Bringt Zandvoort die Wende für Haas? Der US-Rennstall reiste mit einem neuen Frontflügel und modifizierten Bremsbelüftungen zum 13. WM-Lauf. Das Upgrade zielt ausnahmsweise nicht daraufhin, den Abtrieb zu erhöhen. Die Ingenieure wollen damit auf die Reifenprobleme im Rennen reagieren.
Haas macht sich fast regelmäßig gute Startplätze kaputt, weil die Reifen im Dauerlauf überhitzen. Das Problem tritt fast immer an der Hinterachse auf. Mal schon nach fünf Runden, mal nach zehn, mal erst nach 20. Und dann werden Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen von Kollegen in Autos, die eigentlich langsamer sind, Schritt für Schritt nach hinten durchgereicht.

Den Frontflügel hat Haas an verschiedenen Stellen überarbeitet. Dazu zählt auch die Endplatte.
Reifen am Haas innen und außen zu heiß
Die Haas-Techniker haben die Ursachen für den rapiden Temperaturanstieg analysiert und nach Aussage der Fahrer und von Teamchef Guenther Steiner auch verstanden. "Unsere Reifen werden an der Oberfläche und im Mantel zu heiß", präzisiert Steiner.
Oberflächentemperatur entsteht, wenn das Auto zu viel rutscht. Die Hitze im Mantel kann man mit Hilfe der Felgentemperatur kontrollieren. Das Hilfsmittel dazu sind die Bremsbelüftungen. Werden die Bremsen zu heiß, strahlen die Felgen zu viel Hitze in die Karkasse des Reifens ab. Wird zu viel gekühlt, kommt der Reifen nicht in sein Arbeitsfenster. Das ist bei Haas kein Problem. Das andere schon.
Mit dem Zandvoort-Upgrade will der US-Rennstall sein Handikap von zwei Seiten aus in die Zange nehmen. Der neue Frontflügel soll in Kurvenfahrt stabileren Abtrieb liefern. "Das heißt weniger rutschen, und weniger Rutschen heißt weniger Temperatur auf der Lauffläche, und weniger Temperatur heißt weniger Abnutzung", erklärt Hülkenberg.
Zurück zu 2022er Lösung
Die neuen Bremsbelüftungen sollen den Technikern die Möglichkeit geben, die Bremstemperaturen und damit die Abstrahlung der Hitze über die Felgen in den Reifen je nach Bedarf besser zu regulieren. "Wir sind da einen Schritt Richtung 2022 zurückgegangen, als wir das Problem noch nicht so hatten", verrät Steiner. Die Haas-Konstrukteure mussten die Belüftungsschächte ändern, weil Ferrari über den Winter eine neue Hinterradaufhängung konstruiert hatte.
Und die Hinterachse übernimmt Haas in allen Teilen aus Maranello. Nur bei den Bremshutzen sind die Amerikaner autark. "Wir haben da in die falsche Richtung entwickelt", gibt Steiner zu. Eine Kröte muss Haas aber dennoch schlucken. Auch die Geometrie der Aufhängung trägt dazu bei, wie stark die Reifen belastet werden. "Und da sind wir zu 98 Prozent von Ferrari abhängig. Wir können höchstens mit dem Setup etwas gegensteuern", bedauert der Teamchef.
Kein großer Redebedarf bei Haas
In Zeiten wie diesen ist Erfahrung im Cockpit und gutes Feedback von den Fahrern gefragt. Das war auch ein Grund, warum Haas die Verträge seiner Fahrer in die Saison 2024 verlängert hat. Steiner: "Nico hat uns schon nach wenigen Rennen mit seinem Speed und seinen Aussagen zum Auto gezeigt, dass wir mit ihm die richtige Wahl getroffen hatten. Kevin kennen wir jetzt seit sechs Jahren. Wir wissen deshalb auch, wo sein Problem in diesem Jahr liegt. Das Auto ist schwer zu fahren. Wir arbeiten daran, dass er sich wieder besser im Auto fühlt. Damit er sich jetzt aufs Fahren konzentrieren kann, wollten wir unsere Fahrerentscheidung schnell über die Bühne bringen. Eigentlich stand sie schon vor der Sommerpause fest."
Auch Hülkenberg musste nicht groß pokern: "Es war kein neuer Deal, sondern ein alter, der aufgefrischt wurde. Der Vertrag war so ausgelegt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Verlängerung ausgelöst wurde. Mir war relativ schnell klar, dass das Team und ich gut harmonieren. Da gab es keinen großen Redebedarf. Ich würde sagen, es war eine einfache Geburt."
Der 36-jährige Rheinländer ist auch überzeugt, dass Haas die Qualitäten besitzt sein Reifenproblem zu lösen. "Es wäre spekulativ zu sagen, dass wir es schon dieses Jahr komplett aus der Welt schaffen. Aber ich bin schon guter Hoffnung, dass wir das Überhitzen teilweise in den Griff bekommen und dabei besser werden."