Der Name Ford war lange Zeit nicht aus der Formel 1 wegzudenken. Nach Ferrari (243) und Mercedes (212) handelt es sich auch heute noch um den dritterfolgreichsten Motorenbauer der Königsklasse. 176 Mal rasten Piloten mit Ford-Power im Heck zum Sieg. Der letzte Erfolg ist allerdings schon 20 Jahre her. Vor dem Comeback des US-Autobauers in der Saison 2026 blicken noch einmal zurück auf den verrückten Brasilien-GP im Jahr 2003.
Dabei ging es nicht nur in São Paulo kurios zu Sache. Die ganze Saison kannte kein normales Rennen. Schon in Australien und Malaysia war es drunter und drüber gegangen. Und der haushohe WM-Favorit Michael Schumacher hatte noch kein Rennen gewonnen. Dafür jubelte zwei Mal McLaren. Und nach dem GP Brasilien glaubte alle Welt zunächst, dass McLaren zum dritten Mal zugeschlagen hatte.
Der GP Brasilien schrieb Geschichte. Weil der Sieger erst vier Tage nach dem Rennen gekürt und der Pokal elf Tage später an anderer Stelle überreicht wurde. In Interlagos durfte sich noch Kimi Räikkönen als Sieger feiern lassen. Und Giancarlo Fisichella hatte das Gefühl, um den Sieg betrogen worden zu sein.
Jordan legte sofort Protest ein. Eddie Jordan blickt heute amüsiert zurück: "Es war in jeder Hinsicht ein verrücktes Rennen. Eine Runde länger, und wir wären am Ende gewesen. Unser Auto brannte im Parc fermé. Wir hatten gleich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Obwohl du vor Gericht nie gegen die FIA gewinnst, haben wir protestiert. Wir konnten uns doch nicht einen Sieg stehlen lassen."

76 Prozent der Distanz zurückgelegt
Alles drehte sich um die Frage, wann das Rennen abgebrochen wurde. Gleich nach der Zieldurchfahrt glaubte die Rennleitung, dass der Abbruch in Runde 55 erfolgte. Nach dem Reglement wurde der Endstand somit nach dem 53. Umlauf gewertet. Da lag Räikkönen vor Fisichella und Alonso.
Erst nach einem Einspruch von Jordan am Tag nach dem Rennen analysierten die Funktionäre noch einmal die Rundenprotokolle und die Zeitnahme. Dabei kam heraus, dass sich Spitzenreiter Fisichella bereits in seiner 56. Runde befand, als FIA-Rennleiter Charlie Whiting die rote Ampel drückte. Und deshalb zählte Runde 54 mit der Reihenfolge Fisichella vor Räikkönen und Alonso. Runde 54 entsprach 76 Prozent der ursprünglichen Renndistanz. Somit gab es volle Punkte.
Fisichellas Sieg war das Resultat eines Taktikpokers, der knapp aufging. Jordan hatte den Italiener am Ende der ersten langen Safety-Car-Phase an die Box geholt und ihm 115 Liter Benzin in den Tank gefüllt. Das sollte bis Runde 54 reichen. Es reichte wegen fünf Safety-Car-Einsätzen wegen ständig wechselnder Bedingungen und einer Serie von Unfällen sogar länger.
Die McLaren-Piloten tankten später und weniger. Das zog einen zweiten Stopp ausgerechnet in der Phase nach sich, in der das Rennen kurz vor dem Abbruch stand. David Coulthard verlor seine Führung in der 52. Runde, als er für die vermeintliche Restdistanz von 19 Runden Sprit nachfüllen ließ.

Gutes Timing für Fisichella
Fisichella profitierte außerdem von den Bridgestone-Reifen, die mit zunehmender Laufleistung immer besser wurden, während der Michelin-Gummi abbaute. In der 54. Runde überholte der Römer Räikkönen, der kurz darauf zum Tanken an die Boxen abbog.
Doch Jordan hatte noch mehr Verbündete an diesem Tag. Zuerst kreiselte Mark Webber auf der Zielgeraden mit hoher Geschwindigkeit in die Mauer, dann auch noch Fernando Alonso. Der Spanier war mit Tempo 250 über Wrackteile gestolpert. Er blieb eine Minute lang geschockt in seinem Wrack sitzen.
Für die Rennleitung war es das Signal zum Abbruch, zumal es wieder zu regnen begann. Es mutete fast wie ein Witz an, als der Jordan des späteren Siegers nach dem Abstellen im Parc fermé auch noch Feuer fing.

Alonso nicht auf Podium
Der drittplatzierte Alonso stand gar nicht auf dem Podium. Er kam nach seinem schweren Unfall zur Beobachtung ins Krankenhaus. So entging Alonso einer Strafe. Er konnte bei den Sportkommissaren nicht vorsprechen. Der Spanier hatte zum zweiten Mal an diesem Tag die gelben Flaggen missachtet.
Für sein Überholmanöver an Ralf Schumacher unter Gelb bekam er eine Durchfahrtsstrafe. Dafür, dass er trotz Warnflaggen ungebremst in das von Mark Webber gelegte Trümmermeer fuhr, erhielt Alonso zwei Wochen später eine Standpauke von Charlie Whiting.
Der dritte Lauf der Saison verdiente das Prädikat Chaosrennen. Ein gewaltiger Wolkenbruch hatte Interlagos schon eine Stunde vor dem Start unter Wasser gesetzt. Mit 15 Minuten Verspätung startete das Feld hinter dem Safety-Car in einen denkwürdigen Grand Prix.
Obwohl es zwischendurch abtrocknete, bestand in der Curva do Sol bis zur letzten Runde Aquaplaning-Gefahr. Die aufgeweichte Wiese nährte einen Bach, der quer über die Fahrbahn lief. Auf Trockenreifen wurde die 230 km/h schnelle Kurve am Ausgang des Senna-S zum Spießrutenlauf.
Bis zur 33. Runde bildete sich hinter der Leitplanke ein prominenter Autofriedhof. Die Fahrzeuge von Michael Schumacher, Juan Pablo Montoya, Jenson Button, Antonio Pizzonia, Jos Verstappen und Justin Wilson parkten dort.

Kleine Teams punkten groß
Rubens Barrichello hatte den Heimsieg auf dem Fuß. Als er Coulthard in der 45. Runde vor dem Senna-S ausbremste, da schien der Interlagos-Fluch für Rubinho beendet zu sein. Doch nur zwei Runden später rollte der Ferrari ohne Benzin auf der Gegengeraden aus. Eine defekte Einspritzdüse hatte das Gemisch auf fett gestellt und damit die Verbrauchskalkulation genarrt.
Während Ferrari leer ausging, freuten sich die Kleinen über Punkte. Heinz-Harald Frentzen wurde trotz einer Kollision mit Coulthard Fünfter. Der Crash ist aber irrelevant, weil er erst in der 55. Runde passierte. Beide blieben in der Wertung. Jacques Villeneuve fiel kaum auf, kam aber als Sechster ins Ziel.
Ralf Schumacher brachte die Neuberechnung des Resultats noch auf Platz sieben. Für einen Lacherfolg sorgte eine Aussage von Minardi-Chef Paul Stoddart, dessen Autos in der Curva do Sol am Streckenrand parkten: "Wir hätten heute gewinnen können."
54 Runden à 4,309 km = 232,656 Kilometer