In den ersten drei Jahren der modernen Groundeffect-Ära haben sich die Ingenieure vor allem über den hinteren Teil der Seitenkästen Gedanken gemacht. Es galt die Frage zu beantworten, wie die Luft am effizientesten über die Verkleidung zum Heck geleitet wird. Red Bull erkannte dabei früh, dass auch der Einschnitt zwischen Seitenkasten und Unterboden hilft, im hinteren Teil des Autos Abtrieb zu generieren.
Um möglichst viel Luft von vorne in diesen Undercut zu lenken, kamen die Aerodynamiker irgendwann auf die Idee, die obere Kante des Seitenkastens weit nach vorne zu ziehen. Auch hier spielte wieder Red Bull zusammen mit McLaren den Vorreiter. Mit dem sogenannten Überbiss wurde die Strömung nach dem Trichter-Prinzip eingefangen und nach unten abgelenkt.
Nach und nach wechselten in der vergangenen Saison mehrere die Teams auf diese Grundform. Im Detail konnte man allerdings immer noch Unterschiede zu erkennen, vor allem beim Design der Lufteinlässe. Red Bull ging hier von Beginn an einen extremen Weg. Die Kühlung erfolgte nur noch über winzige Schlitze, die von außen kaum zu erkennen waren. Andere kombinierten den Überbiss mit runden oder dreieckigen Hutzen.

Bei vielen Autos erkennt man die Kühl-Öffnungen erst aus der Froschperspektive.
Geheimnis wird in Bahrain gelüftet
Nachdem die Teams schon in der Vorsaison viel in diesem Bereich gearbeitet hatten, war die Spannung groß, wie die Weiterentwicklung mit den 2025er-Rennwagen aussehen würde. Die ersten Fotos, die von den Teams verschickt wurden, gaben hier noch nicht viel Aufschluss. Keiner wollte sich frühzeitig in die Karten blicken lassen. Erst bei den Testfahrten in Bahrain ließen sich die verschiedenen Lösungen aus der Nähe inspizieren.
Dabei gab es durchaus einige Überraschungen zu entdecken. So verzichteten Alpine und Haas gegen den Trend komplett auf den Überbiss. Sie setzen eher auf ovale Lufteinlässe, bei denen die vorderen Kanten einen relativ gleichmäßigen Rand bilden. In beiden Fällen ist die Hutze vergleichsweise groß ausgefallen. Bei Alpine ragt die Öffnung in Form eines Schlitzes weit nach unten.
Diese vertikale Verlängerung ist auch bei vielen anderen Autos zu erkennen. Über sie wird "dreckige" Luft, die direkt an der Cockpitseitenwand entsteht, unter die Haube abgesaugt und damit unschädlich gemacht. Das Prinzip ähnelt dem mittlerweile verbotenen S-Schacht, der unter der Frontpartie für eine bessere Strömung gesorgt hatte, in dem ein Teil der Luft durch die Nase nach oben gelenkt wurde.

Am stärksten ausgeprägt ist die P-Form beim Ferrari-Lufteinlass.
P-Einlässe und Briefkästen
Bei Ferrari, McLaren, Toro Rosso und Alpine entsteht durch das Zusammenspiel einer breiteren Öffnung oben und dem vertikalen Schlitz darunter ein P-förmiger Einlass. Bei Red Bull und Mercedes sind die beiden Öffnungen voneinander getrennt. Nach dem misslungenen Zero-Pod-Experiment zum Start in die moderne Ground-Effect-Ära gingen die Silberpfeil-Designer in der vergangenen Saison einen eher konventionellen Weg. Die Lösung am W16 fällt nun wieder deutlich aggressiver aus.
Um die Form der Öffnungen zu erkennen, muss man den Seitenkasten schon aus der Froschperspektive betrachten und einen guten Winkel finden. Erst dann sieht man, dass die obere Öffnung beim Silberpfeil direkt unter dem Dach liegt und dreieckig geformt ist. Auch bei Red Bull muss man einige Verrenkungen anstellen, um einen guten Blick zu erhaschen. Hier ähnelt die obere Öffnung einem Briefkastenschlitz.
Wir haben die Seitenkästen bei den Testfahrten ganz genau ins Visier genommen und vergleichen die Lösungen der zehn Teams in der Galerie.