Erinnern Sie sich an das Jahr 2008, liebe Leser? Damals starteten mit Ferrari, Mercedes, Renault, BMW, Honda und Toyota sechs Hersteller in der Formel 1. Bis auf Mercedes fertigten sie sowohl Chassis als auch Motor selbst. Die Premium-Marke aus Stuttgart konzentrierte sich bis 2010 nur auf den V8-Motor, ehe sie BrawnGP übernahm und auch das Auto baute. Bis heute hält Mercedes der Formel 1 die Treue.
Anders sah die Sache bei der Konkurrenz aus. Nach der Saison 2008 verabschiedete sich Honda mit einem großen Knall. Die Japaner hatten wegen Erfolgslosigkeit und der globalen Wirtschaftskrise der F1 den Rücken gekehrt. Teamchef Ross Brawn übernahm den Rennstall, nutzte das bereits entwickelte Auto und feierte mit einem Mercedes-Motor im Heck sensationell Fahrer- und Teamtitel.
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Toyotas erstes F1-Engagement war ein teures Missverständnis. Ende 2009 stiegen die Italiener aus.
Toyota und BMW mit kaltem Ausstieg
Nach 2009 zogen drei weitere Hersteller den Stecker. Die Vorstände von Toyota, BMW und Renault beendeten ihre Werksprogramme in der Königsklasse. Die Franzosen blieben als Motorenhersteller an Bord. Toyota und BMW hinterließen einen Scherbenhaufen. Die bekannteste Rennserie der Welt lebt bis heute von Werksteams, doch sie können die Formel 1 schnell ins Wanken bringen.
Das Aushängeschild des Motorsports erholte sich jedoch. Honda kehrte 2015 als Power-Unit-Hersteller zurück, und auch Renault versuchte es ab 2016 wieder als Werksteam. Fünf Jahre später benannten die Franzosen den Rennstall in die Tochtermarke Alpine um.
Der Boom der Formel 1 setzte mit dem neuen Rechteinhaber Liberty Media ein. Das sahen weitere Konzerne und drängten in den elitären Kreis. Volkswagen wollte sogar mit zwei Marken ab 2026 am Start stehen. Doch Porsche verzockte sich bei der Partnersuche. Letztendlich wird nur der aus Porsche-Sicht ungeliebte VW-Vasall Audi samt dem neuen Reglement-Zyklus in der übernächsten Saison dabei sein.

Audi-CEO Gernot Döllner (links) holte Mattia Binotto als neuen Formel-1-Projektchef (rechts).
Audis Grabenkämpfe
Die Premium-Marke aus Ingolstadt hatte bereits im Sommer 2022 den Einstieg bekannt gegeben. Als Einsatzteam suchte sich Audi die aktuell strauchelnde Sauber-Truppe raus und übernimmt sie ab 2026 zu 100 Prozent. Doch die Störfeuer am ehrgeizigen Projekt loderten sofort auf. Vermeintliche Insider mutmaßten immer wieder, dass Audi noch die Rolle rückwärts vollziehen könnte. Zum Teil wurden die Gerüchte von außen gestreut, zum Teil beschwor die Marke das Thema selbst herauf.
CEO Markus Duesmann musste im Herbst 2023 gehen. Er galt als treibende Kraft hinter dem Programm. Gernot Döllner ersetzte ihn. Prompt schossen Gerüchte über ein F1-Ende aus dem Boden. Der Grabenkampf zwischen Andreas Seidl und Oliver Hoffmann innerhalb des F1-Projekts sorgte ebenfalls für Zündstoff. Im Sommer 2024 war für beide Schluss. Mattia Binotto kam für Seidl, und es kehrte Ruhe ein. Die Krise bei Volkswagen und die allgemein schwierige Situation der deutschen Automobilhersteller rufen Kritiker auf den Plan, die Audi keine große Formel-1-Zukunft bescheinigen. Die Marke steht von Beginn an unter Feuer in der Königsklasse. Audi ist über kurz oder lang zum Siegen verdammt. Jedes ihrer Motorsport-Programme in der Vergangenheit führten die Ingolstädter zum Erfolg. Die Formel 1 ist aber der Mount Everest des Automobilsports und wird nicht beiläufig erklommen.
