Formel 1-Historie: Meister am grünen Tisch

Formel 1-Historie
Meister am grünen Tisch

GP Japan 1989 Senna Prost
Foto: xpb

Die Nummer wird sich vermutlich im Sande verlaufen. Außer es gräbt noch einer irgendein angeblich illegales Überholmanöver von Sebastian Vettel aus. Oder wie wäre es umgekehrt? Red Bull hatte bestimmt auch nichts besseres zu tun, als Spotter auf Fernando Alonso anzusetzen. Vielleicht hat ja auch der Spanier jenseits der Regeln überholt?

Aber Spaß beiseite. Was wäre passiert, wenn der Weltverband Vettel tatsächlich die Schuld zugesprochen hätte. Gab es schon einmal WM-Entscheidungen am grünen Tisch, oder mussten die Fans auf einen WM-Entscheid über den Renntag hinaus warten?

1982: Berufungsgericht erst nach dem letzten Rennen

1982 hätte das passieren können. Da stellte sich vor dem WM-Finale in Las Vegas eine ganz kuriose Konstellation. Keke Rosberg führte mit 42:33 Punkten. Damals gab es noch neun Zähler für den Sieg. Die Chancen von John Watson auf den  WM-Titel beschränkten sich auf ein einfaches Szenario. Er musste den Grand Prix in Las Vegas gewinnen, und Keke Rosberg durfte nicht punkten.

Es lagen aber noch zwei Fragezeichen in der Luft. Williams hatte Berufung gegen die Disqualifikation von Keke Rosberg beim GP Brasilien zu Beginn des Jahres eingelegt, gleichermaßen McLaren gegen den Ausschluss des drittplatzierten Niki Lauda beim GP Belgien.

So kam auch noch Lauda ins Spiel, obwohl er mit nur 30 Punkten eigentlich aussichtslos ins Finale ging. Es hätte aber passieren können, dass die Berufungsrichter im Fall Lauda für den McLaren-Piloten und im Fall Rosberg gegen den Williams-Fahrer entscheiden. Für diesen Fall hätte Lauda 34 Zähler auf dem Konto gehabt und hätte Rosberg bei einem Sieg und gleichzeitiger Nullrunde des Gegners noch abfangen können.

Lauda muss für Watson fahren

Da das Berufungsgericht erst nach dem GP USA-Mitte tagte, traten drei Fahrer mit Titelhoffnungen zum Showdown an. Trotzdem entschied McLaren-Teamchef Ron Dennis, dass alle Karten auf Watson zu setzen waren. Er befahl dem verdutzten Niki Lauda: "Du musst hier für John fahren."

Watson lacht sich noch heute schief: "Das war das erste Mal, dass Niki kapieren musste, dass das Team wichtiger ist als er selbst." Nach dem Rennen waren alle Unklarheiten beseitigt. Watson wurde Zweiter, Rosberg Fünfter und Lauda machte keine Punkte. Egal wie die FIA-Justiz entscheiden würde: Rosberg war Weltmeister 1982. Übrigens: Beide Berufungen wurden abgewiesen.

1989: Prost erst zehn Tage nach Saisonende Weltmeister

Dafür musste die Formel 1-Gemeinde nach dem GP Japan 1989 noch zehn Tage warten, bis Alain Prost als Weltmeister bestätigt wurde. Der Franzose war in der Schikane mit Ayrton Senna kollidiert, dem Augenschein nach absichtlich, doch Senna konnte weiterfahren und den Grand Prix noch gewinnen. Damit hätte er eine Entscheidung beim Finale in Adelaide erzwungen.

FIA-Präsident Jean-Marie Balestre machte dem Brasilianer aber einen Strich durch die Rechnung. Er sorgte dafür, dass die Sportkommissare Senna disqualifizierten. Vorwurf: Er habe die Strecke abgekürzt, als er vom Unfallort aus angeschoben wurde. McLaren legte Berufung gegen das Urteil ein und verlor zehn Tage später. Schlimmer noch. Senna wurde wegen gefährlichen Fahrens zu einem bedingten sechsmonatigen Lizenzentzug und 100.000 Dollar Buße verdonnert.

1997: Schumacher verliert alle WM-Punkte

1997 endete das WM-Finale in Jerez mit einem Crash. Michael Schumacher landete im Kiesbett. Sein WM-Gegner Jacques Villeneuve konnte weiterfahren. Der dritte Platz reichte dem Kanadier, um Weltmeister zu werden. Damit war die Weltmeisterschaft aber noch nicht beendet.

Die FIA disqualifizierte Michael Schumacher nachträglich für die ganze Saison. Sie stufte sein Manöver als Absicht ein und entzog ihm alle 78 WM-Punkte. Ferrari durfte die Punkte behalten. WM-Zweiter wurde daraufhin Heinz-Harald Frentzen. 2007 war es umgekehrt. Da musste McLaren wegen des Spionageskandals alle Punkte abgeben und wurde Letzter in der Konstrukteurs-WM. Lewis Hamilton und Fernando Alonso behielten ihre Zähler.

