Die Formel-1-Verantwortlichen haben zwar schon ein Modell des 2022er Autos vorgestellt. Doch so genau weiß niemand, wie die zehn Teams die kompliziert formulierten Technik-Regeln interpretieren. In unserer fünfteiligen Serie blicken wir hinter die Geheimnisse des Gesetzestextes und verraten Ihnen jetzt schon, in welchen Details sich die Autos besonders stark verändern werden.
Folge 1: Nase & Frontflügel
Folge 2: Vorderachse & Räder
Folge 3: Bargeboards & Seitenkästen
Folge 4: Unterboden & Diffusor
Folge 5: Heckflügel & Beam Wing
Flügel ohne Endplatten
Beim Heckflügel-Design schlägt die Formel 1 einen ganz neuen Weg ein. Schon auf den ersten Blick wirkt die Form des Leitwerks ungewohnt. Das liegt vor allem am Fehlen der traditionellen Endplatten neben den Flügelprofilen. Künftig kann die Luft damit einfach über die seitliche Kante hinwegströmen, was die Effizienz des Flügels verringert.
Dieser negative Effekt ist erwünscht. Das Bauteil soll nicht mehr wie bisher den Hauptteil des Abtriebs auf der Hinterachse liefern. Stattdessen nutzt die neue Formgebung in erster Linie dazu, den Luftstrom nach hinten zu verbessern.
"An der äußeren Kante entstehen zwei starke Wirbelschleppen, mit denen die Strömung vom unteren Heckbereich nach oben gesaugt wird", erklärt F1-Technikchef Pat Symonds. "Durch diese Aufwärtsbewegung kann saubere Luft von außen an die Stelle der Turbulenzen nachrücken, von der die nachfolgenden Autos dann profitieren."

DRS in neuen Flügel integriert
Nicht nur die Form ist neu, auch an geänderte Abmessungen müssen sich die Fans gewöhnen. Mit 123 Zentimetern ist der Flügel im oberen Bereich acht Zentimeter breiter als bisher. Die Kante ragt 91 Zentimeter in die Luft. Früher waren es nur 87.
Das DRS-System bleibt als Überholhilfe erhalten. Wie bisher öffnet sich zwischen Hauptblatt und Flap ein 85 Millimeter breiter Spalt, den die Techniker liebevoll "Briefkastenschlitz" nennen. Die F1-Bosse hoffen jedoch, dass die neuen Aero-Regeln so gut funktionieren, dass man auf die ungeliebte Überholhilfe bald verzichten kann.
Wie beim Frontflügel gehen die beiden Flügelelemente außen nahtlos in den vertikalen Teil über. Die Endplatten ziehen sich auf ihrem Weg in Richtung Diffusor immer weiter nach innen. Bei ihrer äußeren Form gibt es kaum Restriktionen. Jedoch sind auch hier Löcher, Schlitze und aufgesetzte Finnen verboten.
Beam-Wing feiert Comeback
Zwischen dem Diffusor und Heckflügel feiert ein zusätzliches Flügelelement – der sogenannte "Beam Wing" – ein Comeback. Ihn hatte man zuletzt 2013 in der Formel 1 gesehen. Er darf nun aber wie sein großer Bruder in der oberen Etage ebenfalls aus zwei einzelnen Profilen bestehen und soll den Absaugeffekt des Diffusors noch verstärken.
Damit die Ingenieure die angestellte Fläche nicht einfach mit Auspuffgasen anblasen und damit zusätzlichen Abtrieb generieren, wurde eine zehn Zentimeter Breite Lücke im zentralen Bereich des Beam-Wings offengelassen. Das Flügelprofil biegt rechts und links vom Auspuffrohr nach unten ab.

Enges Korsett für die Ingenieure
Als Fazit unserer kleinen Tour um das 2022er Auto lässt sich festhalten, dass sich die Rennwagen in Zukunft wohl deutlich weniger voneinander unterscheiden werden als bisher. Zu restriktiv ist das Reglement in vielen Bereichen geschrieben. Dazu wurde auch noch die Zahl der Einheitsteile deutlich erhöht.
Der Ärger der Ingenieure über das enge Korsett legte sich aber in den letzten Monaten spürbar. Je tiefer die Techniker in die Entwicklung eintauchten, desto zuversichtlicher äußerten sie sich, in einigen Bereichen doch Unterschiede machen zu können. Technikfans sollten also optimistisch in die Zukunft blicken. Nach der Diät in der letzten Saison kommt der Entwicklungswettlauf jetzt endlich wieder voll auf Touren.