Hamiltons Theorie: Mercedes-Cockpit zu weit vorn

Hamilton will Cockpit weiter hinten
Was bremst Hamilton?

GP Australien 2023

Lewis Hamilton fährt seine 17. Saison in der Formel 1. Und trotzdem ist die aktuelle Situation neu für ihn. Die interne Konkurrenz wird immer härter. George Russell hat beide Trainingsduelle der noch jungen Saison gewonnen. Und er kam in Jeddah vor dem großen Hamilton ins Ziel. Außerdem landete Russell in der abgelaufenen Saison den einzigen Sieg für Mercedes.

Hamilton wartet bereits seit 25 Grand Prix auf seinen 104. GP-Sieg. Und nach den ersten zwei Rennen des Jahres sieht es so aus, als müsste er sich noch ein bisschen länger gedulden, die Rekordmarke auszubauen. Auch wenn der siebenfache Champion alles versucht, die Ergebniskrise zu überspielen, so nagt die längste sieglose Serie seiner Karriere verbunden mit dem ständig wachsenden Widerstand von der anderen Seite der Garage an ihm.

George Russell - Mercedes - Formel 1 - Jeddah - GP Saudi-Arabien - 18. März 2023
Motorsport Images

Falscher Setup-Poker in Jeddah

In Saudi-Arabien schob Hamilton die Niederlage auf das gewählte Setup. "Es war eine 50/50 Entscheidung. George hatte das glücklichere Händchen damit und hat von da an einen fantastischen Job gemacht", erkannte Hamilton an. Russell wollte von Glück nichts wissen: "Das haben meine Ingenieure und ich mir hart erarbeitet. Ich war mir sicher, dass unsere Richtung die bessere war."

Hamilton konnte nach eigenen Worten nicht mehr gegensteuern. "Wir sind beim Fahrwerk in eine Richtung gegangen, die früher schon einmal funktioniert hat. Diese Änderung musst du am Freitagabend machen. Danach kannst du nicht mehr zurück."

Generell bezeichnet Hamilton den W14 als ein besseres Rennauto als den Vorgänger, weil er kein Bouncing mehr hat und berechenbarer geworden ist. "Er ist einfacher zu fahren." Und trotzdem gibt es einen Umstand, der ihm etwas von seinem natürlichen Fahrgefühl raubt. "Schon letztes Jahr war das Auto auf der Vorderachse sehr stark und im Heck dafür schwach. Wir haben das Heck etwas besser gemacht, aber nicht so wie erhofft."

Zehn Zentimeter Spielraum

Hamilton führt es auf die Sitzposition zurück. Im Mercedes liegt das Cockpit fünf Zentimeter näher an der Vorderachse als bei allen anderen Autos. Das hat mit dem eigenwilligen Konzept zu tun. Um die Position der seitlichen Crashstruktur und der Seitenkästen legal zu gestalten, muss das Cockpit relativ zur Vorderachse nach vorne rücken.

Der Spielraum ist allerdings begrenzt, weil einerseits der Abstand von der Cockpit-Rückwand bis zum vorderen Schott des Chassis einen Mindestabstand aufweisen muss, man andererseits nicht mit dem maximalen Radstand von 3.600 Millimetern in Konflikt geraten darf. "Du hast zehn Zentimeter Platz, in denen du das Cockpit hin- und herschieben kannst", erklärt Technikdirektor Mike Elliott.

Hamilton ist der festen Überzeugung, dass ein Cockpit in der normalen Position so wie bei allen Mercedes vor 2022, ihm ein besseres Gefühl für das Heck geben würde. "Ich habe kein Problem mit übersteuernden Autos", führt der 38-jährige Engländer aus. "Aber durch die vorgerückte Cockpit-Position und die nach vorne geschobene Aerodynamik-Balance haben sich meine Wahrnehmung, wie das Heck reagiert, geändert."

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Saudi-Arabien 2023
xpb

Keine schnelle Lösung möglich

Hamilton fordert nun, dass Mercedes wieder zu der alten Architektur zurückkehren soll. Russell ist es egal. Im Simulator wurden bereits Tests gefahren. In Bezug auf die Rundenzeiten hatte die Lage des Cockpits keine Auswirkungen, doch Hamilton besteht darauf, dass er sich mit den alten Größenverhältnissen besser fühlt.

Darauf wird er aber noch bis 2024 warten müssen. Mercedes kann wegen der Budgetdeckelung kein neues Chassis homologieren, und das bräuchte es für eine so grundlegende Änderung. So müssen die Mercedes-Piloten darauf hoffen, dass die für Imola angekündigte erste Entwicklungsstufe ausreicht, den Abstand zur Spitze zu verkürzen und wenigstens mit Ferrari und Aston Martin um Platz 2 kämpfen zu können. "Ein Teil in mir stimmt mich zuversichtlich, dass wir mit dem neuen Konzept einen guten Schritt nach vorne machen. Dieses Team hat schon bewiesen, dass es schnell entwickeln kann", hofft Hamilton.

Er schränkt aber auch ein: "Mir ist auch bewusst, dass es eine Weile dauern kann, so einen großen Rückstand wie auf Red Bull aufzuholen. Deshalb wäre es wichtig, dass uns der erste Entwurf schon nah genug ran bringt."