Ferrari-Sieg in Melbourne: Leclerc in Titelform

Ferrari darf vom Titel träumen
In allen Bereichen Nummer 1

GP Australien 2022

Ferrari war in allen drei Grands Prix dieses Jahres siegfähig. Doch in Melbourne präsentierte sich der WM-Spitzenreiter von seiner besten Seite. Charles Leclerc zeigte mit dem Hattrick aus Pole Position, schnellster Rennrunde und Start/Ziel-Sieg eindrucksvoll, wer der Herr im Haus war. Die Überlegenheit im Rennen war noch größer als auf einer Runde am Samstag. Das überraschte Ferrari selbst.

Leclerc wusste auf jede Attacke seiner Verfolger eine Antwort. In der allerletzten Runde schüttelte er eine Bestzeit aus dem Ärmel, die um sechs Zehntel unter der zweitschnellsten Runde lag. Nur das Safety-Car nach dem Unfall von Sebastian Vettel brachte die Konkurrenz wieder in die Nähe des Siegers.

Auf den Medium-Reifen konnte Max Verstappen seinem Gegner zuvor nur zehn Runden lang auf Sichtweite folgen. Dann begann der linke Vorderreifen zu körnen. Kurz vor dem Boxenstopp des Weltmeisters hatte Leclerc bereits 8,3 Sekunden Vorsprung.

Charles Leclerc - GP Australien 2022
xpb

Ferrari streichelt die Reifen

Auch auf den harten Reifen fuhr Leclerc in einer eigenen Liga. Und das war für Red Bull noch die bessere Option. Kurz vor dem Ausfall von Verstappen war der Vorsprung des Ferrari-Piloten schon wieder auf 7,2 Sekunden angewachsen. Leclerc war nur einmal verwundbar. Beim Re-Start nach dem Safety-Car setzte sich Verstappen in der ersten Kurve neben den Ferrari.

"Ich habe die Zielkurve zu weit außen genommen und bin auf Reifenschnipsel gekommen. Das Auto hat furchtbar untersteuert. Das gab Max die Chance mich anzugreifen. Nach drei Kurven war der Grip wieder da und ich konnte schnell eine Lücke aufbauen", erklärte der Sieger die heikle Situation.

Red Bull-Teamchef Christian Horner schüttelte den Kopf: "Ferrari trifft das Reifenfenster besser als wir." Für Kollege Mattia Binotto lag der Schlüssel zum Reifenmanagement in einer guten Fahrzeugbalance. "Melbourne ist keine einfache Strecke, die Balance zwischen den langsamen und schnellen Kurven zu finden. Wir haben uns zuerst darauf konzentriert die Hinterreifen zu schützen und schon am Freitag erkannt, dass mit der Medium-Mischung der linke Vorderreifen leicht zu körnen beginnt. Daran haben wir gearbeitet, und Charles hat auch einen guten Job mit dem Reifenmanagement gemacht."

Charles Leclerc - GP Australien 2022
Wilhelm

Lohn für zwei harte Jahre

Selbst der Sieger zeigte sich überrascht wie groß die Überlegenheit im Rennen ausfiel. "Ferrari hat mir ein wunderbares Auto gegeben. Es ist ein Traum es zu fahren. Wir hatten kein Problem mit dem Körnen der Reifen und konnten sie von der ersten bis zur letzten Runde optimal nutzen", lobte Leclerc.

Das Bouncing ließ sich auch im Rennen nicht vertreiben, aber irgendwie macht es den Ferrari-Fahrern nichts aus. "Ich verliere deswegen höchstens in Kurve 9 etwas Zeit. Sonst stört es mich nicht groß. Trotzdem müssen wir daran arbeiten. Es fährt sich besser ohne Schaukeln als mit."

Der 24-jährige Monegasse fühlt sich für zwei harte Jahre, in denen Ferrari sieglos blieb, belohnt: "Wir haben unsere Schwächen, die wir 2020 und 2021 noch hatten, Schritt für Schritt abgestellt. Ich habe jetzt ein Auto, das mich nicht mehr zwingt, spezielle Dinge zu tun, um mehr Speed rauszuholen." Leclerc hat auch vor dem Wettrüsten mit Red Bull keine Angst: "Ich vertraue den Leuten, die dieses Auto gebaut haben. Es sind die gleichen, die es auch weiterentwickeln werden."

Carlos Sainz - GP Australien 2022
Motorsport Images

Imola kein normales Rennen

Charles Leclerc führt mit 34 Punkten Vorsprung auf George Russell die WM-Wertung an. Carlos Sainz ist trotz seines Ausfalls in der zweiten Runde immer noch Dritter. Der Spanier wollte zu schnell zu viel. Er war beim Start um fünf Positionen abgestürzt. Die harten Reifen waren noch nicht voll auf Temperatur als Sainz im Sandwich zwischen Valtteri Bottas und Mick Schumacher in Kurve 9 die Kontrolle über sein Auto verlor und in das Kiesbett segelte.

Der WM-Dritte war untröstlich, dass seine Serie von Zielankünften gerissen ist. "Ich wusste, dass es einmal passieren würde, aber mit diesem Auto auszufallen bedeutet jedes Mal eine große Chance wegzuwerfen."

Ob ein Lenkradwechsel in der Startaufstellung der Grund für den schlechten Start war, muss noch untersucht werden. "Eigentlich dürfte es nicht sein, denn die Lenkradeinstellungen müssen bei einem Tausch unter Parc-Fermé-Bedingungen die gleichen sein", entgegnete Binotto.

Das dritte Rennen des Jahres kehrte die Qualitäten der roten Autos hervor. Sie sind unabhängig von der Asphalttemperatur und dem Reifentyp schnell, über eine Runde und über die Distanz, sie sind zuverlässig wie Panzer und schonen die Reifen. Da traute sich sogar Leclerc zu sagen: "Wenn es in dem Stil weitergeht, dürfen wir an die Meisterschaft denken."

Nicht denken will Leclerc an das Heimspiel in Imola in zwei Wochen. Nach zwei Ferrari-Siegen werden die Tifosi Kopf stehen. Ein Sieg ist praktisch Pflicht. "Wir müssen Imola als ein ganz normales Rennen betrachten und dürfen uns nicht ablenken lassen", fordert Leclerc.