Mit Einführung der nächsten Motorengeneration in der Formel-1-Saison 2026 wird Honda neuer Antriebspartner von Aston Martin. Der Rennstall aus Silverstone beendet dann seine Technik-Kooperation mit Mercedes.
Eigentlich war Honda schon raus aus der Formel 1. Im Herbst 2020 hatten die Japaner offiziell ihren Rückzug aus der Königsklasse angekündigt. Doch dann folgte in der Saison 2021 plötzlich der erste Meistertitel von Max Verstappen. Und seitdem hört Red Bull gar nicht mehr mit dem Siegen auf. Eigentlich wollte Honda nur als stillschweigender Partner bis 2026 an Bord bleiben. Doch schon längst kleben die Firmenlogos wieder stolz auf der Haube des RB19.
Weil Red Bull aber nach der Ankündigung des Honda-Ausstiegs mittlerweile eine eigene Motorenfabrik aufgebaut hat, mussten sich die Japaner für die Einführung der neuen Antriebsformel im Jahr 2026 einen neuen Partner suchen. Jetzt ist man endlich fündig geworden. Auf einer feierlichen Pressekonferenz in Tokio gaben die Firmenbosse am Mittwoch (24.5.) den Abschluss einer neuen Kooperation mit dem Rennstall von Aston Martin bekannt.
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Honda-Werksteam in Silverstone
Das Team mit Sitz in Silverstone wird die V6-Hybrid-Motoren aus Sakura ab 2026 exklusiv erhalten. Damit bekommt Aston Martin de facto den Status eines Honda-Werksteams. "Die Regeln für 2026 verlangen eine nahtlose Integration der Power Unit in das Chassis, die nur als Werksteam gelingen kann, wenn man in der Formel 1 erfolgreich sein will. Diese Partnerschaft bringt uns die Möglichkeit, Meisterschaften zu gewinnen", freute sich Aston-Geschäftsführer Martin Whitmarsh.
Aktuell bezieht das Team seine Motoren noch von Mercedes. Der langjährige Partner liefert zudem auch das Getriebe und die Hinterradaufhängung. Wenn die Kooperation im Jahr 2026 ausläuft, muss Aston Martin die Kraftübertragung und die komplette Hinterachse in Eigenregie bauen. In Zeiten des Budget-Deckels wird es nicht einfach sein, die nötige Infrastruktur dafür aufzubauen und das entsprechende Personal zu verpflichten.
Aktuell bezieht Aston Martin seine Motoren, die Getriebe und die Hinterradaufhängung noch von Mercedes.
"Das ist eine große Herausforderung. Aber es ist auch eine notwendige Herausforderung, um den Schritt nach vorne zu machen", begründet Whitmarsh die Entscheidung. "Das Chassis-Reglement ist ja noch nicht abgesegnet. Ich hoffe, dass hier vernünftige Lösungen gefunden werden, um die komplizierte Kraftübertragung zu vereinfachen. Und was das notwendige Personal angeht, sind wir aktuell bereits auf der Suche."
Die Entscheidung für Honda sei laut Aston Martin keine Entscheidung gegen Mercedes gewesen. Man sei sehr zufrieden mit der noch laufenden Partnerschaft. Doch über die Jahre habe sich die Ausgangslage geändert: "Das Team Silverstone hat in der Vergangenheit mit wenig Geld immer viel erreicht. Aber mittlerweile befinden wir uns in einer anderen Situation. Mit Aston Martin, Honda und Lawrence Stroll haben wir größere Ressourcen und höhere Ambitionen. Wir sind hier, um zu gewinnen", so Whitmarsh.
Aston macht sich unabhängig
Mit dem Auszug aus dem Mercedes-Windkanal ist der erste Schritt der Abnabelung bereits in Sichtweite. Der neue eigene Windkanal, der gerade einmal zehn Kilometer von der Silberpfeil-Fabrik entfernt installiert wird, befindet sich in der finalen Bauphase. Im dritten Quartal 2024 wollen die Aerodynamiker den Umzug abschließen. 2026 wird die Trennung von Mercedes dann endgültig vollzogen.
"Wenn man in der Formel 1 Erfolge feiern will, muss man existierende Partner schlagen", so Whitmarsh. "Mercedes hat für uns tolle Arbeit abgeliefert. Sie waren und bleiben ein toller Partner. Aber wir sind in der Formel 1, um sie zu schlagen. Sie selbst wollen aber auch gewinnen. Diese Ziele sind leider nicht vereinbar. Gegen ein Team wie Mercedes zu gewinnen, ist umso schwerer, wenn man bei der Infrastruktur und den Bauteilen auf sie angewiesen ist. Deshalb müssen wir unsere Abhängigkeit beenden."
Red Bull baut die F1-Motoren 2026 in Eigenregie. Deshalb musste sich Honda umorientieren.
