Vorschau Grand Prix Emilia-Romagna in Imola

Vorschau GP Emilia-Romagna
Ferrari und Red Bull legen in Imola nach

Die Formel 1 kehrt zurück nach Europa. Mit dem Rennen in Imola steht als siebte Station ein echtes Highlight auf dem Programm. Nachdem der Emilia-Romagna-Grand-Prix in der vergangenen Saison wegen massiver Überschwemmungen in der Region abgesagt werden musste, wird die Rückkehr des Formel-1-Zirkus am oberen Ende des Stiefels dieses Jahr besonders fieberhaft erwartet.

Die Ankündigung eines großen Upgrade-Pakets bei Ferrari hat die Vorfreude der Tifosi noch weiter gesteigert. Bei Testfahrten im Rahmen eines Filmtags in Fiorano bekamen die Paparazzi am Streckenrand schon einmal einen kleinen Vorgeschmack von den neuen Teilen. Die Seitenkästen zeigen sich komplett umgebaut und tragen mit ihrem Überbiss nun Anleihen von Red Bull. Auch am Unterboden, der Motorhaube und dem Heckflügel wurde Hand angelegt.

Wie gut große Upgrade-Pakete einschlagen können, hat McLaren gerade erst in Miami gezeigt. Lando Norris raste bei der Jungfernfahrt der B-Version direkt zum ersten Formel-1-Sieg seiner Karriere. Marktführer Red Bull will aber nicht einfach zusehen, wie die Verfolger links und rechts vorbeiziehen. Auch das Team von Adrian Newey hat angeblich ein paar neue Teile für den Europa-Auftakt im Gepäck.

Noch gibt es die Gegner eine Chance, Red Bull abzufangen. Doch Imola dürfte richtungsweisend für den Rest der Saison sein. So langsam muss die Konkurrenz mit der Aufholjagd beginnen, sonst fährt der WM-Zug in die gleiche Richtung ab, wie in den letzten beiden Jahren. Ein wichtiger Faktor ist wie immer das Wetter. Nach Schauern am Donnerstag soll es den Rest des Wochenendes trocken bleiben. Die Temperaturen dürften nach letzten Prognosen im moderaten Bereich, knapp über der 20°C-Grenze liegen.

Formel 1 - GP Emilia-Romagna 2023 - Imola
STINGER via Getty Images

Die Strecke: Autodromo Enzo e Dino Ferrari

Imola ist eine wunderbare Rennstrecke für die Fahrer. Auf einer Qualifikations-Runde mit leeren Tanks und neuen Reifen können sie es hier richtig fliegen lassen. Valtteri Bottas eroberte 2020 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 240 km/h die Pole-Position. Doch die schnelle Rennstrecke vom alten Schlag hat auch ihre Kehrseite.

Überholen ist trotz eines über einen Kilometer langen Vollgasstücks schwierig. Die Gerade ist zwar lang, die Fahrbahn aber vergleichsweise schmal. In den schnellen Rivazza-Kurven davor leidet der Hintermann in den Turbulenzen. Aufgrund der geringen Streckenbreite ist es kaum möglich, versetzt zu fahren, und dadurch der verwirbelten Luft auszuweichen. Im Prinzip ist es nur auf den Stadtkursen von Monte-Carlo und Singapur komplizierter zu überholen.

Die Rennstrecke befindet sich zwischen Bologna und der Adria-Küste, und war zwischen 1980 und 2006 fester Bestandteil des Rennkalenders der Formel 1. Zuerst als Ersatz für Monza, ab 1981 dann als GP San Marino. Mit der Rückkehr auf die Traditionsbahn 2020 änderte sich die Streckenführung. Die Zielschikane – genannt Variante Bassa – wurde ausgebaut, um ein rund 1,2 Kilometer langes Vollgasstück zu schaffen.

Sebastian Vettel - McLaren MP4/8 - Goodwood Festival of Speed 2023
Motorsport Images

Damit erreichen die Autos zwischen der Rivazza-Doppel-Links und der Tamburello-Schikane deutlich höhere Spitzengeschwindigkeiten. Am Ende der Zielgeraden werden fast 330 km/h gemessen. Zwei Schikanen unterbrechen den Fluss im ersten Streckenabschnitt. Im Mittelsektor folgt auf die Tosa-Haarnadel, die langsamste Kurve der Strecke, erst ein Bergaufstück und dann eine schnellere Kurvensequenz.

