Schon am Freitag hatte McLaren zumindest angedeutet, dass man es in Interlagos mit den schnellsten Autos aufnehmen kann. Ohne den Wetterumschwung hätte Lando Norris mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Pole Position für das Hauptrennen kämpfen können. Was der 23-jährige Engländer am Vortag verpasst hatte, holte er im Sprint-Shootout nach.
Mit einer Rundenzeit von 1:10.622 Minuten sicherte sich der McLaren-Pilot die beste Ausgangsposition für das Mini-Rennen am Nachmittag brasilianischer Zeit. Dabei war Norris mit seiner Pole-Runde gar nicht zufrieden. "Sie hat sich wie eine der schlechtesten Runden überhaupt angefühlt. Deshalb bin ich wirklich überrascht, ganz vorne zu stehen."

Sergio Perez war der heimliche Held des Sprint-Shootouts.
Perez knapp an Verstappen dran
Wie eng Freud und Leid beieinander liegen, erfuhr der Teamkollege. Oscar Piastri war schneller als Norris im ersten Streckenteil, büßte aber sowohl im zweiten als auch im dritten Sektor ein. Unter dem Strich war der australische Rookie um 0,567 Sekunden langsamer. Das machte einen Unterschied von zehn Plätzen aus. Ein Teil des Abstands lässt sich über die Reifen erklären. Piastri hatte für die Quali keinen frischen C4-Satz mehr übrig.
Max Verstappen musste sich diesmal geschlagen geben. Der Weltmeister schrammte um 61 Tausendstel an der nächsten Pole Position vorbei. Über die Distanz ist sein Red Bull für gewöhnlich besser aussortiert als die Konkurrenz-Produkte. Ob das auch im Sprint über 24 Runden der Fall sein wird? Pole-Setter Norris weiß, dass ihm sein Nebenmann nichts schenken wird. "Unser Auto ist stark, unsere Pace stimmt. Es wird aber nicht einfach gegen Red Bull und Max, die Spitze zu behaupten."
Der zweite Red-Bull-Fahrer klassifizierte sich auf dem dritten Platz. Sergio Perez lag nach 4,309 Kilometern um 0,134 Sekunden zurück. Das Ergebnis dürfte Balsam für die angeschlagene Seele sein. Zumal Perez mit stumpfen Waffen kämpfte. Er hatte für das SQ3 keinen frischen Soft-Satz mehr im Repertoire. Norris und Verstappen dagegen zwei neue C4-Mischungen, wovon sie nur eine gebrauchten.
Ferrari schwächelt
Mit dem Mexikaner startet George Russell aus der zweiten Reihe in den Sprint. Der schnellere der beiden Mercedes-Fahrer verlor 0,235 Sekunden auf die Spitze. Die schwarzen Autos mit den Sternen auf der Verkleidung befanden sich zwei Sektoren lang in der Vergabe um die Pole Position. Doch im letzten Abschnitt ging zu viel Zeit flöten. Die Mercedes vermissen mal wieder Topspeed. Der zu hohe Luftwiderstand trägt die Schuld. Lewis Hamilton schnitt als Fünfter schlechter ab als der Teamkollege.
Alpha Tauri nahm die Position ein, die Aston Martin in der Freitags-Qualifikation hatte. Das Team aus Faenza brachte wie Red Bull, McLaren, Mercedes und Ferrari beide Autos in die Top 10. Dort positionierte sich Yuki Tsunoda an der sechsten Stelle. Garagennachbar Daniel Ricciardo wurde Achter. Dazwischen nahmen die beiden den Ferrari von Charles Leclerc. Carlos Sainz verbuchte auf gebrauchten Pirellis im Finale nur den neunten Platz. Die Scuderia hatte sich für den Sprint-Shootout sicherlich deutlich mehr ausgerechnet.

Haas scheiterte knapp an der SQ3-Hürde.
Haas knapp am SQ3 vorbei
Wie am Vortag lagen die Autos in der Qualifikation extrem eng zusammen. Das liegt an den verhältnismäßig wenigen Kurven und der kurzen Gesamtdistanz von 4,309 Kilometern. Im SQ2 trennte den Schnellsten vom Langsamsten 0,651 Sekunden. Die Haas-Piloten kletterten geschlossen in das zweite Segment und kratzten an den Top 10. Kevin Magnussen war diesmal schneller als Nico Hülkenberg, konnte sich aber dennoch nicht richtig freuen. Für einen Platz im Finale fehlte ihm nur eine halbe Zehntelsekunde.
Hinter dem Haas-Duo platzierte sich Pierre Gasly. Der Alpine ist auf der Rennstrecke von São Paulo kein Auto für die obere Tabellenhälfte. Der Motor hat nicht genug Leistung, was mit kleinerem Heckflügel kompensiert werden soll. Das bringt zwar Speed auf den Geraden, kostet allerdings in den Kurven. Auch Alfa Romeo und Interlagos werden in diesem Jahr voraussichtlich keine Freunde mehr. Wenigstens schieden im Vergleich zur Haupt-Quali nicht beide Autos direkt aus. Valtteri Bottas wurde 14.
Dahinter folgte Fernando Alonso im Aston Martin. Der Altmeister war im zweiten Teil des Sprint-Shootouts nur noch Zuschauer. Die Mechaniker konnten einen Schaden an der linken Vorderradaufhängung am AMR23 nicht mehr rechtzeitig reparieren, obwohl die Session für fast eine halbe Stunde unterbrochen war. Das hatte mit einem Zusammenstoß zwischen dem Spanier und Esteban Ocon zu tun.

Esteban Ocon landete nach Zusammenprall mit Fernando Alonso im Reifenstapel der dritten Kurve.
Ocon crasht in Alonso
Der erste Durchgang endete 33 Sekunden vor dem eigentlichen Schlusspfiff nach einem Unfall. Es war eine kuriose Szene, die Ocon den Aufstieg und seinem alten Stallrivalen die Weiterfahrt verwehrte. Der Franzose war selbst schuld. Mitten in der dritten Kurve brach seinem Alpine das Heck aus. Der Quersteher trieb Ocon von der Ideallinie und beförderte ihn in den rechts langsam fahrenden Alonso.
Der Alpine rollte mit dem rechten Hinterrad über das linke Vorderrad des Aston Martin, was dessen Aufhängung beschädigte. Ocon wetterte am Funk gegen seinen ehemaligen Teamkollegen, der leicht nach links lenkte. Doch bei der Schuldfrage sollte sich der 27-Jährige besser an die eigene Nase fassen.
Mit ihm strandete der Überraschungsmann des Vortages bereits im ersten Teil. Lance Stroll gelang nur die 17. schnellste Rundenzeit. Ansonsten verabschiedeten sich nach dem SQ1 noch Guanyu Zhou, den es bereits am Freitag früh erwischt hatte, sowie die beiden Williams-Piloten. Alexander Albon und Logan Sargeant werden den Sprint aus der letzten Startreihe starten, sofern die Sportkommissare nicht noch Strafen aussprechen.