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Toyota kooperiert auf technischer Basis mit Haas. Eine eigenständige Rückkehr ist für die Zukunft möglich.
Toyotas Rückkehr in die Formel 1
Die Gemengelage eines langjährigen Le-Mans-Gegners von Audi ist fundamental anders. Toyota verkündete im Oktober dieses Jahres, als technischer Partner bei Haas einzusteigen. Das ist ein echter Coup. Die Kooperation des größten Automobilherstellers der Welt mit dem kleinsten Formel-1-Team sorgte für Aufsehen. Toyota wird Teile für Haas produzieren, den Simulator stellen, seine Design-Software anbieten und ein Testprogramm mit zwei Jahre alten F1-Autos aufbauen. Ein Quantensprung für ein Team mit nur 300 Angestellten.
Toyotas Weg muss nicht als Vorbote für einen werksseitigen Wiedereinstieg in die Formel 1 verstanden werden. Die Japaner nutzen die Plattform mit Haas, um sich das Spiel in der Königsklasse aus der Nähe anschauen zu können. Sollte die Führungsspitze bei Toyota in den nächsten Jahren den Daumen heben, liegt die Entwicklung eines eigenen Autos und Motors auf der Hand. Es wäre der umgekehrte Weg, den die Japaner Anfang des Jahrtausends gingen. Damals wollte Toyota die Formel 1 im Sturm erobern und stampfte ein eigenes Team aus dem Boden. Letztendlich verbrannte der Hersteller Milliarden von Euro und feierte in acht Jahren keinen einzigen Sieg. Aus dieser schmerzhaften Vergangenheit hat der Weltkonzern gelernt, anstatt sich noch mal zu überheben. Aus PR-Sicht ein cleverer Schachzug verglichen mit dem Audi-Projekt, das sofort unter Druck steht.
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Cadillac kommt 2026 in die Formel 1. Bis der eigene Motor einsatzbereit ist, nutzen die US-Amerikaner den Ferrari-Antrieb.
Cadillac ab 2026 am Start
Ein weiterer Hersteller, der in die Formel 1 zurückkehren wird, ist Ford. Die US-Amerikaner verkündeten bereits Anfang 2023, mit Red Bull eine Partnerschaft einzugehen. Der Autoriese aus den Staaten wird sein Know-how beim Elektro-Teil der Power Unit einfließen lassen. Den V6-Verbrenner baut Red Bull selbst. Für Ford schließt sich ein Kreis. Als noch Jaguar zum Konzern gehörte, versuchte sich Ford von 2000 bis 2004 mit der Tochter in der Königsklasse. Dann verkaufte man den Rennstall an Red Bull, der in den Folgejahren zum Top-Team reifte. Ford füllt ab 2026 die Vakanz als Hersteller bei Red Bull. Honda wechselt zu Aston Martin, nachdem der Ausstieg angesichts des Booms wieder einkassiert wurde. Bevor Ford den Zuschlag bekam, wollte Porsche sich bei Red Bull einkaufen, es kam aber zu keiner Einigung.
Mit General Motors hatte ein weiterer US-Riese in den vergangenen Jahren versucht, in die Formel 1 einzusteigen. Partner Andretti erhielt allerdings keinen Startplatz. Teamboss Michael Andretti hatte mit seinem forschen Auftreten einiges an Porzellan in der Königsklasse zerdeppert.
Der Hersteller blieb allerdings hartnäckig und legte Michael Andretti nahe, das Projekt zu verlassen. Ohne den Sohn von Formel-1-Weltmeister Mario öffnete sich die Türe für einen Formel-1-Einstieg. Man einigte sich mit der Königsklasse und verkündete einen Tag nach dem Las-Vegas-GP im November 2024, ab 2026 mit einem eigenen Team am Start zu stehen. Bis die US-Amerikaner einen eigenen Motor im Heck haben, nutzen sie den Ferrari-Antrieb.
Hyundai liebäugelte in der Vergangenheit auch mit einem F1-Einstieg. Das Programm in der WEC könnte ein Hinweis auf mehr in der Zukunft sein. Letztendlich steht und fällt bei Herstellern die Formel 1 über eine gesunde Straßensparte. 2008 ist dabei ein warnendes Beispiel.