GP Belgien 2022 - Analyse Rennen: Verstappen-Show

Rennanalyse GP Belgien
:
Drei Gründe für Verstappen-Show

Max Verstappen - GP Belgien 2022 © xpb 37 Bilder

Max Verstappen ließ Ferrari und Mercedes beim Heimspiel in Spa-Francorchamps alt aussehen. Wir erklären, warum der Weltmeister so überlegen war. Und wir blicken noch einmal zurück, wie Sebastian Vettel und Pierre Gasly in die Punkte rasten.

Kompletten Artikel anzeigen

Warum war Red Bull so stark?

Red Bull hat die Konkurrenz in Spa hingerichtet. Der vierte Doppelsieg der Saison fiel überlegener aus als jeder zuvor. Max Verstappen hatte am Start zwölf Autos vor der Nase und kam am Ende mit knapp 27 Sekunden Vorsprung vor dem ersten Nicht-Red-Bull ins Ziel. Schon nach 18 Runden war das Rennen entschieden. Deutlich schneller, als man es selbst bei Red Bull erwartet hatte. "Nach unseren Simulationen wäre Max nach dem letzten Boxenstopp höchstens in Podiumsnähe gelegen", staunte Teamchef Christian Horner.

Gleich mehrere Faktoren führte zu dem Kantersieg. So verlangt die Highspeed-Strecke in den Ardennen eine effiziente Aerodynamik. In dieser Disziplin ist der Red Bull besonders stark, weil er mehr Abtrieb als alle anderen Autos über den Unterboden generiert, ohne dabei den Luftwiderstand in die Höhe zu treiben. "Der Red Bull ist einfach das bessere Auto", gab auch Ferrari-Teamchef Mattia Binotto zu. "Mir macht vor allem Sorgen, dass sie mit weniger Abtrieb als wir trotzdem starke Zeiten im Mittelsektor setzen konnten, wo Abtrieb gefragt ist."

Dazu war Red Bull auch noch im Reifenverschleiß besser, was nach den Freitagstrainings nicht unbedingt zu erwarten war. Ferrari hatte wegen der heißeren Temperaturen am Sonntag extra etwas Abtrieb nachgelegt, um die Gummis zu schonen. Doch der Plan ging nicht auf. Sainz äußerte sich sichtlich überrascht, dass Verstappen im ersten Stint 15 Runden lang gute Zeiten auf den Softs fuhr und einen Gegner nach dem anderen kassierte. "Bei mir waren die Softs praktisch schon nach drei Runden am Ende."

© xpb

Der Red Bull war der Konkurrenz überlegen. Max Verstappen holte aber noch mehr raus aus Sergio Perez.

Grund drei lag in der besonderen Abstimmung versteckt, die der belgische Traditionskurs verlangt. Um das harte Aufsetzen in der Kompression in Eau Rouge und auf einer bösen Bodenwelle in den Stavelot-Kurven zu lindern, müssen die Teams ihre Autos fünf bis sechs Millimeter höhersetzen als üblich. Ferrari und Mercedes fielen in ein Fenster, in dem ihre Aerodynamik nicht mehr den gewohnten Anpressdruck ablieferte.

Als Konsequenz mussten beide Teams das Fahrwerk härter trimmen als üblich, was auch noch mechanischen Grip kostete. Der Red Bull fühlte sich dagegen mit mehr Bodenfreiheit pudelwohl und erreichte deshalb auch seine Normalform. "Wir haben im Verlauf der Saison schon öfter gezeigt, dass unser Auto auch mit mehr Bodenfreiheit zurechtkommt", bestätigte Horner.

Wie verlor Leclerc den Platz gegen Alonso?

Charles Leclerc fuhr nur eine Position hinter Verstappen los, im Ziel trennten die beiden Rivalen aber Welten. Der Ferrari mit der Startnummer 16 wurde schon früh zu einem Extra-Stopp gezwungen, weil sich ein Abreißvisier vorne rechts in der Bremshutze verfing und zu Überhitzung führte. Trotzdem konnte sich der Monegasse im Laufe des Rennens immerhin bis auf Rang fünf vorarbeiten. Doch die Ferrari-Strategen wollten mehr. Kurz vor Schluss sahen sie eine Chance, den Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde einzuheimsen.

