Ferrari und Red Bull in Budapest-Quali geschlagen

Ferrari und Red Bull geschlagen
Motor lässt Verstappen im Stich

GP Ungarn 2022

Die Formel 1 erzählte am Samstag von Budapest zwei verrückte Geschichten. Der Tag begann mit Regen und einer Bestzeit für Nicholas Latifi im Williams. Er endete unter Sonnenschein mit der ersten Pole Position für George Russell im Mercedes. Fahrer und Team konnten sich es nicht erklären, wieso der W13, der am Trainingsfreitag noch eine Schnecke war, sich plötzlich in einen silbernen Geparden verwandelte.

Bei Ferrari und Red Bull hatte man hingegen Erklärungen. Die beiden Spitzenmannschaften der bisherigen Saison blieben unter ihren Möglichkeiten. Ferrari, weil man mit den Reifen zu kämpfen hatte. Red Bull, weil ein Technik-Problem den Vorwärtsdrang von Max Verstappen stoppte. Der zweite Fahrer im RB18 schaute im dritten Qualifikations-Teil ohnehin nur noch zu. Für Ferrari war die Qualifikation eine noch verschmerzbare Niederlage, für Red Bull eine echte Pleite.

Carlos Sainz - Ferrari - GP Ungarn 2022 - Budapest
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Ferrari kommt aus Tritt

Am Freitag waren die roten Autos noch geflogen. Leclerc zerstörte die Konkurrenz auf eine Runde wie im Longrun. Da lagen die Außentemperaturen aber noch bei 33 Grad, und der Asphalt glühte bei mehr als 50 Grad Celsius. Einen Tag später kühlte der Hungaroring um rund 20 Grad ab. Außerdem wechselte der Wind die Richtung. Das brachte die schnellen Ferrari aus dem Tritt. Die Fahrer sprachen davon, dass das Handling ihres F1-75 nicht mehr das beste gewesen sei.

Eigentlich ist der Ferrari das Auto, das unter allen Verhältnissen funktioniert. Eigentlich trifft der F1-75 zuverlässig sein Arbeitsfenster und das der Reifen. Egal, welcher Streckentyp, egal ob es warm oder kalt ist, ob es regnet oder trocken ist, ob harte oder weiche Reifen aufgeschnallt sind. In der Qualifikation jedoch kamen die Ferrari wegen der veränderten Wetterbedingungen aus dem Tritt. Die Überlegenheit des Vortages war dahin. Mercedes war schneller in Q1, Red Bull flotter in Q2 und Mercedes abermals im Finale.

Red Bull, am Vortag noch drei Zehntelsekunden zurück, bewegte sich plötzlich auf Augenhöhe mit den Roten. "Wir haben das Setup von Freitag auf Samstag mit Verdacht auf die kühleren Verhältnisse umgestellt. Es hat funktioniert", berichtete Red Bulls Sportchef Helmut Marko. Die Fahrzeugbalance war mehr nach dem Geschmack von Verstappen. Es sollte der einzige positive Aspekt am Qualifikations-Samstag für seine Mannschaft bleiben.

Das Problem mit den Reifen

Ferrari entwickelte sich dagegen rückwärts. Leclerc erkannte sein Auto nicht wieder. "In Q1 und Q2 war es noch ziemlich gut. Aber speziell in Q3 hatte ich massive Probleme mit den Reifen, nachdem die Sonne herausgekommen war." Die Streckentemperatur kletterte prompt von rund 27 auf 31 Grad Celsius. Und das rote Auto mit der Startnummer 16 rutschte um die Strecke. Die Reifen, speziell die hinteren, schwankten zwischen zu kalt und zu heiß. Zu kalt am Anfang der Runde, zu heiß am Ende. So sprang für den WM-Zweiten nur der dritte Platz heraus – hinter Russell und dem Teamkollegen.

