F1: Guenther Steiner verlässt Haas

Haas tauscht Teamchef aus
Komatsu ersetzt Steiner

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Gene Haas tauscht seinen Teamchef aus. Guenther Steiner verlässt den Rennstall mit sofortiger Wirkung. Sein Vertrag war Ende 2023 ausgelaufen und wurde nicht verlängert. Der Ersatzmann steht schon bereit. Einsatzleiter Ayao Komatsu wird den Posten des charismatischen Südtirolers übernehmen. Nach Aussage von Haas, um "einen Ingenieur in das Herz des Managements zu bringen".

Der 71-jährige Rennstallbesitzer folgt damit dem Beispiel von McLaren und Williams, wo mit Andrea Stella und James Vowles Männer mit einem Technik-Background an der Spitze stehen. Der Aufwärtstrend der beiden Traditionsteams in der Saison 2023 hat bei Gene Haas offenbar die Hoffnung geweckt, in seinem eigenen Stall nach dem gleichen Muster eine Kehrtwende herbeizuführen. Haas hatte die abgelaufene Saison mit zwölf Punkten auf dem letzten Platz beendet.

Kein Statement von Steiner

Die genauen Gründe über die abrupte Trennung, die offenbar drei Tage vor dem Jahreswechsel vollzogen wurde, sind noch nicht bekannt. Da Guenther Steiner in der Pressemitteilung nicht zu Wort kommt, lässt das auf eine nicht ganz einvernehmliche Scheidung schließen. Ein kurzer Dank für die Arbeit des 58-jährigen Ex-Teamchefs, Glückwünsche für dessen Zukunft, das war's.

Man kann nur mutmaßen, dass Gene Haas und Guenther Steiner unterschiedliche Ansichten hatten, wie sich das Team in Zukunft aufstellen muss. In einem Umfeld, wo die direkten Gegner Williams, Alpha Tauri oder Sauber neue Allianzen schließen und massiv in die Infrastruktur und das Personal investieren, ist auch der kleinste Rennstall im Feld dazu gezwungen nachzulegen. Dazu ist oder war Haas offenbar nicht bereit. Jedenfalls nicht in großem Stil. Der WM-Letzte operierte in der letzten Saison 12 Millionen Dollar unter dem Budgetdeckel, und es gab keine Anzeichen den Etat aufzustocken. Die Story der Saison 2023 hat gezeigt, dass Haas mittelfristig seine Mannschaft vergrößern und seine Eigenproduktion hochfahren muss. Dazu aber bräuchte es eine neue Fabrik. Banbury (England) platzt schon aus allen Nähten.

Gene Haas will an seiner schlanken Struktur festhalten. Seine Erwartung an den neuen Mann an der Spitze des Teams lässt tief blicken: "Wenn wir uns nach vorne bewegen wollen, müssen wir unsere Ergebnisse auf der Strecke verbessern. Wir hatten erfolgreiche Momente, müssen aber konstantere Resultate abliefern, um unsere langfristigen Ziele zu erreichen. Wir müssen effizient mit unseren Ressourcen umgehen, aber der Schlüssel zum Erfolg wird sein, unser Design und unsere technischen Fähigkeiten zu verbessern. Ich bin zuversichtlich, dass es mit Ayao Komatsu gelingen kann, unser Potenzial maximal zu nutzen."

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Guenther Steiner - Haas - GP England 2023
Haas

Haas trug Steiners Handschrift

Steiner war das Gesicht und das Herz des US-Rennstalls. Er hat das Projekt erfunden, das Schlupfloch im Reglement erkannt, wie man als Neuling mit technischer Unterstützung eines großen Teams auf Anhieb konkurrenzfähig sein kann, er hat Gene Haas für die Idee begeistert, Ferrari als Partner gewonnen und schließlich den Plan von A bis Z durchgezogen. Mit seiner authentischen Art wurde das Original aus Meran zu einer Kultfigur. Dank Netflix war Steiner populärer als seine Fahrer.

