VW-Konzern und F1: Der Stand mit Porsche & Audi

VW-Konzern und die Formel 1
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Der Stand mit Porsche und Audi

Audi - Formel 1 - Konzept © Chris Paul Design 18 Bilder

Das Interesse an einem Einstieg in die Formel 1 soll groß sein im VW-Konzern. Doch seit Monaten bewegt sich wenig. Wir haben uns mit Akteuren im Fahrerlager über den möglichen Stand unterhalten.

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Die Formel 1 ist nach dem Corona-Einbruch wieder in gewohnte Flughöhe gestiegen. Rechteinhaber Liberty Media meldete für das vergangene Geschäftsjahr einen Umsatz von 2,136 Milliarden US-Dollar mit der schnellsten Sparte der Welt. 1,068 Milliarden davon kassierten die zehn Teams.

Vor Corona nahmen sie weniger ein. Die Plattform Formel 1 und ihre Teams stehen auf stabilen Füßen, sagt Sportchef Ross Brawn. Der Budgetdeckel schaffe einen Kontrollmechanismus. Dieses Jahr liegt er bei knapp über 140 Millionen Dollar. 2023 fällt die Budgetobergrenze um weitere fünf Millionen. Dazu will die Formel 1 bald auch die Ausgaben auf der Motorenseite deckeln.

Jeder habe die Chance, profitabel zu wirtschaften. Diese Aussicht zieht neue Interessenten an. Das US-Team Andretti möchte 2024 eintreten, was aber von möglichen Rivalen skeptisch gesehen wird. Wie üblich fürchten sie, dass ihnen jemand ein Stück vom Kuchen wegnimmt. McLaren, Alpine und Williams breiten dagegen eher die Arme aus. Mehr Konkurrenz belebe das Geschäft.

Andretti müsste erst mal 200 Millionen Dollar für den Eintritt zahlen. Damit wären die Mindereinnahmen für alle anderen mindestens für zwei Jahre gedeckt. Und: Andretti würde den US-Markt wahrscheinlich weiter anheizen. Das könnte den Gesamtumsatz der Formel 1 nach oben treiben. Davon würden alle Teams langfristig profitieren.

© Stefan Baldauf

McLaren hatte 2020 mit MSP Sports Capital einen neuen Investor an Land gezogen.

Audi baggert an McLaren

Mercedes-Teamchef Toto Wolff spricht gerne von der Champions League des Motorsports. Da schwingt mit, dass am besten nur den ganz großen Namen, also den Herstellern, das Eintrittstor in den exklusiven Club geöffnet wird. Audi und Porsche wären als Weltmarken von diesem Schlag. Beiden wird ein großes Interesse nachgesagt, ab 2026 einzusteigen.

Dann greift ein Motorenreglement, das die Königsklasse mit etwa 50 Prozent Elektroanteil und 100 Prozent nachhaltigem Kraftstoff grüner machen soll. Ein Regelwerk, das den Antriebsstrang ohne die heiße Elektromaschine MGU-H vereinfachen soll. Das war Wunsch und Bedingung des VW-Konzerns. FIA und F1-Management würden sicher keine Sekunde zögern, wenn beide kommen möchten.

Es schien auf eine Entscheidung Ende 2021 hinauszulaufen. Am 15. Dezember hatte der Weltrat der FIA die Eckpunkte des neuen Motorenreglements veröffentlicht – unter dem Motto: "nachhaltiger, einfacher, billiger." Eine Brücke für Neueinsteiger, die VW aber zunächst nicht überquerte. Stattdessen ist es ruhig geworden. Verhandlungen laufen, nach außen dringt wenig.

Im Fahrerlager der Formel 1 erzählt man sich, dass Audi noch immer an McLaren baggere. Allerdings gäbe es für die Briten wenig Gründe, zu verkaufen. Mit dem Einstieg der US-Sport-Investment-Gruppe MSP Sports Capital (33 Prozent bis Ende 2022) ist frisches Kapital geflossen. Der Deal, der Ende 2020 bekannt gemacht wurde, taxierte McLaren Racing damals auf 560 Millionen Pfund.

Passen Elektro-Strategie und F1?

Je weiter die Formel 1 wächst, je stärker sie boomt, desto wertvoller werden die Teams. Dank der Arbeit von Liberty gewinnt die Königsklasse viele Zuschauer, vor allem ein jüngeres Publikum über die sozialen Medien und Netflix. In so einem Umfeld, mit dem Budgetdeckel als Kostengrenze und als Mitglied im exklusiven Club könnte ein Team wie McLaren schon bald mehr als eine Milliarde wert sein.