Dafür musste aber ein Extra-Boxenstopp auf Soft-Reifen her. Der Plan hatte nur einen Schönheitsfehler: Leclerc fiel nach dem Service hinter Fernando Alonso auf Rang sechs zurück. Laut Binotto war der Platzverlust aber einkalkuliert: "Wir wussten, dass es eng werden würde. Aber wir wussten auch, dass Charles sich die Position mit frischeren Reifen zurückholen kann. Das DRS auf der Geraden war sogar noch eine Hilfe."

Doch auch mit DRS, Windschatten und einem deutlich leichteren Auto verpasste Leclerc die schnellste Runde von Verstappen deutlich. Und dann flatterte auch noch Post von der FIA ins Haus. "Charles war leider in der Boxengasse zu schnell", bedauerte Binotto. "Es war ganz knapp – nur 1 km/h. Das war also sehr unglücklich. Leider haben unsere Geschwindigkeitssensoren durch das Überhitzen vorne rechts versagt. Unsere Ersatzlösung war leider nicht präzise genug." Die fällige Fünf-Sekunden-Strafe kostete den fünften Platz.

© Motorsport Images

Leclerc verpasste auch mit Windschatten und DRS die schnellste Rennrunde deutlich.

Warum war Mercedes im Rennen besser als im Training?

Am Samstag sprach Teamchef Toto Wolff von der schlechtesten Qualifikation der letzten zehn Jahre. Acht Motorstrafen spülten die Silberpfeile auf die Startplätze vier und fünf, doch der Rückstand von Hamilton auf Max Verstappens schnellste Trainingsrunde war mit 1,8 Sekunden erschreckend hoch. Und selbst wenn man den Überflieger einmal ausklammerte, machte sich Ernüchterung bei Mercedes breit. Auf Ferrari fehlten 1,1 Sekunden, auf die Alpine vier Zehntel. Und das nach George Russells Pole Position vier Wochen zuvor in Budapest.

Nach einer Nachtschicht waren die Gründe für die Ohrfeige ausgemacht. Das Problem mit der Bodenfreiheit haben wir schon thematisiert. Und bei nur 22 Grad auf dem Asphalt blieben die Reifentemperaturen im Keller. Dazu waren die Silberpfeile auf den Geraden Schnecken. Man war gezwungen größere Flügel zu fahren als erhofft.

Im Rennen sah das Bild etwas besser aus. Russell verfehlte das Podium nur um 2,2 Sekunden. Zwei Mal hatte er den Abstand zu Carlos Sainz unter zwei Sekunden gedrückt, kam aber nicht näher, weil in den Turbulenzen die Aerodynamik zu stark gestört wurde.

Die Ingenieure machten einen Grund für die Verbesserung im Rennen fest: "Der Ferrari war immer noch das schnellere Auto, das aber schlechter mit seinen Reifen umging. Das hat uns im Rennen besser aussehen lassen." Lewis Hamiltons Rennen endete nach drei Kilometern nach einer selbst verschuldeten Kollision mit Fernando Alonso. "Fernando lag in meinem toten Winkel. Ich habe ihn nicht gesehen und nicht genug Platz gelassen", entschuldigte sich der Brite.

© xpb

Hamiltons Renenn war nach der Kollision mit Alonso früh beendet.

Wie kam Vettel in die Punkte?

Nach der Qualifikation war bei Sebastian Vettel noch Katzenjammer angesagt. Der Heppenheimer fiel schon in der ersten K.O.-Runde durch den Rost. Weil aber acht Piloten nach Motorwechsel strafversetzt wurden und sich Gasly mit einem Problem vor dem Start in die Boxengasse verabschiedete, begann Vettel das Rennen auf Position neun. Auf den ersten Metern machte der Routinier gleich richtig Attacke. Dabei schreckte er auch nicht davor zurück, Teamkollege Lance Stroll in der Les-Combes-Passage ins Kies zu schicken. Eine der besten Startunden seiner Karriere spülte Vettel bis auf Rang fünf nach vorne.

