Budget Cap: Mit Basis-Auto zu F1-Testfahrten?

Budget-Cap als Fußfessel
Mit Basis-Auto zu Testfahrten?

2022 wird in der Formel 1 alles anders. Die Königsklasse will sich mit neuen Autos noch attraktiver machen, und stellt damit die Ingenieure der zehn Teams vor eine besondere Herausforderung. Neue Aerodynamik, Rückkehr zum Ground Effect, größere Räder, andere Mechanik, mehr Standardbauteile: Vielleicht nie zuvor in der 72-jährigen Geschichte der Formel 1 wurde das Regelwerk von einem Jahr aufs nächste so sehr auf links gedreht.

An die Budgetdeckelung konnten sich die Teams bereits im Vorjahr herantasten. Damals hatten sie maximal etwas weniger als 150 Millionen Dollar zur Verfügung. In dieser Saison fällt die Obergrenze auf 142,4 Millionen, sofern die Formel 1 die geplanten 23 Grand Prix durchziehen kann. Zur Erklärung: Das Regelwerk sieht 140 Millionen für 21 Rennen vor, und jeweils 1,2 Millionen extra für jeden weiteren Grand Prix.

Formel 1 - Auto - 2022 - 1:1-Modell - GP England - Silverstone
Motorsport Images

Budget Cap unter verschärften Bedingungen

Noch streiten die Top-Teams mit dem Rest darum, die Obergrenze um weitere fünf Millionen anzuheben. Ihr Argument: Sechs Sprintrennen belasten die (Unfall-) Budgets zusätzlich. Daran erkennt man, wie angespannt die Lage ist. Den Top-Teams um Mercedes und Red Bull steht das Wasser bis zum Hals, um den Finanz-Rahmen nicht zu sprengen. Da würde jede Erhöhung die Anspannung lockern.

Im Prinzip war das, was im letzten Jahr passierte, nur ein Vorgeschmack. Erst in diesem Jahr werden sich die Auswirkungen des Budget Caps in vollem Umfang zeigen. Warum? Für die Saison 2021 musste kein Team ein komplett neues Auto bauen. Etwa 70 Prozent der Teile wurden von den Vorjahres-Modellen übernommen, um in der Corona-Krise zu sparen.

Die Übernahme und Homologation von Bauteilen ist in Zeiten des Budget Caps gewissermaßen ein Luxus. Für die kommende Saison müssen die Teams ihre Rennwagen von Grund auf neu denken – und aufbauen. Praktisch jedes Teil ist neu. Da steigen die Entwicklungskosten. Und vom begrenzten Geld soll natürlich so viel wie möglich in die Entwicklung fließen.

Formel 1 - Showcar - F1 2022
Wilhelm

Basis-Paket mit Mehrkosten verbunden

Die Regelrevolution in Kombination mit der Kosten-Obergrenze macht die Planung besonders kompliziert. Die Teams standen im Winter vor der Frage: Tauchen wir bereits bei den ersten Testfahrten in Barcelona mit dem Auto auf, das im ersten Rennen eingesetzt werden soll? Oder beschränken wir uns auf eine Basis-Version, um in der Fabrik länger für den Saisonstart zu entwickeln?

Für Punkt 2 spricht: Die neuen Autos sind für jeden noch so neu, dass die Lernkurve steil ist. Der Performance-Gewinn fällt mit jeder Stunde im Windkanal, mit jeder weiteren Entwicklungsschleife hoch aus. Deshalb würde es Sinn machen, bei den ersten Testfahrten in Barcelona (23.-25. Februar) erst einmal mit einem Basis-Fahrzeug anzutreten, um Kilometer zu sammeln, erste Erfahrungen zu machen und die Zuverlässigkeit abzuklopfen. Um dann für den zweiten Test in Bahrain (10.-12. März) eine Woche vor Saisonstart oder spätestens zum ersten Rennen aufzurüsten.

Mit diesem Ansatz hätte man sich ein paar Wochen mehr Entwicklungszeit in der Fabrik "erkauft". Allerdings ist so ein Basis-Paket mit Mehrkosten verbunden. Mit Geld, das nicht mehr unendlich vorhanden ist, und später in der Saison dann vielleicht fehlt. Was wiederum ein Pro für den ersten Ansatz wäre – auch weil man als Team dann besser weiß, woran man ist, und wie es um die eigene Performance tatsächlich bestellt ist. Größere Upgrades sind immer mit einem Unsicherheitsfaktor verbunden.

Die Entscheidung über den Entwicklungsplan haben die Teams natürlich schon lange getroffen. Die Vorlaufzeit für die Produktion beträgt Wochen. Aus dem McLaren-Lager war zu hören, dass man Richtung eines Basis-Pakets tendiert.

Noch ein interessanter Aspekt: Es ist anzunehmen, dass ab den Barcelona-Testfahrten das große Kopieren im Feld beginnt. Weil jedes Team bei der Konkurrenz eine Idee sehen wird, auf die man selbst nicht gekommen ist. Das öffnet die nächste Facette. Um Ideen nachzubauen und für das eigene Auto zu adaptieren, braucht man Budget. Das könnte bedeuten, dass Teams einen gewissen Teil für Entwicklungsausgaben zurückhalten, um später noch reagieren zu können.