Und der Sonderweg funktionierte. Bei seinem Einstieg 2016 war Haas sofort in der Lage, in die Punkteränge zu fahren. Der Newcomer schloss seine erste Saison in der Königsklasse mit 29 Punkten als Achter ab. Highlight war das Jahr 2018, als Haas auf dem fünften Platz landete.

In der Corona-Pandemie rutschte Haas das erste Mal an das Ende der Tabelle. Da wollte der CNC-Maschinen-König bereits zusperren. Steiner überzeugte seinen Chef, dass die Krise eine Chance sein kann. Er schlug vor, ein Jahr lang auf Sparflamme zu kochen, um sich früher als alle anderen auf die Konstruktion des Autos für das neue Technik-Reglement zu konzentrieren. 2022 schien die Strategie aufzugehen. Haas verbesserte sich wieder auf Rang 8.

Nico Hülkenberg - Haas - GP USA 2023 - Austin
xpb

Das unlösbare Reifenproblem

Doch es war nur ein kurzer Lichtblick. Der Haas VF-23 aus der Vorsaison war nur auf eine Runde schnell. Eine instabile Aerodynamik, Defizite beim Fahrwerk und der Felgenkühlung führten zu starker Reifenabnutzung im Rennen. So kehrten sich gute Startplätze am Sonntag meistens in enttäuschende Ergebnisse um. Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen kamen nur fünf Mal auf Punkterängen ins Ziel.

Zum ersten Mal zeigte sich, dass die starke Abhängigkeit von einem Partnerteam auch problematisch sein kann. Ferrari litt in der ersten Saisonhälfte unter ähnlichen Reifenproblemen. Doch mit der Power von 1.000 Mitarbeitern und modernsten Werkzeugen fand Ferrari einen Weg aus der Krise.

Der Patchwork-Familie von Haas mit seinen 250 Angestellten waren die Hände gebunden, mitten der Saison das Ruder herumzureißen. Das Team stellte zwar innerhalb von zwei Monaten eine B-Version des VF-23 auf die Räder, wurde aber nicht für den Kraftakt belohnt. Das Reifenproblem blieb. In einem Umfeld von Teams, die ständig aufrüsten, war die einst so erfolgreiche Strategie des US-Teams zu einer Sackgasse geworden.

Ayao Komatsu - Haas - Formel 1
xpb

Komatsu ein Mann der ersten Stunde

Dass der sportliche Misserfolg und unterschiedliche Lösungsansätze Haas und Steiner auseinander dividiert haben, ist nur eine Mutmaßung. Die volle Wahrheit kennen wir noch nicht. Gene Haas hat offenbar wieder genug eigenen Ehrgeiz, das Blatt zu wenden. Sämtliche Kaufangebote lehnte er bislang ab. Er hätte dabei gut Kasse gemacht, selbst wenn man davon ausgeht, dass er in den letzten acht Jahren mindestens eine halbe Milliarde aus eigenen Mitteln in das Projekt gesteckt hat.

Mit Ayao Komatsu ernannte Haas einen Mann aus dem Team zu seinem neuen General an der Front. Der 47-jährige Japaner soll die Aufgabe nicht allein erledigen. Ein CEO für die Fabrik in Europa wird noch gesucht. Der soll alle Aktivitäten außerhalb der Rennstrecke leiten und kontrollieren.

Komatsu hat über 20 Jahre Formel-1-Erfahrung. Er kam über BAR und Renault zu Haas, wo er seit dem ersten Rennen 2016 an Bord ist. Zunächst als Chef der Renningenieure, zuletzt als Chefingenieur. "Ich bin natürlich stolz und überwältigt, die Chance als Teamchef bekommen zu haben", kommentiert Komatsu den Karriereschritt.

Als Mann der ersten Stunde ist der Japaner auch emotional dem Team verbunden. "Wir müssen jetzt sicherstellen, eine Struktur aufzubauen, die uns hilft unsere Ergebnisse auf der Strecke zu verbessern. Es ist klar, dass wir in letzter Zeit nicht konkurrenzfähig waren. Das hat uns alle frustriert. Wir wollen Gene und unseren Partnern ein besseres Produkt für ihre Unterstützung bieten. Das Team dazu, ob in Kannapolis (USA), Banbury und Maranello, haben wir."