Dann musste der Aston-Pilot in den Rückspiegel schauen. Verstappen und Leclerc konnte er nicht halten. Mit Esteban Ocon kam es in der Schlussphase zu einem heißen Duell. Eigentlich hatte Vettel vor dem letzten Boxenstopp genug Vorsprung vor dem Franzosen. Den Undercut von Alpine wehrten die Strategen locker ab. Doch nach dem Boxenstopp hing Vettel plötzlich hinter Pierre Gasly fest, wodurch Ocon aufschließen konnte. Vettel passierte den Alpha Tauri vor der Eau Rouge, doch mit doppeltem Windschatten und DRS schnappte sich Ocon seine beiden Gegner wie einst Mika Häkkinen im Jahr 2000 in einem Zug. Vettel spielte dabei die Rolle von Ricardo Zonta der rechts und links passiert wurde.

"Hätte ich Pierre schon etwas früher überholen können, dann hätte ich vielleicht den siebten Platz halten können", ärgerte sich Vettel anschließend. "Esteban war etwas schneller. Aber wir waren beim Reifenverschleiß besser. Natürlich ist der achte Platz trotzdem ein Erfolg. Wir müssen jetzt einfach unsere Schwäche in der Qualifikation abstellen. Leider verstehen wir das Auto noch nicht. Es fällt immer wieder aus dem Fenster."

© xpb

Sebastian Vettel konnte die Quali-Pleite im Rennen vergessen machen.

Warum startete Pierre Gasly aus der Boxengasse?

Dass ein Alpha Tauri aus der Boxengasse losfahren muss, war schon vor dem Start klar. Bei Yuki Tsunoda wurde Sonntagfrüh kurzfristig der Motor gewechselt, ohne dass man die FIA rechtzeitig informiert hatte. Doch dann wurde in letzter Minute auch noch das Schwesterauto von Pierre Gasly in die Garage gerollt. "Wir hatten irgendein Elektrik-Problem. Der Motor wollte einfach nicht starten", berichtete der Pilot. Die Ingenieure informierten den Franzosen schon, dass es mit der Teilnahme am Rennen wohl nichts werden würde. "Doch 90 Sekunden vor dem Start erwachte das Auto plötzlich zum Leben."

Durch die frühe Safety-Car-Phase war der Anschluss an das Feld schnell wieder hergestellt. Am Ende ging es bis auf Rang neun nach vorne. "Wir sind heute eine aggressive Taktik gefahren, die am Ende mit Punkten belohnt wurde", freute sich Gasly. Der 26-Jährige bedankte sich auch bei Alex Albon. "Er hat hinter sich einen ganzen Zug von schnellen Autos aufgehalten. Das hat auch mir geholfen." Nur ein Gedanke ging Gasly im Ziel nicht aus dem Kopf: "Bei dem Ergebnis fragt man sich natürlich, was vom ursprünglich achten Startplatz möglich gewesen wäre."

In der Galerie zeigen wir noch einmal die Highlights des Rennens von Spa-Francorchamps.

Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen auto motor und sport eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.

Meist gelesen 1 VW Phaeton als Gebrauchtwagen Phaeton gebraucht – gewagt oder für ewig gut? 2 Luxus-Van Mercedes Vision V Die Maybach-V-Klasse rollt den 65-Zoll-Screen aus 3 Porsche 911 Carrera GTS Cabriolet Spirit 70 Dieser Porsche 911 bringt das Pascha-Muster zurück 4 Neuer Kult-Trend – Kei-Trucks aus Japan Diese supergünstigen Mini-Trucks muss man lieben 5 Toyota bZ7 Elektro-Limousine Toyotas neues E-Flaggschiff
Mehr zum Thema Scuderia Ferrari