Carlos Sainz kam mit dem Ferrari besser zurecht. Der Spanier distanzierte Leclerc um 0,146 Sekunden und schrammte selbst nur um 44 Tausendstel an seiner zweiten Pole vorbei. Er fasste sich an die eigene Nase. "Ich hatte in der Qualifikation eigentlich alles im Griff. Wir haben die richtigen Schritte unternommen, die mir mehr Vertrauen ins Auto geschenkt haben. Meine letzte Runde war leider nichts Spezielles. Mit einer perfekten Runde wäre ich da oben gestanden." Das erzählen auch die Idealzeiten der Fahrer. Die besten Sektorzeiten addiert wäre Sainz eine Zeit von 1.17,209 Minuten gefahren. Eineinhalb Zehntel schneller als Russell, der seine besten Sektoren in die Pole-Runde am Ende packte. "Carlos hat einmal im ersten Sektor etwas verloren und einmal im dritten", verrät Teamchef Mattia Binotto.

Von den Startplätzen zwei und drei lässt sich auf dem Hungaroring trotzdem gewinnen. "Wir konzentrieren uns auf uns. Wir sind schnell und können hoffentlich im Rennen Positionen gewinnen", sagt Leclerc. Der Monegasse sieht eine offene Strategie. "Alles zwischen einem und drei Stopps ist möglich." Der Teamkollege sieht den Schlüssel zum Sieg im Reifenmanagement. "Am Freitag war die Reifenabnutzung ziemlich hoch." Da war es jedoch heiß. Auch am Rennsonntag soll es kühler bleiben. "Wir müssen das Rennen offen angehen. Es wird ein langer Grand Prix. Die Rennpace der Mercedes ist die große Unbekannte", glaubt der Spanier.

Sergio Perez - Red Bull - GP Ungarn 2022 - Budapest
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Verstappens Motoren-Pech

Mit Red Bull wird sich Ferrari bei einem normalen Rennverlauf nicht herumschlagen müssen. Die WM-Führenden sahen sich mit Verstappen um die Pole kämpfen. "Wir waren dazu in der Lage. Das zeigt das Q2", sagt Sportchef Marko. Doch am Ende produzierte Verstappen erst einen Fehler in seiner ersten fliegenden Q3-Runde. Danach ließ ihn der Antrieb im Stich.

Der Weltmeister lenkte seinen RB18 für den zweiten Versuch auf weichen Reifen aus der Garage, allerdings spürte er nicht mehr die volle Leistung. Sein Renningenieur funkte ihm mehrmals Anweisungen ins Cockpit. Verstappen setzte sie um. Doch keine der Maßnahmen fruchtete. Weil es nicht die Software, sondern die Hardware betraf. "Es war ein mechanisches Problem", referiert Marko. "Wir müssen eine Komponente für das Rennen wechseln, gehen aber straffrei aus." Sein Starfahrer berichtete enttäuscht: "Es ist sehr frustrierend. Die Qualifikation lief wirklich gut für uns. Wir hatten eine gute Pace, waren konkurrenzfähig, und dann dieses Ergebnis."

Verstappen ist mit seinem Kontingent im grünen Bereich. Er verwendete in dieser Saison zwei Motoren, zwei Turbolader, zwei MGU-H und zwei MGU-K. Erlaubt sind jeweils drei Einheiten für die 22 Rennen. Bei Batterie und Leistungselektronik steht jeweils eine 1 in der Liste. Hier sind zwei Komponenten erlaubt. Vom zehnten Startplatz dürfte Verstappen nichts mit der Vergabe des Sieges zu tun haben. Marko fürchtet: "Ein Podest ist illusorisch." Der Hungaroring gehört zu den Rennstrecken im Kalender, auf denen Überholen besonders schwer ist. So kann es für Red Bull nur um Schadensbegrenzung gehen.

Eine Breitseite gab es noch für die Rennleitung, die Sergio Perez die erste Q2-Runde strich und sie Minuten später wieder anerkannte. Man konnte dem Mexikaner doch keinen Verstoß gegen die Track Limits in Kurve fünf nachweisen. "Das hat ihn aber durcheinander gebracht. Die Formel 1 ist ein Milliardengeschäft, und sie können die Streckenlimits nicht richtig überwachen. Zum dritten Mal in Folge nach Österreich und Frankreich", urteilt Sportchef Marko. Da kann man dem Grazer Doktor nur zustimmen. Im zweiten Versuch stand Perez der Haas von Magnussen im Weg. "Das hat mich in Kurve zwei ein paar Zehntel gekostet."