Es war das erste Rennen in diesem Jahr, in dem Ferrari null Chancen auf das Podium hatte. Es war die erste Qualifikation in diesem Jahr, in dem die Pole Position über eine halbe Sekunde außer Reichweite lag. Wenn Ferrari in seiner Paradedisziplin schwächelt, dann muss ein gravierendes Problem vorliegen. Teamchef Mattia Binotto gab zu, dass man mit seinem kleinen Turbolader in der dünnen Luft nicht optimal gerüstet war. Das zwang Ferrari, die Leistung der Motoren zu drosseln.
Zum Glück gibt es nur ein Mal Mexiko im Jahr. Ferraris Rennen in der Versenkung wird deshalb ein Einzelfall bleiben. In Singapur und Austin hatte man es noch auf die Pole Position geschafft. Auch in Suzuka war man zweitschnellste Kraft. In Austin bezahlte Ferrari für eine unverschuldete Kollision zwischen Carlos Sainz und George Russell und für eine Motorstrafe für Charles Leclerc. Als Zwölfter beim Start war mehr als der dritte Platz nicht zu erwarten. "Ich sehe da keinen negativen Trend. Mexiko war ein Ausreißer", bilanziert Binotto.

Ferrari taktiert richtig
In Mexiko fing sich Ferrari eine bittere Klatsche ein. Sainz kam 58 Sekunden hinter dem Sieger ins Ziel, und bei Leclerc hätte nicht viel gefehlt, und er wäre überrundet worden. Dabei hatte Ferrari taktisch alles richtig gemacht. Man setzte wie Red Bull auf die Reifenfolge soft-medium. Man hatte schon am Freitag erkannt, dass der Soft-Reifen ein guter Rennreifen sein könnte. Was fehlte, waren die Longruns aus dem zweiten Training, das Pirelli-Reifentestfahrten zum Opfer fiel. Dann hätte man vielleicht festgestellt, dass die Reifenabnutzung mit der gewählten Abstimmung höher war als erwartet.
Eigentlich spielte es für Ferrari keine Rolle, auf welche Runden man die Boxenstopps legte. Und auch der 3,5 Sekunden lange Boxenstopp von Sainz, weil es rechts vorne klemmte, machte keinen Unterschied. "Wir waren zu schnell für das Mittelfeld und zu langsam für die Spitze", stellte Leclerc sachlich fest.
Ferrari bezahlte am Sonntag noch mehr für die Kompromisse, die ihnen das Power-Defizit aufzwang als am Samstag. Die beiden F1-75 hatten sichtbar weniger Grip und eine schlechtere Balance als die Konkurrenz. Leclerc litt darunter mehr als Sainz. Das beschleunigte die Reifenabnutzung.

Ferrari stoppt Entwicklung früher
Teamchef Binotto wollte nicht alles darauf schieben, dass dem stärksten Motor in der Ebene auf 2.238 Meter Höhe die Luft ausging. "Wir waren auch in anderen Bereichen nicht im komfortablen Bereich und müssen uns fragen, was das für Gründe hat." Es war klar, dass die Unpässlichkeiten des Motors auch dem Setup gewisse Einschränkungen abverlangten. Binotto bestritt aber, dass man deshalb Abtrieb geopfert hätte. "Das haben wir im zweiten Training probiert, aber es hat nicht funktioniert."
Ferraris Capo notierte zufrieden, dass man taktisch alles richtig gemacht habe. Wenn es mal nicht so war in dieser Saison, sei man übermäßig dafür gerügt worden. "Mercedes hat sich jetzt zwei Mal in der Reifenwahl vergriffen, und keiner fällt über sie her. Bei Ferrari werden Fehler immer doppelt so hart kritisiert." Das gilt auch für Pannen beim Boxenstopp. Red Bull hatte mit Sergio Perez den zweiten in Folge zu beklagen. In Austin traf es Max Verstappen. Wenn Sainz mal eine Sekunde länger als geplant steht, wird daraus gleich ein Drama gemacht.
Noch liegt Ferrari in der Konstrukteurs-Wertung 40 Punkte vor Mercedes. "Es war wichtig, in einem schlechten Rennen beide Autos ins Ziel zu bringen. Wir können uns darauf natürlich nicht verlassen und müssen in Brasilien und Abu Dhabi unsere alte Form erreichen", fordert Binotto. Dass Mercedes in den letzten Rennen aufgeholt hat, ist für den ersten Mann bei Ferrari keine Überraschung. "Mercedes hat zuletzt sein Auto aggressiver entwickelt. Wir sind früher ausgestiegen und haben uns voll auf 2023 konzentriert."