Schmidts F1-Blog: Bloß keine rückwirkende Strafe!

Schmidts F1-Blog zum Budget-Deckel-Streit
Bloß keine rückwirkende Strafe!

Die Formel 1 steht vor einer ihrer größten Bewährungsproben. Red Bull und Aston Martin wird vorgeworfen, in der Saison 2021 die Finanzregeln gebrochen zu haben. Im Fall Red Bull weiß man nur, dass der Rennstall sich wegen Verfahrensfehlern und dem Überschreiten des Kostenlimits zu verantworten hat.

Der Hinweis, dass es sich um "kleinere Verstöße" handelt verrät lediglich, dass Red Bull zwischen einem Dollar und 7,3 Millionen überzogen hat. Da die FIA aus rechtlichen Gründen Details für sich behält, bis der Prozess abgeschlossen ist, sind Spekulationen Tür und Tor geöffnet.

Die meistgenannte Summe sind zwei Millionen Dollar. Angeblich habe Red Bull noch mehr überzogen, aber diese zwei Millionen seien der Betrag, den man dem Rennstall juristisch zweifelsfrei nachweisen könne. Eigentlich ist die Summe egal. Ein Kilogramm Untergewicht ist so illegal wie zehn Kilogramm unter dem Limit.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Abu Dhabi - 12. Dezember 2021
F1/FIA

Harte Strafe als Abschreckung

In diesem Fall geht es aber um mehr als Red Bull oder irgendein anderes Team abzustrafen. Es geht um ein Prinzip, das für den Motorsport überlebenswichtig ist. Nur wenn die Kosten auf einem für alle erreichbaren Niveau gedeckelt werden, ist ein einigermaßen fairer Wettbewerb möglich. Gäbe es kein Limit, würden in kurzer Zeit Teams von der Bildfläche verschwinden und keine neuen dazukommen.

Deshalb ist es wichtig, dass die FIA hart durchgreift. Gerade im ersten Jahr der Budgetdeckelung. Wenn die Strafe nicht wehtut, wird es Nachahmer geben. Und die Idee liegt auf dem Sterbebett. Es mag sein, dass die Regeln hier und dort nicht wasserdicht sind und Interpretationsspielraum zulassen. Dann muss man sie ändern. Das schützt aber vor Strafe nicht.

Noch ist völlig offen, was Red Bull im Detail vorgeworfen wird und wie belastbar die Informationen sind, die aus zweiter oder dritter Hand im Fahrerlager kursieren. Es wäre jedenfalls Unsinn zu behaupten, dass Ausgaben für das Kantinenessen oder verbilligte Firmenwägen das Auto 2021 nicht schneller gemacht haben. Wenn andere Teams diese Posten mit in ihr Budget rechnen, dann kann der, der es nicht tut, mit dem gesparten Geld Ingenieure anstellen oder ein Upgrade mehr an den Start bringen.

Mohammed bin Sulayem - Christian Horner - Adrian Newey - GP Ungarn 2022 - Budapest
xpb

Titel mit Beigeschmack

Das Finanzreglement sieht für "kleinere Verstöße" sechs mögliche Strafen vor, von der Verwarnung bis zum Abzug von Punkten für das Jahr, in dem der Regelverstoß stattgefunden hat. Theoretisch könnte Max Verstappen also seinen WM-Titel verlieren, was Lewis Hamilton zum achtfachen Weltmeister küren würde.

Ich finde, das ist unbefriedigend für alle Parteien und schlecht für den Sport. Hamilton fühlt sich sowieso als moralischer Weltmeister 2021. Er hat mit dem Finale auf seine Weise abgeschlossen. Wenn ihm jetzt der WM-Pokal nachgereicht würde, weil seinem Gegner Punkte abgezogen werden, wäre das immer ein Titel mit Beigeschmack.

Dazu kommt, dass man wie bei Michael Schumacher 1997 in Erklärungsnot gerät. Schumacher bekam für sein Foul an Jacques Villeneuve in Jerez nachträglich alle Punkte der Saison abgezogen, durfte seine Siege aber behalten. Das macht wenig Sinn. Vor allem im Fall der Red Bull-Fahrer Max Verstappen und Sergio Perez.

Red Bull Fabrik - Milton Keynes - 2021
Red Bull

Strafe für die nächsten Jahre

Wenn man der Meinung ist, dass der Red Bull illegal war, dann müssten alle Ergebnisse korrigiert werden, andere Fahrer in den Ergebnislisten aufrücken. Bei Schumacher lag das Urteil zeitlich wenigstens noch nah an dem Ereignis, das die Strafe ausgelöst hat. Würde Red Bull rückwirkend für 2021 bestraft, würde man alte Wunden aufreißen. Das tut dem Sport nicht gut.

Deshalb wäre es besser in die Zukunft zu strafen. Also den Budgetdeckel für ein oder zwei Jahre kürzen. Oder die Windkanalstunden. Das würde den Vorteil ausgleichen, den man sich durch Mehrausgaben 2021 verschafft hat.