Die Formel 1-Saison 1982: 16 Rennen, 11 Sieger

Die Formel-1-Saison 1982
16 Rennen, elf Sieger, zwei Tote

1000. GP
Elio de Angelis - Lotus 91 - Keke Rosberg - Williams FW08 - Österreichring 1982
Foto: Motorsport Images

An dieser Weltmeisterschaft war einiges kurios und unerwartet. Mit Keke Rosberg gewann ein Fahrer den Titel, der im Jahr zuvor keinen einzigen WM-Punkt gesammelt hatte. Einer, der für Williams nur eine Verlegenheitslösung war, weil Alan Jones gekündigt hatte, weil Niki Lauda McLaren statt Williams den Vorzug gab und weil Carlos Reutemann dem Team seine Pläne erst spät im Winter mitteilte.

Rosberg kam vorzeitig aus seinem Vertrag mit Fittipaldi frei, weil ihm das Team noch ein Restgehalt von 2.300 Dollar schuldig war. Nach einem Test in Paul Ricard schlug Frank Williams zu. Er zahlte seinem neuen Mann 250.000 Dollar. Ein Schnäppchen, wenn man sich vor Augen hält, was sich aus dieser Ehe entwickelte.

Und Rosberg war einer von zwei Weltmeistern, denen ein einziger Sieg, eine einzige Pole-Position, nur 337 Führungskilometer und nur 44 Punkte zum Titelgewinn reichte. Man fühlte sich an das Jahr 1959 erinnert, als Mike Hawthorn sich ebenfalls mit lediglich einem Sieg zum Titelträger krönte. Rosberg beendete 10 der 16 Grand Prix in den Punkten, und er fiel nur vier Mal aus. Lohn für unzählige Testkilometer. Nur Ferrari testete mehr. „Ich lebte 1982 in meinem Auto“, erinnert sich Keke Rosberg.

Ungewöhnlich auch, dass der gute, alte Cosworth-V8 noch einmal den Champion stellte. Alles andere als ein Turbo-Sieg musste als Sensation gelten. Renault, Ferrari und BMW brachten 70 bis 90 PS mehr an den Start. Renault hatte mit Ferrari, BMW und Hart neue Turbo-Mitstreiter bekommen. Alfa Romeo, Porsche und Honda kündigten für das Folgejahr Turboprojekte an.

Gilles Villeneuve - Ferrari 162C - Zolder 1982
Wilhelm

Zuverlässigkeit war Trumpf

Die Saison 1982 wurde nicht über die Motorleistung, die Reifenfirma oder die beste Aerodynamik entschieden, sondern über die Zuverlässigkeit. Es gab elf verschiedene Sieger und 18 Fahrer auf dem Podium. Sieben Teams gewannen einen Grand Prix. Kein einziger Start/Ziel-Sieg war dabei. Ein Novum.

Alain Prost gewann zwei Grand Prix, startete fünf Mal von der Pole-Position, er führte 1.009 Kilometer, kam jedoch nur bei sechs Starts in den Punkterängen ins Ziel. Dafür blieb Prost zehn Mal vorzeitig stehen. Rosberg kam auf 4.194, Prost nur auf 3.433 Rennkilometer. Dabei war der Williams-Pilot ein Rennen weniger gefahren als Prost. Er pausierte beim Boykott-Grand Prix von Imola.

Der Renault RE30B war das schnellste Auto im Feld. Der steifere, leichtere und aerodynamisch verbesserte Vorjahreswagen litt aber immer noch an zu vielen Gebrechen rund um den V6-Turbo. Fünf Motorplatzer, zwei Defekte am Turbolader, vier Schäden an der Einspritzung stellten der Motorabteilung kein gutes Zeugnis aus. Es dauerte zu lange, bis Renault die beim GP Monaco eingeführte elektronische Einspritzung in den Griff bekam.

Ferrari fand einen Trick, um die Kolben zu kühlen. Neben dem Kraftstoff/Luftgemisch wurde auch Wasser in die Zylinder gespritzt. Das erhöhte die Standfestigkeit. Ferrari fiel sechs Mal aus. Nur ein Mal davon mit einem Schaden im Motorumfeld. Renault kupferte die Wassereinspritzung später ab.

Ferrari mit zwei Schicksalsschlägen

Eigentlich hätte Ferrari beide WM-Titel gewinnen müssen. Die roten Autos waren schnell, gutmütig und zuverlässig. Nicht das schnellste, aber das beste Paket. Nach vier Jahren mit Michelin stieg Ferrari wieder auf Goodyear um. Der 126C2 harmonierte prächtig mit den amerikanischen Sohlen. Der neue Chefkonstrukteur Harvey Postlethwaite hatte ein echtes Groundeffect-Auto mit viel Einsatz von Karbon gebaut. Das erhöhte die Verwindungssteifigkeit.

Der Vorderbau des Ferrari 126C2 war jedoch noch aus Aluminium gefertigt und daher verwundbar bei einem Frontalaufprall. Ferrari holte den Konstrukteurs-Titel, doch sie stellten nicht den Weltmeister. Eine unheimliche Unglücksserie verfolgte den Rennstall aus Maranello. Gilles Villeneuve fuhr beim Training zum GP Belgien in den Tod. Zuvor hatte er seinem Teamkollegen Didier Pironi wegen nicht eingehaltener Absprachen die Freundschaft gekündigt. Aus dem gleichen Grund entzweiten sich die Renault-Piloten René Arnoux und Alain Prost nach dem GP Frankreich.

