Red Bull jagt Franco Colapinto

Red Bull und Co. jagen F1-Rookie
Wer bekommt Colapinto?

Franco Colapinto hat alle überrascht. Auch seinen Chef. Williams-Teamchef James Vowles gibt zu, dass die rasante Entwicklung seines Aushilfspiloten nach den Ergebnissen in den Nachwuchsklassen nicht abzusehen war. Colapinto hat sich im Eiltempo in der Königsklasse etabliert. "Er war schon beim Debüt in Monza so weit, wie wir es von ihm erst in Mexiko erwartet hätten. Und er verbessert sich ständig."

Nach fünf Rennen hat der 21-jährige Argentinier bereits fünf WM-Punkte auf dem Konto. Er hat den Speed für das Q3 und im Rennen die Übersicht und das Reifenmanagement für WM-Punkte. Und er hat einen starken Kopf. In Austin bestand er gegen den Wunsch der Ingenieure auf einem Start mit harten Reifen. Der zehnte Platz gab ihm recht.

Mit Colapinto an Bord haben sich auch die Ansprüche im Team geändert. Wenn er wie in Mexiko wegen eines Verbremsers den Aufstieg ins Q2 verpasst, dann sind alle enttäuscht. Bei Vorgänger Logan Sargeant war man schon froh, wenn er nicht in der Mauer gelandet ist.

James Vowles - Williams - Formel 1 2024
xpb

Argentinien ist ein lukrativer Markt

Neben seinem Grundspeed und seiner Lernfähigkeit besticht der Rookie aus Buenos Aires durch mentale Stärke. "Sie liegt in seiner DNA. Egal wie hoch der Druck ist, Franco bringt immer gleichbleibende Leistungen", lobt Vowles.

Dazu kommt, dass Argentinien ein lukrativer Markt ist. Die Sponsoren, die im Hype um ihren Landsmann an Bord gesprungen sind, zahlen in Summe zehn Millionen Dollar bei Williams ein. Das haben inzwischen auch andere Teams registriert. Und schon beginnt die Jagd auf das verkannte Talent.

Zunächst stand Colapinto nur bei Sauber auf der Liste für das zweite Cockpit. Doch dann meldete sich zuerst Red Bull und nun auch Alpine. Christian Horner bestätigt: "Colapinto ist ein interessanter Fahrer. Er ist für alle überraschend viel besser als es sich in der Formel 2 angedeutet hat. Ich wäre ein schlechter Teamchef, wenn ich nicht ausloten würde, ob er zu haben ist."

Das hat sich auch Flavio Briatore gedacht. Der Mann, der Alpine wiederbeleben soll, hatte schon immer ein gutes Gespür für Talente. Und er ist einer, der zugreift, wenn sich eine Tür öffnet. Man kann nie genug gute Fahrer in seinem Pool haben. Sein Credo: Besser einen jungen Fahrer aufbauen als einen teuren einkaufen.

Franco Colapinto - GP Mexiko 2024
Williams

Ausleihen oder Verkaufen?

Noch ist Colapinto bei Williams. Dort kann man seinem Senkrechtstarter nur den Posten des Reservefahrers bieten. Mit Neuzugang Carlos Sainz und Alexander Albon ist Williams für die nächsten beiden Jahre besetzt. Vowles will der Karriere seiner Entdeckung nicht im Weg stehen. Wenn Colapinto in einem anderen Team einen Stammplatz bekommt, darf er gehen.

Jetzt beginnen die Schwierigkeiten. Normalerweise ist in den Verträgen der Junior-Piloten eine Klausel verankert, wonach der Fahrer wechseln kann, wenn man ihm in den nächsten zwei Jahren nicht mehr bieten kann als Simulator-Tests oder Kilometer in alten Formel-1-Autos. Die Geschichte zeigt, dass zwei Jahre im Untergrund ein Karriere-Killer sind.

Am liebsten würden die Ausbilder-Teams ihre Rookies nur ausleihen, doch da spielen die Interessenten nicht mit. "Wir wollen Colapinto ganz oder gar nicht", erteilt Red-Bull-Sportchef Helmut Marko dem Ausleihmodell eine Absage. Bei Colapinto gibt es aber ein Problem. Williams könnte ihn schon nach einem Jahr selbst brauchen. Carlos Sainz hat offenbar doch eine Ausstiegsklausel, wenn sich 2026 bei Red Bull ein Platz auftut.

Sergio Perez - GP Mexiko 2024
Red Bull

Red Bull oder Toro Rosso?

Deshalb ist ein Verkauf seines Nachwuchsfahrers an Red Bull, Alpine oder Sauber für Williams mit einem gewissen Risiko verbunden. Im dümmsten Fall stünde man mit leeren Händen da. Es wird wohl auf eine Ablösesumme hinauslaufen, wenn der Deal je zustande kommt.

Andererseits bekommen die Interessenten Colapinto nur, wenn sie ihm einen Posten als Stammfahrer anbieten können. Da hat es Sauber am einfachsten. Der Platz ist frei. Alpine hat für 2025 eigentlich Pierre Gasly und Jack Doohan nominiert. Das lässt vermuten, dass Briatore sein Interesse erst für 2026 bekundet hat, für den Fall, dass Colapinto dann noch frei ist. So könnte ihn Williams im nächsten Jahr noch als Ersatzfahrer nutzen und hätte eine Absicherung.

Bei Red Bull sind die Pläne konkreter. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die Tage von Sergio Perez gezählt sind. Der Mexikaner hat zwar einen Vertrag, aber kein Anrecht zu fahren. Man kann ihn auch auszahlen. Dann braucht Red Bull neben Max Verstappen, Yuki Tsunoda und Liam Lawson einen vierten Mann. Es wäre dann nur noch die Frage zu klären, in welchem Auto Colapinto zum Einsatz käme. Müsste James Vowles eine Wahl treffen, würde er ihn neben Verstappen in den Red Bull setzen. "Er ist stark genug, die Rolle neben Max auszuhalten."