Das Verhältnis zwischen Stefano Domenicali und Mohammed Ben Sulayem war schon kurz nach Amtseinführung des FIA-Präsidenten angeknackst. Für den ersten Ärger sorgte die aus Sicht der F1-Bosse unzureichende Aufarbeitung des Abu-Dhabi-Finales 2021. Beim neuen Motorenreglement für 2026 wurde im vergangenen Sommer erneut gestritten, weil es zu Verzögerungen bei der Absegnung durch den Weltverband kam.
Bei der Frage, ob Andretti Autosport als elftes Team zur Königsklasse stoßen darf, entzündete sich der Streit in den letzten Monaten erneut. Die FIA schlug sich fast schon euphorisch auf die Seite des möglichen Neueinsteigers, die F1-Bosse reagierten dagegen reserviert. Selbst als Andretti vor wenigen Wochen Cadillac ins Boot holte, wollte bei den Rechteinhabern keine große Begeisterung aufkommen.
Im Kampf der FIA gegen das F1-Management scheint nun eine neue Front eröffnet zu werden. Wie das US-Finanzmagazin "Bloomberg" berichtet, soll der Staatsfonds von Saudi-Arabien mit dem Gedanken spielen, die Königsklasse komplett zu übernehmen. Dabei steht angeblich ein Kaufpreis von mehr als 20 Milliarden US-Dollar im Raum.
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Formel 1 als Spekulationsobjekt
Wie Bloomberg berichtet, sollen die arabischen Investoren im Vorjahr schon einmal einen Anlauf gestartet haben. Damals seien sie abgeblitzt, heißt es, trotzdem soll das Interesse an einer Übernahme weiterhin bestehen. Für Liberty Media würde der Verkauf einen saftigen Gewinn versprechen. Das US-Unternehmen hatte im Jahr 2017 die Kontrolle über die Königsklasse übernommen. Neben dem Kaufpreis für die Anteile (4,4 Milliarden US-Dollar) wurden seitens Liberty Media auch noch bestehende Verbindlichkeiten in der Höhe von 4,1 Milliarden US-Dollar übernommen.
Bei der FIA blickt man dagegen skeptisch auf einen möglichen Verkauf der Formel 1. Präsident Ben Sulayem befürchtet, dass neue Eigentümer nur auf schnelle Gewinne aus sein könnten. "Die FIA als Hüter des Motorsports und als Non-Profit-Organisation reagiert zurückhaltend, was das überhöhte Preisschild von 20 Milliarden Dollar für die Formel 1 angeht", twitterte der ehemalige Rallye-Pilot.
Ben Sulayem rief Interessenten öffentlich zu einem verantwortungsbewussten Handeln auf: "Jeder mögliche Käufer sollte gesunden Menschenverstand walten lassen, das Wohlergehen des Sports im Auge behalten und einen klaren, nachhaltigen Plan mitbringen – nicht nur einen Haufen Geld. Es ist unsere Aufgabe, die Folgen erhöhter Grand-Prix-Gebühren und anderer Kosten für die Promoter und die daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf die Fans abzuschätzen."
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Böser Brief an die FIA
Die F1-Bosse reagierten mit Verärgerung auf die Aussagen des FIA-Präsidenten. Das Justiziariat der Königsklasse ließ sogar einen deftigen Brief aufsetzen, in dem man sich weitere Einmischungen in kommerzielle Angelegenheiten der Formel 1 verbitte. Die Aussagen auf den sozialen Kanälen seien inakzeptabel gewesen, heißt es darin. Das Schreiben wurde nicht nur in die FIA-Zentrale nach Paris geschickt, sondern an die zehn Teams weitergeleitet.
Noch unter Max Mosley hatte die FIA im Jahr 2000 die Nutzungsrechte am Begriff "Formel 1" für 100 Jahre abgetreten. Bernie Ecclestone legte damals 300 Millionen US-Dollar auf den Tisch. Im Vergleich zum heutigen Wert der Königsklasse eine lächerlich niedrige Summe. Dia FIA stimmte damals zu, sich aus kommerziellen Angelegenheiten rauszuhalten und sich nur um die Sicherheit und die Überwachung der Regeln zu kümmern.
Die Tatsache, dass Ben Sulayem einen möglichen Verkaufspreis von 20 Milliarden US-Dollar am Rande der Rallye Monte-Carlo als übertrieben hoch bezeichnete, könnte auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Sollten die Aussagen Auswirkungen auf den Aktienpreis haben, besteht möglicherweise ein Anspruch auf Schadensersatz für die Anleger.
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Kein Verkauf ohne FIA-Zustimmung
Obwohl sich die FIA nicht in kommerzielle Entscheidungen einmischen darf, ist die Angelegenheit für das Formel-1-Management nicht so einfach, wie es klingt. Bei einem Verkauf der Rechte würde die sogenannte "Don-King-Klausel" in Kraft treten. Der Sonderparagraf im Vertrag wurde nach einem legendären Box-Promoter benannte und sichert der FIA stets ein Veto-Recht zu, sollte mal wieder ein möglicher Besitzerwechsel anstehen.
FIA-Präsident Ben Sulayem forderte am Rande der Rallye Monte-Carlo deshalb noch einmal ein, dass die FIA bei möglichen Verkaufsverhandlungen mit am Tisch sitzt. "Die Meisterschaft gehört uns, wir haben sie nur vermietet. Bisher handelt es sich nur um Gerüchte, was einen möglichen Verkauf angeht. Aber die FIA sollte ein Mitspracherecht haben und mit Ratschlägen zur Seite stehen dürfen."