrummt bekommen hat, sondern sie in der Boxengasse absitzen musste. Dadurch wurden die Konsequenzen erst so schmerzhaft. Die FIA erklärte dazu offiziell, dass das Strafmaß vergleichbar zu früheren Urteilen in ähnlichen Fällen sei.

Stella wollte mit seiner Kritik auch nicht die Rennleitung oder die Sportkommissare angreifen, sondern hatte vor allem die Vorgehensweise im Visier. "Es sieht ein bisschen so aus, als gebe es irgendwo ein Buch, das ein bisschen angestaubt ist, und jemand sagte: Da schauen wir mal rein und dann wenden wir das an. Das erscheint mir ein bisschen vereinfacht."

Aus diesem Grund appelliert er an die FIA, sich den Vorfall noch einmal anzuschauen. Nicht, um die Strafe im Nachhinein anzupassen, sondern um solche Themen in Zukunft anders zu handhaben. Stella: "Wir gehen davon aus, dass dieser Fall einer so harten Strafe von der FIA überprüft wird, Da gibt unserer Meinung nach sicherlich Raum für Verbesserungen. Wir müssen sicherstellen, dass das Geschäft so geführt wird, dass bei der Verhängung einer Strafe ein gewisses Grundmaß an Verhältnismäßigkeit und Spezifität gewährleistet ist. Andernfalls könnten die Folgen außer Kontrolle geraten."

Oscar Piastri - McLaren - GP Katar 2024
Wilhelm

Strafe im Einklang mit Richtlinien

Die FIA selbst erklärt die Strafe damit, dass der Verstoß gegen eine doppelt-geschwenkte gelbe Flagge einen "ernsthaften Sicherheitsverstoß" bedeutet und eine entsprechend harte Strafe nach sich zieht. Zudem liege die Entscheidung im Einklang mit den Strafen-Guidelines, die am 19. Februar 2024 an die Teams übermittelt wurden.

Abgesehen von der Strafe für Norris lief es auch sonst für McLaren eher bescheiden. Oscar Piastri fiel unglücklich zurück, weil er direkt vor dem Ausrücken des Safety-Cars in Runde 34 seinen Boxenstopp absolvierte. McLaren musste sich die Frage gefallen lassen, warum man bei der hohen Wahrscheinlichkeit eines Safety-Cars nicht noch etwas länger gewartet hat.

"Wir wollten eigentlich sofort mit beiden Autos stoppen", erklärte Stella. "Die Situation konnte schnell gefährlich werden." Nach den Reifenschäden von Carlos Sainz und Lewis Hamilton befürchtete man, auch von dem Problem getroffen zu werden. Sicherheit ging vor. "Das Safety-Car hier noch als Variable einzubringen, ging nicht. Wahrscheinlich hat uns das den zweiten Platz gekostet, aber die Entscheidung war trotzdem richtig."