Wie hat Ihnen die Formel-1-Saison 2024 gefallen?
Berger: Eigentlich ganz gut, weil endlich diese Überlegenheit von einem Team beendet war. Wir haben das ja oft genug erlebt. Ferrari mit Schumacher, Mercedes mit Hamilton, Red Bull mit Verstappen. Alles drehte sich um einen Mann, und das ist genau das, was der Sport nicht braucht. So eine Situation ist zwar sehr erfreulich für das jeweilige Team und den Fahrer, aber als Zuschauer will ich mehr Abwechslung, unterschiedliche Teams und Fahrer, die gewinnen können. Ich habe viele Jahre lang gesagt, dass ich mir die MotoGP lieber anschaue, weil ich bis zur letzten Kurve nicht weiß, wer gewinnt. Bei der Formel 1 wusste ich es lange Zeit schon nach der ersten Kurve. Das hat sich letztes Jahr geändert. Da musste man sich das Rennen bis zum Ende anschauen. Wenn sich das jetzt noch weiterentwickelt und unter schwierigen Bedingungen auch mal ein Außenseiter gewinnt, dann ist die Formel 1 wieder dort, wo sie hinsoll.
Hätten Sie geglaubt, dass Red Bull den großen Vorsprung von 2023 quasi in einem Winter verspielt?
Berger: Es ist bekannt, dass du für den Aufbau viel länger brauchst als für den Abbau. Aber kein Mensch hätte gedacht, dass nur mal ein halbes Jahr nach dem Tod von Didi Mateschitz alles zerbröckelt.
Haben die politischen Spielchen bei Red Bull zu Saisonbeginn zu dem Niedergang beigetragen?
Berger: Es ist oft der Anfang vom Ende, wenn solche Themen losgetreten werden. Die Formel 1 ist so komplex und so umkämpft, dass man nur Erfolg haben kann, wenn alle im Team an einem Strang ziehen, wenn sich alle einig sind und gut miteinander kommunizieren. Die Marke Red Bull hat immer Fröhlichkeit und ein cooles Image ausgestrahlt. Auf einmal hat sich alles geändert. Völlig untypisch für das Team gibt es keine klaren Aussagen mehr. Nehmen wir das Beispiel Perez. Dass der nicht mehr die Leistung bringt, hat man gesehen. Dass man ihm trotzdem wieder einen Vertrag gibt, hat in der Fachwelt keiner verstanden. Es mag Gründe gegeben haben, wie Marketingzwänge oder die Vertragslage. Aber als es danach auch nicht besser wurde, hat man ihm noch drei Rennen gegeben und dann noch zwei und sich um eine Entscheidung herumgedrückt. Ich konnte da keine klare Linie erkennen. In Mateschitz-Zeiten war Red Bull immer für Klarheit berühmt.

Nach Ansicht von Gerhard Berger fährt Max Verstappen immer noch in einer eigenen Liga.