Zunächst schießen die Autos durch die Linkskurve Piratella, um sich danach in die Acque Minerali zu stürzen. Es geht dabei zunächst linksherum durch eine Senke, gefolgt von einer Doppel-Rechts, an deren Ausgang die Strecke wieder bergauf führt. Der letzte Sektor beginnt mit einer Schikane (Variante Alta) und endet nach Rivazza auf der Zielgeraden, die wegen kleinerer Windungen nicht kerzengerade verläuft.

Fehler werden auf dem 4,909 Kilometer langen Kurs noch richtig bestraft. Den Old-School-Charme verleihen Imola einige Auslaufzonen, die nicht asphaltiert sind, sondern aus Gras und Kies bestehen.

Pirelli-Grafik - GP Emilia-Romgana - Imola - 2024
Pirelli

Fast Facts Imola

    Streckenlänge: 4,909 KilometerRennrunden: 63Renndistanz: 309,049 KilometerAnzahl Kurven: 19 (9 rechts, 10 links)Distanz Pole bis erste Bremszone: 399 mLänge Boxengasse unter Speed-Limit: 548 m (24,7 Sek. Durchfahrtszeit)Vollgasanteil (Rundenzeit): 71 Prozent / Vollgasanteil (Rundendistanz): 76 %Pirelli-Reifen: C3, C4, & C5DRS-Zonen: 1 (Zielgerade)
Carlos Sainz - Imola - 2022
Motorsport Images

Das Setup

Drei Schikanen, eine Haarnadel, langsame bis schnelle Kurven – dazu ein langes Vollgasstück: Imola ist eine technisch anspruchsvolle Rennstrecke, die mit einem breiten Spektrum an Kurventypen und einer langen Gerade nach einem Kompromiss beim Setup verlangt. Die Abstimmungsarbeit dürfte dieses Jahr durch die Erprobung der vielen Upgrades noch erschwert werden.

Auf der Traditionsbahn, die gegen den Uhrzeigersinn verläuft, zählen Motorleistung, Traktion und Bremsstabilität. Um gut aus den langsamen Ecken zu kommen, sollten die Mechaniker die Autos auf der Hinterachse nicht zu hart abstimmen. Allzu tief können sie nicht gelegt werden, sonst droht Ungemach auf den Bodenwellen und den stellenweise hohen Randsteinen.

Imola gehört zu den Power-Strecken im Rennkalender. Vom Ausgang der letzten Kurve bis zum ersten Bremspunkt vor Kurve zwei laufen die Motoren für rund 15 Sekunden unter Volllast. Wer hier zu wenig Leistung hat und mit zu großen Flügeln fährt, wird abgestraft. Die Rennstrecke belohnt eine effiziente Aerodynamik.

Pirelli bringt die weichsten Mischungen C3, C4 und C5 nach Imola. Beim letzten Gastspiel 2022 ging der Lieferant noch eine Stufe härter. Wir sind gespannt, ob die Maßnahme den Verschleiß erhöht. Nicht ganz ungefährlich für die Reifen sind die Randsteine an den Kurvenausgängen. Sie erzeugen Frequenzen, die für strukturelle Schäden sorgen können. So erlitt Max Verstappen 2020 einen Reifenschaden, der ihn ins Kiesbett der Villeneuve-Schikane warf.

Oscar Piastri - Formel 1 - GP Miami 2024
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Upgrades

Imola ist das erste Europa-Rennen des Jahres. Aus logistischer Sicht ist es daher logisch, Upgrades hier an die Rennstrecke zu bringen, weil die Wege zu den Fabriken kurz sind. Da es sich bei den letzten beiden Grands Prix zuvor in Shanghai und Miami um Sprint-Wochenenden mit nur einem Freien Training handelte, erwarten wir in diesem Jahr ein noch größeres Technik-Feuerwerk als sonst.

Praktisch alle Teams haben mehr oder wenige große Pakete angekündigt. Wie eingangs schon erwähnt, dürften am Freitag alle Augen auf Ferrari gerichtet sein, wenn die umgebauten Göttinen erstmals ihre Garagen verlassen. Die ersten Daten von der Jungfernfahrt der B-Version in Fiorano sollen bereits vielversprechend gewesen sein. Allerdings waren die Reifen, die bei 200-Kilometer-Filmtagen verwendet werden müssen, nicht sehr repräsentativ.

Red Bull hat zuletzt ein großes Geheimnis daraus gemacht, wie umfangreich das Imola-Paket ausfallen wird. Gut möglich, dass geplanten Modifikationen am Ende über mehrere Rennen ausgebreitet werden, um sich nicht zu verzetteln. Auch Aston Martin will noch einmal nachlegen. Das Alonso-Team war ja schon in Japan mit neuen Verkleidungsteilen aufgeschlagen.

