Die aktuelle Diskussion um biegsame Heckflügel ist noch nicht vom Tisch, da naht schon das nächste Schreckgespenst. Bei den 2022er Autos könnten flexible Teile zu einem brisanten Thema werden. Wir haben nachgefragt und erklären, welcher Streit in der kommenden Saison droht.
In Katar ging die Heckflügel-Episode in ihre nächste Runde. Red Bull hatte die FIA in Brasilien mit Unterlagen gefüttert, wie sich ihrer Meinung nach der Mercedes-Heckflügel verbiegt. Demnach soll sich das Hauptblatt ab einer bestimmten Last nach unten drücken. Nur eine Woche später hatte sich der Weltverband ein Testverfahren ausgedacht, mit dem Red Bulls Bedenken ausgeräumt werden sollten.
Dabei wurden zwei 35 Kilogramm-Gewichte an zwei Stellen an das vordere Ende des Heckflügel-Hauptblatts gehängt. Die FIA betrachtet den Test vorerst als Experiment. Die Prüfer wollten sehen, in welchem Spektrum sich die Flügelelemente verbiegen, um dann einen vernünftigen Grenzwert festzulegen. Der Test hatte keinerlei regulatorische Bedeutung, da er in keiner Technischen Direktive verankert ist. Wie zu hören war, ist keines der überprüften Autos negativ aufgefallen. Auch Mercedes nicht.
Der Wunsch von Red Bull, dass der Test schon bei den letzten beiden Saisonrennen verbindlich ist, wird sich nicht erfüllen. Einige andere Teams opponierten dagegen, weil es unmöglich gewesen wäre in der kurzen Zeit bis zum GP Saudi-Arabien die Flügel nachzurüsten, falls es nötig gewesen wäre. "Beim letzten Mal hat man allen zwei Monate Zeit gegeben zu reagieren", hieß es bei Alpine. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die FIA will die schärferen Flügel-Tests auf jeden Fall für 2022 einführen.
Die Einlässe in die Luftkanäle im Unterboden könnten nächstes Jahr schnell zu Bruch gehen.
Problemzone Diffusor-Leitbleche
Das Thema Biegsamkeit von Flügeln, Unterböden und Verkleidungsteilen wird die Formel 1 auch im nächsten Jahr verfolgen. Das 2022er Reglement setzt den Ingenieuren so enge Grenzen, dass sie ihr Heil darin suchen werden, bestimmten Komponenten flexibel auszulegen, fürchtet Formel-1-Technikchef Pat Symonds: "Wir müssen vor allem im Bereich der Flügelprofile unter dem Auto und dem Diffusor aufpassen. Da lässt sich mit bestimmten Tricks viel Rundenzeit holen."
Der Diffusor ist noch aus einem anderen Grund Problemzone. Bei den 2022er Autos entfällt die Stufe im Boden. Alle Teile, die der Straße zugewandt sind, haben den gleichen Abstand zum Boden. Das könnte auf Randsteinen zu vielen Materialbrüchen führen.
Im Fokus stehen dabei vor allem die vertikalen Luftleitbleche, die den vorderen Teil des Bodens und den Diffusor in unterschiedliche Kanäle aufteilen. "Wir wollten diese Leitbleche zu ihrem Schutz etwas höher setzen, aber das haben die Teams abgelehnt", bedauert Symonds.
Damit das Überprüfen der Autos nächstes Jahr nicht in zu viel Arbeit ausartet, hat die Formel 1 vorgesorgt. Das klassische Messen mit dem Zollstock wird Geschichte sein. Die Messplattform in der FIA-Garage ist dann nur noch dazu da die Autos zu wiegen.
Das Auto der Zukunft ist in Legalitätsboxen eingeteilt, die der FIA als 3D-Modell zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Technikkommissare können dann vor Ort das Auto mit Lasertechnik abscannen und so überprüfen, ob es den hinterlegten Vorgaben entspricht.
Die 2022er Autos werden noch mit DRS unterwegs sein. Langfristig soll die Überholhilfe aber abgeschafft werden.
Maximale Reduzierung des Luftwiderstandes
Wenn das Konstruktionsziel der 2022er Autos erreicht wird und das Hinterherfahren und Überholen tatsächlich einfacher wird, dann will die Formel 1 Schritt für Schritt den DRS-Bonus abschaffen. "Der Idealzustand wäre, dass wir DRS gar nicht mehr brauchen", hofft Symonds. Das könnte vielleicht schon 2024 so weit sein.
2026 wird DRS auf jeden Fall abgelöst. Dann will die Formel 1 auf eine "aktive" Aerodynamik umstellen. Nicht nur um die Autos beim Bremsen besser in Balance zu halten. Wenn 350 Kilowatt nur an der Hinterachse rekuperiert und später wieder abgegeben werden sollen, reicht Brake-by-Wire nicht mehr aus, das Auto bei Lastwechseln in Balance zu halten. Dann soll das Auto in einen Zustand von maximalem Anpressdruck versetzt werden.
Analog dazu nehmen die Flügel auf den Geraden dann eine Monza-Spezifikation ein. "Wenn wir unsere ehrgeizigen Spritverbrauchsziele einhalten wollen, müssen wir auf den Geraden den Luftwiderstand drastisch reduzieren. Das reduziert dann auch den Rollwiderstand der Reifen. Voraussetzung dafür ist, dass die Aerodynamik aktiv beeinflusst werden kann", erzählt Symonds.
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