Die Trennung von Mercedes betrifft übrigens nur das Formel-1-Team. Die Seriensportwagen von Aston Martin werden auch in Zukunft auf Triebwerke von AMG zurückgreifen. Mercedes bleibt zudem Anteilseigner des britischen Sportwagenbauers. Mit Erfolgen in der Formel 1 will Aston Martin den Absatz der eigenen Straßenmodelle künftig noch mehr ankurbeln.
Der erste Schritt sei laut Whitmarsh schon gemacht, wie der aktuelle Aufwärtstrend beweist: "Wir haben in den letzten 18 Monaten die richtigen Leute verpflichtet, wir haben in die notwendige Infrastruktur investiert und entwickeln gerade die Kultur und die Prozesse, um in der Formel 1 Erfolge zu feiern. Honda hat mehrfach gezeigt, wie man gewinnt. Wir können viel von ihnen lernen. Sie sind mit Leidenschaft dabei und haben genauso hohe Ambitionen wie wir."
Elektrifizierung bringt Honda zurück
Honda selbst begründet seinen Wiedereinstieg mit der Attraktivität der künftigen Antriebsformel. Genau wie im Fall von Audi spielt vor allem die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Der Verbrenner steuert nur noch 50 Prozent der Leistung bei. Die andere Hälfte kommt von einem Elektromotor. Dazu wagt die Formel 1 den Umstieg auf CO₂-neutrale E-Fuels. Hier erhofft sich Aston Martin dank Benzin-Partner Aramco einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz.
Honda-Boss Toshihiro Mibe sieht zudem einen Nutzen für die Serienentwicklung: "Der Schlüssel zum Sieg liegt 2026 in einem kompakten, leichten und starken Elektro-Motor, der in Verbindung mit einer High-Performance-Batterie eine hohe und schnelle Leistungsabgabe gewährleisten muss. Wir glauben, dass sich das Wissen, das wir durch diese Herausforderung sammeln, direkt in der Serienproduktion von elektrischen Sportwagen anwenden lässt."
Fernando Alonso hat mit Honda keine guten Erfahrungen gemacht.
Die Frage lautet nur, ob Honda nach der Ankündigung des Ausstiegs im Jahr 2020 schon etwas an Know-how beim Formel-1-Motorenbau verloren hat. Immerhin sind die aktuellen Aggregate schon seit 2022 eingefroren und müssen nur noch bei Zuverlässigkeitsproblemen angefasst werden.
Honda-Sportchef Koji Watanabe dementiert, dass hier Defizite entstanden sein könnten. "Wir haben uns nie komplett zurückgezogen. Das Programm lief ohne Pause weiter. Wir haben zwar zwischendurch ein paar Angestellte in andere Projekte ausgelagert, aber wir haben uns schon früh mit dem Reglement für 2026 beschäftigt. Ich erwarte nicht, dass der Ausstieg zu einem großen Wissensverlust geführt hat."
Alonso-Kritik kein Thema
Das klingt nach einer Win-win-Situation für alle beteiligten Parteien. Doch am Ende könnte eine kleine, aber nicht unwichtige Personalie die Freude über die neue Partnerschaft etwas trüben. Fernando Alonso hat sich in seinen Pleitenjahren mit McLaren-Honda nicht gerade Freunde in Japan gemacht. Vielen Fans dürfte noch gut in Erinnerung sein, wie er das leistungsschwache und unzuverlässige Triebwerk 2015 ausgerechnet in Suzuka über Funk mal als "GP2-Motor" beleidigt hat.
Eigentlich schwor sich Alonso damals, nie wieder mit Honda-Power zu fahren. Laut Whitmarsh sei das aber kein Problem. Er habe sogar schon mit seinem Fahrer über die Honda-Pläne gesprochen: "Die Aussagen, die er damals in der Hitze des Gefechts getroffen hat, sind natürlich im Gedächtnis geblieben. Aber Fernando ist ein intelligenter Mensch. Er weiß und respektiert, was Honda geleistet hat. Sie haben 2021 und 2022 Titel gewonnen. Und werden das wohl auch 2023 tun, wenn wir sie nicht schlagen können."
Laut Whitmarsh weiß auch Alonso, dass Honda für Aston Martin ein toller Partner sein werde: "Außerdem dürfte das Jahr 2026 aktuell noch etwas außerhalb seines Planungshorizonts liegen. Bis dahin wird es sicher noch die ein oder andere Diskussion mit ihm über seine Zukunft geben. Wenn er so fit und so konkurrenzfähig bleibt, wäre es toll, wenn er auch 2026 noch in unserem Auto sitzen würde."
Auch bei Honda sieht man den Streitfall Alonso entspannt. Man sei schließlich nur der Motorenlieferant und wolle sich beim Personal nicht einmischen. Die Wahl der beiden Einsatzpiloten liege ganz beim Team. "Alonso ist ein großartiger Fahrer. Wir hätten keine Einwände, sollte sich Aston Martin entscheiden, weiter mit ihm arbeiten zu wollen", so Watanabe.
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