Vor dem Formel-1-Saisonstart 2025 (16.3.) hat Sauber in einer Pressemitteilung verkündet, dass Jonathan Wheatley ab dem 1. April der Teamchef auf der Kommandobrücke der Schweizer wird. Der Engländer war zuvor 18 Jahre lang als Sportdirektor bei Red Bull tätig. Bereits im August 2024 bestätigte das Top-Team den Abgang des Engländers.
Wheatley soll gemeinsam mit Projektleiter Mattia Binotto den Einstieg von Audi vorbereiten. Ab 2026 steigt die Tochter der Volkswagen AG als Werksteam in die Formel 1 ein und will innerhalb von fünf Jahren um Titel in der Königsklasse kämpfen. 2024 landete die Sauber-Truppe, die Audi übernommen hat, auf dem letzten Platz bei den Konstrukteuren. Der Umbruch und Aufbau zu einem großen Team benötigt noch Zeit. Der neue Teamchef soll seinen Teil dazu beitragen.
Bekannt dürfte Wheatley den meisten Formel-1-Fans vor allem durch seine Rolle im Skandal-Finale von Abu Dhabi in der Saison 2021 sein. Als das heiße WM-Duell zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen durch eine Safety-Car-Phase entschieden wurde, hatte Wheatley den damaligen Rennleiter Michael Masi erfolgreich dazu gedrängt, das Rennen eine Runde vor Schluss noch einmal anzupfeifen.

Als Sportdirektor ist Wheatley mitverantwortlich, dass Red Bull Jahr für Jahr den Preis für die schnellsten Boxenstopps abräumt.
Einseitige Red-Bull-Bekanntgabe
Wheatley war in seiner Funktion auch mitverantwortlich dafür, dass Red Bull jahrelang die Nummer 1 bei den Boxenstopps war. Der 57-Jährige, der Anfang der 1990er-Jahre als Mechaniker bei Benetton in die Formel 1 eingestiegen war, kennt sich auf dem politischen Parkett ebenso aus wie auf der technischen Seite des Geschäfts. Außerdem gilt der Brite als exzellenter Regelkenner, der jedes Schlupfloch auszunutzen weiß.
Im Sommer 2024 hatte Red Bull den Abgang seines Sportdirektors noch einseitig verkündet – ohne Absprache mit Audi. Red Bull vermeldete den Abschied über die sozialen Medien: "Heute geben wir den Abschied von Sportdirektor Jonathan Wheatley bekannt, der sich einer neuen Herausforderung als Teamchef beim Audi F1-Projekt stellt. Das gesamte Team wünscht Jonathan alles Gute. Wir werden in den kommenden Wochen eine neue Teamstruktur bekannt geben."
Das Interessante an der Mitteilung war, dass Audi damals offenbar nicht darüber eingeweiht wurde, dass Red Bull zu diesem Zeitpunkt mit der Personalie an die Öffentlichkeit ging. Normalerweise ist die Kommunikation bei solchen Wechseln immer von beiden Seiten abgestimmt. Beide Parteien verkünden die Nachricht simultan oder mit geringem Zeitverzug. Doch von Audi war am 1. August 2024 bis zum späten Nachmittag nichts zu hören.

Wheatley und Binotto: Aus alten Konkurrenten bei Red Bull und Ferrari wird ein neues Führungsteam bei Audi.
Wheatley übernimmt die operative Seite
Auf Anfrage von auto motor und sport hieß es erst, dass man die Angelegenheit zu diesem Zeitpunkt nicht kommentieren wolle. Gerüchte über eine Verpflichtung von Wheatley waren aber schon im Fahrerlager von Spa-Francorchamps am vergangenen Wochenende aufgetaucht. Dass Binotto noch eine rechte Hand für das operative Geschäft in Hinwil gesucht hat, war ein offenes Geheimnis.
Zunächst geisterte der Name von Aston-Martin-Einsatzleiter Mike Krack durch die Gerüchteküche. Dann schwenkte Binotto auf Wheatley um und baggerte an ihm. Mit Erfolg: Das italienisch-englische Duo bildet die Doppelspitze der Sauber Motorsport AG. Beide berichten direkt an den Verwaltungsratsvorsitzenden von Audi, Gernot Döllner. "Die Aufgaben sind dabei klar verteilt und die Verantwortlichkeiten individuell geregelt."

Jonathan Wheatley beginnt ab dem 1. April als Sauber-Teamchef zu arbeiten.
Debüt beim Japan-GP
Normalerweise hätte Wheatley aufgrund einer Arbeitssperre erst ab Juli 2025 für Sauber-Audi seinen Dienst beginnen dürfen. Jetzt kann er bereits ab dem 1. April 2025 am Kommandostand sitzen und gibt sein Debüt als Teamchef beim Grand Prix von Japan (6.4.). Wheatley kümmere sich um die Leitung und Performance der Renneinsätze sowie die sportpolitische Vertretung auf Ebene der Teamchefs. Bereits bei der Verkündung im Sommer erklärte Döllner folgendes: "Mit der Verpflichtung von Jonathan und Mattia sind wir einen entscheidenden Schritt in Richtung Einstieg vorangekommen. Ihre Erfahrung und ihr Können werden uns helfen, möglichst schnell im harten Wettbewerb Fuß zu fassen."
Für Audi ist Wheatley ein Glücksgriff. Während sich Binotto eine Stufe darüber auf die strategische Ausrichtung des Werksprojekts und die Zusammenarbeit der beiden Standorte in Hinwil (Chassis) und Neuburg (Motor) konzentrieren kann, soll der Neuzugang künftig das operative Tagesgeschäft beim Audi-Rennstall in Hinwil leiten.
Der baldige Neu-Schweizer blickte bereits im Sommer 2024 auf seine neue Aufgabe voraus und schwärmte: "Ich freue mich, mit Mattia zusammenzuarbeiten, den ich seit vielen Jahren kenne. Er ist die richtige Person, um gemeinsam an diesem spannenden Projekt zu arbeiten."