Bei McLaren bekommt nun auch Oscar Piastri das komplette Paket. In Miami hatten dem Australier noch die neuen Seitenkästen und der Unterboden gefehlt. Allerdings muss Piastri die für ihn neue Strecke in Imola erst einmal lernen. Bei Haas wird die erste große Ausbaustufe vervollständigt. Hier darf Nico Hülkenberg nun auch mit dem neuen Unterboden fahren, den in Miami zunächst nur Kevin Magnussen ausprobieren durfte. Auch für Hülkenberg ist Imola übrigens Neuland.

Sauber will ebenfalls eine größere Ausbaustufe zünden. Neben neuen Aerodynamik-Teilen sollen nun auch endlich die modifizierten Radmuttern und Radnaben fertig sein, um die Boxenstopp-Probleme des Schweizer Teams endgültig zu beheben. Wir sind gespannt, wie sich das Kräfteverhältnis im Mittelfeld generell verändert und ob ein Team aus der zweiten Hälfte den Anschluss an die fünf Top-Teams schaffen kann.

Ferrari - GP Emilia Romagna - Imola - 2022
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Die Favoriten

Imola wird zeigen, ob Miami nur ein Ausrutscher von Red Bull war, oder ob die Konkurrenz das Weltmeister-Team weiter unter Druck setzen kann. Die Strecke in Imola sollte dem RB20 wieder besser liegen. Aber auch dem McLaren MCL38 dürfte das schnelle Layout schmecken. Das größte Fragezeichen schwebt über Ferrari. Reicht das Upgrade aus, um endlich wieder um den Sieg zu kämpfen? Wir sind eher vorsichtig und würden unser Geld auf Red Bull setzen.

Mercedes und Aston Martin konnten zuletzt nicht in den Dreikampf um die Spitze eingreifen. Beide Werksteams warten immer noch auf das erste Podium des Jahres. Mercedes muss endlich beim Setup Fortschritte machen, um mehr Konstanz zu finden. Bei Aston Martin müssen schnell Upgrades her, um den hohen Reifenverschleiß im Rennen zu lindern.

Bei den fünf hinteren Teams hat zuletzt Toro Rosso den stärksten Eindruck hinterlassen. In Miami konnten Yuki Tsunoda und Daniel Ricciardo genauso viele Punkte sammeln wie Mercedes. Die Abstände nach vorne waren eng, aber im Rückspiegel drohte auch immer Gefahr von Nico Hülkenberg und den verbesserten Alpine-Rennern. Bei Sauber muss man hoffen, dass das Upgrade einschlägt. Sonst wird es wieder nichts mit WM-Punkten.

Max Verstappen - GP Emilia Romagna - Imola - 2022
Red Bull

So lief das Rennen beim letzten Imola-GP:

Vor 12 Monaten sorgte der Regen für einen Ausfall des kompletten Events. Aber auch vor zwei Jahren spielte das Wetter in Imola schon eine Hauptrolle. Am Sieg von Max Verstappen konnten die Schauer und wechselnden Streckenbedingungen aber nichts ändern. Von der Pole Position lieferte der Holländer eine souveräne Vorstellung ab. Für den Start mussten alle Autos mit Intermediates bestückt werden. Nach einem Renndrittel war die Piste so weit abgetrocknet, dass auf Slicks gewechselt werden konnte.

Weil Carlos Sainz schon in der ersten Schikane von Daniel Ricciardo ins Aus bugsiert wurde, hatten die beiden Red Bull mit Charles Leclerc nur einen echten Gegner. Ein schlechter Start von Platz zwei hatte den Monegassen aber früh zurückgeworfen. Die Scuderia versuchte alles, um Leclerc mit der Strategie nach vorne zu bringen. Dazu ging der Pilot im Cockpit volles Risiko.

Doch beim Versuch, Perez neun Runden vor Schluss unter Druck zu setzen, übertrieb es die Ferrari-Speerspitze. In der Variante Alte verlor der damalige WM-Leader die Kontrolle über sein Auto und drehte sich in die Bande. Leclerc konnte die Fahrt zwar fortsetzen, musste sich aber einen neuen Frontflügel abholen. Das warf den Ferrari zunächst bis auf Rang neun zurück. In den letzten Runden kämpfte sich Leclerc immerhin noch auf Rang sechs zurück. Lando Norris staubte den dritten Podiumsplatz ab.