Noch was: Audi will ab 2026 ausschließlich neue E-Autos bauen: Da stellt einer im Fahrerlager die Frage: Passt diese Ausrichtung überhaupt zur Hybrid-Formel 1? Porsche hat dagegen den synthetischen Kraftstoff für seine Sportwagen auf dem Schirm.

Es gibt Stimmen, die meinen, VW habe mit den Tochtermarken den perfekten Zeitpunkt für einen Einstieg bereits verpasst. Um ein oder sogar zwei Jahre, wenn man die wahrscheinliche Wertsteigerung der einzelnen Teams betrachtet. 2020 hätte man sich bestimmt leichter getan, mit McLaren ins Geschäft zu kommen. Oder mit dem zweiten englischen Traditionsrennstall Williams. Beide waren damals wegen Corona knapp bei Kasse.

Die schnelle Entscheidung, die Formel 1 als Marketing-Plattform und womöglich als Geldgewinnungsmaschine zu nutzen, hat der VW-Konzern nicht getroffen. Dafür sind die Strukturen vielleicht einfach zu starr. Ein großer Hersteller kennt kein schlankes Management mit kurzen Entscheidungswegen. Insider erklären, es müsse bei Volkswagen jeder Vorgang durch viele Gremien laufen. Das dauert, weil damit immer Diskussionen verbunden sind.

Alles müsse für Vorstand und Aufsichtsrat bis auf den letzten Cent kalkuliert sein. Deshalb prophezeite ein Kenner bereits im Januar, dass sich die Entscheidung noch Monate hinziehen könnte. Der Vorteil eines großen Herstellers: Wenn es dann endlich mal grünes Licht gibt für ein Projekt, werden alle Mittel für den Erfolg aufgebracht.

© Wilhelm

Red Bull nimmt die Entwicklung von Auto und Motor in Milton Keynes selbst in die Hand. Springt Porsche auf?

Zeitdruck nimmt zu

Ein Team, das im Zusammenhang mit einem möglichen VW-Einstieg in die Formel 1 immer wieder genannt wird, ist Williams. Der Rennstall ist seit 2020 in Besitz der privaten US-Investmentfirma Dorilton Capital. Aus Williams-Kreisen ist zu hören, dass man zu Gesprächen in alle Richtungen bereit sei. Klar, Dorilton würde sich gute Angebote sicher anhören. Druck hat man keinen. Und im VW-Konzern müsse für ernste Verhandlungen auch erst eine Entscheidung stehen.

Allzu lange sollte man nicht zögern. "Im ersten Halbjahr sollten sie es schon wissen. Ein Motor muss ja entwickelt und gebaut werden. Ende 2024 sollte man damit auf den Prüfstand. Es ist schon sportlich, eine Infrastruktur für die Formel 1 innerhalb dieser Zeit aufzubauen." Für die Porsche AG prüft VW gerade einen Börsengang. Da fragt man sich, ob zuvor überhaupt eine Entscheidung kommen kann.

Red Bull und Porsche: Das wäre eine Traumkombination. Gespräche gäbe es immer wieder, aber aktuell wolle man sich voll auf das 2022er-Auto konzentrieren, wiegelt Red Bull ab. Und auf den Aufbau der eigenen Motorenabteilung. Über 200 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat Red Bull Powertrains bereits eingestellt. Die Zielmarke sind rund 250. Für die Produktion des eigenen Motors ab 2026 müsste man weiteres Personal anheuern.

Porsche nur als Branding?

Ein Zusammenschluss wäre für Porsche aus Kosten- und Effizienzgründen sicher attraktiv. Red Bull hat bereits sechs Prüfstände von den Spezialisten der Grazer AVL erworben. Dazu kommen Einzylinder-Einrichtungen. Noch 2022 soll ein erster Motor in Milton Keynes auf den Prüfstand. Die Werkzeuge müssen kalibriert werden.

Den V6-Turbo für die Saison 2022 rührt Red Bull nicht an. Den kauft man weiter bei Honda in Japan ein. Das verschafft den Ingenieuren Freiraum, sich voll dem neuen Projekt zu widmen. So hofft Red Bull, 2026 als neuer Hersteller eingestuft zu werden, um mehr Budget und Prüfstandsläufe eingeräumt zu bekommen. Die Konkurrenz sieht das argwöhnisch.

Red Bull nimmt die Entwicklung von Auto und Motor selbst in die Hand. Man macht sich unabhängig. Daran könnte Milton Keynes Gefallen finden. Es gibt nicht wenige, die deshalb glauben, ein Zusammenschluss mit Porsche laufe eher auf eine Art Sponsoring heraus. Mit zusätzlichem Fluss von Know-how – zum Beispiel auf der elektrischen Seite des Antriebsstrangs.

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