F1-Strafsystem: Gasly droht Rennsperre

Gasly droht Rennsperre
Fahrer fordern angepasstes Strafsystem

GP Brasilien 2022

Pierre Gasly spricht von einer unkomfortablen und delikaten Situation. Ja, der Franzose in Diensten von Alpha Tauri findet es "sogar ein wenig peinlich, bei der Saison, die er gefahren ist". Gemeint ist nicht der WM-Stand. Als WM-14. hat Gasly in 20 Rennen erst 23 Punkte eingefahren. Im Vorjahr waren es 110 in Summe über die Saison.

Der 26-Jährige ist in einer Disziplin vorne, in der kein Fahrer an der Spitze gelistet werden will. In der Formel 1 ist es wie im Straßenverkehr. Für Verkehrsordnungswidrigkeiten kann es Strafpunkte geben. Gasly hat in 20 Rennen zehn davon angesammelt. Das prekäre an seiner Situation: Bei zwölf Punkten in der Sünderkartei ist sein Formel-1-Führerschein für ein Rennen weg.

Pierre Gasly - Alpha Tauri - GP Mexiko 2022
Motorsport Images

Gasly unter Druck

"Ein Rennen aussetzen zu müssen, wäre sicher eine sehr schwere Strafe", sagt Gasly. "Ich habe nicht das Gefühl, dass ich in den letzten Monaten besonders gefährlich gefahren bin. Eine Strafe hätte gravierende Auswirkungen auf die Fahrer- und die Team-Weltmeisterschaft." Dort kämpft Alpha Tauri in den letzten beiden Saisonrennen noch um den achten Platz gegen Haas. Es trennt sie ein Punkt. Es ist ein Kampf um viele Millionen aus der Rechteausschüttung der Formel 1.

Gasly kann sich keinen weiteren Fehltritt erlauben. Sonst muss er zusehen. In diesem Jahr haben ihn die Sportkommissare bei sechs Vergehen mit Punkten bestraft. In Spanien für die Kollision mit Lance Stroll (2). In Österreich für den Zusammenprall mit Sebastian Vettel (2). Und obendrein, weil er im Rennen mehrmals die Track Limits missachtet hatte (1). In Japan fuhr er unter Roter Flagge zu schnell (2). In den USA lag er unter Safety Car mehr als zehn Wagenlängen zurück (2). In Mexiko überholte er Stroll abseits der Rennstrecke (1).

Der Franzose muss sich zurückhalten. Und dass nicht nur in den verbleibenden Rennen 2022. Sondern auch beim Saisonstart 2023. Die Strafpunkte werden erst nach zwölf Monaten getilgt. Die ersten beiden verliert Gasly erst Mitte Mai. "Ich will jedes Rennen fahren – für Alpha Tauri und meinen kommenden Arbeitgeber Alpine. Es steht viel auf dem Spiel. Wer weiß, vielleicht habe ich 2023 sogar ein superschnelles Auto und kämpfe um die Weltmeisterschaft. Da könnte ich eine Strafe erst gar nicht gebrauchen."

Pierre Gasly - GP Italien 2022
xpb

Punkte nur für gefährliches Fahren

In diesem Fall übertreibt es Gasly. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er im Alpine um die WM fahren wird. Doch der Mann aus Rouen trifft auch einen Punkt mit seinem Klagelied. Das Strafsystem ist nicht ganz ausgewogen, wenn man jeweils zwei Zähler aufgebrummt bekommt, für gegensätzliche Vergehen. Wie zum Beispiel zu schnelles Fahren unter Rot. Das ist gefährlich und muss geahndet werden. Ein zu großer Abstand unter Safety Car wird punktemäßig gleich geahndet. Das sollte man hinterfragen.

Die Fahrerkollegen springen Gasly bei. Mercedes-Pilot George Russell meint: "Die Strafe entspricht manchmal nicht dem Verbrechen. Bei Pierre ist das der Fall. Es sollte nur Strafpunkte geben für rücksichtsloses und gefährliches Fahren." Alexander Albon pflichtet bei: "Ich habe drei Punkte auf meiner Lizenz für Verstöße gegen Track Limits. Das ist überhaupt nicht gefährlich. Dann habe ich noch zwei Punkte für die Kollision mit Stroll in Jeddah. Wir Fahrer waren uns einig, dass es aber nicht meine Schuld war."

Die Piloten wünschen sich Anpassungen am System. "Wir sprechen darüber, und ich denke, dass es eine Veränderung geben wird", sagt Williams-Fahrer Albon. Gasly hofft sogar, dass es am Brasilien-Wochenende zu einer Lösung kommt. "Ich kann mit diesem Risiko nicht ins nächste Jahr gehen. Hoffentlich finden wir einen guten Plan für 2023." Russell gehört das Schlusswort: "Manchmal reicht ein Beispiel, um den Leuten die Augen zu öffnen."