1976: Hunts McLaren wird in Rennunterbrechnung repariert

Fünf Fahrer wurden als Sieger gefeiert, nur um später zu erfahren, dass sie doch nicht gewonnen hatten. James Hunt wurde 1976 der Sieg beim GP England entzogen. Zwei Monate danach entschied ein FIA-Berufungsgericht, dass Hunt der Sieg aberkannt wird. Was war passiert? Nach einer Startkollision musste Hunt seinen beschädigten McLaren unterwegs abstellen. In der Pause bis zum Neustart reparierten die McLaren-Mechaniker das ramponierte Auto.

Der Streit entzündete sich an der Frage, ob Hunt überhaupt hätte starten dürfen, da er die Runde nach dem Unfall nicht beendet hatte. Ferrari, Tyrrell und Fittipaldi hatten Protest eingereicht. McLaren argumentierte, dass Hunts McLaren zwar nicht die Runde beendet habe, aber zum Zeitpunkt des Abbruchs noch gefahren sei. Das wurde abgeschmettert.

1982: Trick mit Wassertank scheitert

1982 nahmen Nelson Piquet und Keke Rosberg die Pokale für Platz eins und zwei in die Hand. Beide wurden vier Stunden später wegen untergewichtiger Autos disqualifiziert und der drittplatzierte Alain Prost zum Sieger erklärt. Brabham und Williams hatten sich im Kampf gegen die übermächtigen Turbos einen Trick ausgedacht. Sie installierten große Wassertanks in ihren Autos unter dem Vorwand, das Wasser zur Bremskühlung zu verwenden. Der Inhalt wurde jedoch gleich nach dem Start abgelassen. Das brachte bis zu 30 Kilogramm Erleichterung.

1982 galt noch die Regel, dass man vor dem Wiegen der Autos alle Betriebsmittel, also Wasser und Öl nachfüllen durfte. Somit waren Piquets Brabham und Rosbergs Williams bei der Abnahme wieder legal. Die FIA wollte diesen faulen Zauber jedoch unterbinden und nahm beide Autos aus der Wertung. Weitere vier Wochen danach bestätigte ein Berufungsgericht das FIA-Urteil.

1985 verlor Alain Prost seinen Sieg in Imola ebenfalls wegen Untergewicht. Zwei Jahre später erwischte es den Zweitplatzierten Ayrton Senna in Adelaide. Am Lotus waren die Bremsbelüftungsschächte zu groß. Gleiches passierte den Fahrern von Williams und Toyota 2004 in Montreal. Sie verloren die Plätze zwei, fünf und acht.

1994 - 2009: Lügen haben kurze Beine

Michael Schumacher musste den Sieg beim GP Belgien 1994 abgeben, weil am Benetton die Bodenplatte zu stark abgenutzt war. Benetton und Williams bekamen beim GP Brasilien 1995 wegen illegalen Benzins keine Konstrukteurs-Punkte. Michael Schumacher durfte seinen Sieg und David Coulthard seinen zweiten Platz behalten. Lewis Hamilton musste 2009 in Melbourne einen dritten Platz wieder abgeben, weil er die Sportkommissare angelogen hatte, als er zu einem Überholmanöver in der Safety-Car-Phase befragt wurde.

2003 in Brasilien kam es zu einem kuriosen Fall. Vor Ort feierte Kimi Räikkönen seinen zweiten Saisonsieg. Den Pokal aber bekam Giancarlo Fisichella elf Tage später in Imola überreicht. Der GP Brasilien war in der 56. Runde nach zwei schweren Unfällen von Mark Webber und Fernando Alonso auf der Zielgeraden abgebrochen worden. Die Zeitnahme und die Sportkommissare waren der Meinung, dass sich der zu diesem Zeitpunkt führende Fisichella erst in seiner 55. Runde befand. Demnach musste die 53. Runde gewertet werden, und da lag noch Räikkönen vorne.

Erst eine spätere Auswertung ergab, dass Fisichella beim Abbruch bereits seine 56. Runde begonnen hatte. Damit zählte der Stand der 54. Runde, in der Fisichella bereits die Führung übernommen hatte. Somit wurde Fisichella zum Sieger vor Räikkönen und Alonso erklärt.

2001: Überholmanöver unter gelben Flaggen

Auch wenn es um Punkte geht, kann ein Versehen oder ein Nichtsehen durch die Sportkommissare nachträglich korrigiert werden. 2001 in Melbourne kam es nachträglich zu einer Resultatkorrektur. Sauber-Fahrer Nick Heidfeld hatte nach dem Rennen bei der Teambesprechung moniert, dass ihn Olivier Panis unter Gelb überholt habe. Die Rennleitung hatte nichts unternommen, weil sie keinen Rapport von den Streckenposten bekam.

Teammanager Beat Zehnder beantragte bei der Rennleitung eine Untersuchung. Video-Analysen ergaben, dass Panis tatsächlich regelwidrig an Heidfeld vorbeigegangen war. Der Franzose bekam 25 Strafsekunden aufgebrummt, rutschte vom vierten auf den neunten Platz ab, und Kimi Räikkönen wurde dadurch bei seinem Debüt Sechster, was ihm einen WM-Punkt einbrachte.

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