Pironi schien zu Saisonmitte mit dem WM-Titel auf und davon zu fahren. Bis er beim Training zum GP Deutschland im Regen bei schlechter Sicht auf den Renault von Alain Prost auffuhr und nach einem gewaltigen Flug kopfüber in den Boden einschlug. Die Beinverletzungen waren so schwerwiegend, dass Pironi seine Karriere beenden musste. Obwohl der Franzose die letzten fünf Rennen 1982 vom Krankenbett aus verfolgte und in Zolder nach Villeneuves Todessturz einen Grand Prix pausieren musste, wurde er noch Vize-Weltmeister.

Villeneuve-Ersatzmann Patrick Tambay gewann für den verletzten Pironi in Hockenheim und schaffte es noch auf Platz 7 in der Gesamtwertung. Dabei musste er wegen Rückenbeschwerden zwei Rennen aussetzen. Mario Andretti, der Ersatz vom Ersatz, stellte den Ferrari 126C2 in Monza bei seinem ersten Auftritt nach einem Jahr Formel 1-Pause auf die Pole-Position. Ohne ein Problem mit der Einspritzung hätte Andretti das Rennen gewonnen.

Riccardo Patrese - Nelson Piquet - Brabham-BMW BT50 Turbo - GP Niederlande 1982 - Zandvoort
Wilhelm

Ecclestones Poker mit BMW

Brabham fuhr 1982 zweigleisig. Nach dem Saisonstart mit zwei Brabham BT50-BMW entschied Teamchef Bernie Ecclestone, dass dem BMW Vierzylinder-Turbo noch die Rennreife fehle. Beim zweiten und dritten Saisonrennen kreuzte er mit zwei Brabham BT49D-Cosworth auf. Danach wurde drei Rennen lang mit beiden Motorkonzepten gefahren, bis BMW Ecclestone ein Ultimatum setzte.

Die Zusammenarbeit stand kurz vor der Scheidung. Riccardo Patrese hatte mit dem Cosworth-V8 in Monte Carlo gewonnen, Nelson Piquet war mit dem BMW-Motor in Detroit an der Qualifikation gescheitert. Sieben Tage später gewann er sensationell mit dem bayerischen Kraftpaket in Montreal.

Brabham machte hauptsächlich durch einen Coup von sich reden, den Konstrukteur Gordon Murray beim GP England auspacken wollte, der aber erstmals vier Rennen später in Zeltweg funktionierte. Murray nutzte die Gesetzeslücke, dass Nachtanken nicht ausdrücklich verboten war. Er ließ die Autos mit halbvollem Tank und weichen Reifen losfahren und bei Halbzeit mit einer Schnelltankanlage neu füllen. Dabei wurden auch die Reifen gewechselt, die zuvor in einem Ofen vorgeheizt worden waren.

Die Gebrechen der Turbo-Liga half den Cosworth-Teams. Am Ende kämpften Williams und McLaren, Keke Rosberg und John Watson um den Titel. Rosberg reichte ein 5.Platz in Las Vegas. Watson hätte einen Sieg gebraucht. Er wurde Zweiter.

McLaren schrieb die Schlagzeilen auf dem Fahrermarkt. Teamchef Ron Dennis lockte Niki Lauda mit drei Millionen Jahresgage nach zwei Jahren Pause zurück. Lauda hatte nichts von seiner Klasse verloren. Schon beim dritten Einsatz feierte der Österreicher in Long Beach den ersten Sieg seiner zweiten Karriere. Beim Finale in Las Vegas hatte der 34-jährige Österreicher sogar noch theoretische Titelchancen. McLaren entschied, dass Lauda für Watson fahren müsse.

Schnelle Autos und eine Unfallserie

Die Rückkehr der kompromisslosen Groundeffect-Autos ließ die Frontflügel verschwinden, machte Pullrod- und Pushrod-Aufhängungen salonfähig und senkte die Rundenzeiten auf ein beängstigendes Maß. In Zolder unterbot der Trainingsschnellste Prost die Vorjahresbestzeit um 6,5 Sekunden, die des Jahres 1980 um 3,4 Sekunden. Am Österreichring fiel die Bestmarke um 4,4 Sekunden.

Die Querbeschleunigung kletterte auf 4 g. Auch auf den Geraden stiegen die Spitzengeschwindigkeiten sprunghaft an. Die Renault wurden in Paul Ricard mit 346 km/h gemessen. Weil minimale Bodenfreiheit maximalen Abtrieb garantierte, wurden die Federwege auf 25 Millimeter reduziert. Die Fahrer klagten vermehrt über Rückenprobleme.

Eine Unfallserie sendete Warnzeichen aus. Marc Surer brach sich beim Training in Kyalami erneut die Beine, Niki Lauda bei einem Ausrutscher in Hockenheim das Handgelenk. René Arnoux kam unbeschadet davon, als er in der Tarzan-Kurve von Zandvoort ein Rad verlor.

Die Zahl der Kollisionen stieg besorgniserregend an. Gilles Villeneuve und Riccardo Paletti bezahlten sie mit dem Leben. Didier Pironi und Jochen Mass beendeten nach Unfällen ihre Formel 1-Karriere. Der eine wegen seiner Verletzungen, der andere freiwillig. Der Sturzflug von Mass am Ende der Mistral-Geraden von Paul Ricard über den Arrows von Mauro Baldi hinweg hätte für den Motorsport böse enden können. Der March landete im Zuschauerraum. Zwölf Personen wurden verletzt.

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