Es war ein Plan mit gewissem Risiko. Haas quälte sich zwei Jahre lang am Ende des Feldes ab, um sich voll und früh auf das 2022er Auto zu konzentrieren. Mit dieser Taktik wurde BrawnGP 2009 Weltmeister. 13 Jahre später schaffte Haas den Sprung aus dem Tabellenkeller direkt in die Top Ten der Startaufstellung. Das ist in der modernen Formel 1 eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.
Die Qualifikation zum Saisonauftakt in Bahrain zeigte: Es geht doch. Kevin Magnussen startet als Siebter in das erste Rennen des Jahres. Und da lag noch mehr drin. Der Däne verfehlte seine Q2-Zeit in der letzten K.O.-Runde der Qualifikation um vier Zehntel. Und er wäre um ein Haar im Finale der Zeitenjagd gar nicht gefahren. Nach seiner Q2-Runde rapportierte Magnussen eine schwergängige Servo-Lenkung. Der Check in der Box ergab ein Hydraulikleck.

Beten für eine Q3-Runde
Zu dem Zeitpunkt lag der Haas-Pilot mit seiner Rundenzeit sogar vor den Mercedes-Piloten. "Ich dachte, ich träume." Doch dann war Zittern angesagt. Magnussen musste auf den zweiten Versuch verzichten, weil die Haas-Mechaniker versuchten, das Leck abzudichten. "Es gelang uns nicht", bedauerte Einsatzleiter Ayo Komatsu. "Damit war klar, dass Kevin nur noch eine Runde im Q3 fahren darf. Und wir haben alle gebetet, dass er die übersteht."
Magnussen wurde angewiesen, die komplette Aufwärmrunde im vierten Gang zurückzulegen, um die Hydraulik zu entlasten. "Damit waren die Reifen natürlich nicht im richtigen Fenster." Dazu kam das Problem, dass sich ständig Hydrauliköl verflüchtigte und Gefahr bestand, dass sie auf die Hinterreifen spritzt. Unter den Umständen war der siebte Platz das bestmögliche Ergebnis. "Wenn Kevin die gleiche Zeit fährt wie im Q2 sind wir Sechster", ärgert sich Komatsu und fügt hinzu: "Was für ein Gefühl, dass man sich über einen verpassten sechsten Platz ärgern kann." Teamchef Guenther Steiner ergänzte: "Von den Startplätzen 7 und 12 haben wir in den letzten zwei Jahren nur geträumt."

Ein Auto für WM-Punkte
Kevin Magnussen war sprachlos. Vor zwei Wochen war er ein ehemaliger Formel-1-Pilot. "Ich hatte mich 15 Monate nach meinem letzten Rennen gerade damit abgefunden, dass die Formel 1 nicht mehr Teil meines Lebens sein würde. Dann kam der Anruf von Guenther. Ich habe sofort ja gesagt. Beim Test habe ich schon nach ein paar Ausfahrten gespürt, dass dieses Auto etwas kann. Bei meiner Bestzeit am zweiten Tag hatten wir immer noch eine ordentliche Menge Sprit an Bord. Da wusste ich, dass wir bei der Musik sind."
Der 29-jährige Däne verglich die letzten Wochen mit einer Achterbahnfahrt. "Und das setzte sich in dieser Qualifikation fort." Der Speed seines Autos macht ihm keine Sorgen. Die Standfestigkeit schon. Weil es auch bei den Testfahrten viele kleine Gebrechen gab. "Wenn wir ins Ziel kommen, sind wir in der Lage, in die Punkte zu fahren."
Das hofft auch Mick Schumacher. Der Deutsche hat auf dem zwölften Startplatz Sichtkontakt zu den Top Ten. Trotzdem wäre er gerne weiter vorne gestanden. "Wir hatten den Speed für das Q3." Ein Fehler in Kurve 11 verhinderte den Aufstieg. Gerade jetzt ist es wichtig, die Gunst der Stunde zu nutzen, weil einige der großen Teams noch unter Normalform fahren. "Wir haben ein gutes Auto, mit dem man in die Punkte fahren kann. Jetzt kommt es darauf an, dass wir es richtig weiterentwickeln, damit wir den Vorsprung auf unsere Konkurrenten halten."