Politik passiert in Hinterzimmern. So fragwürdig es war, dass die EU sich zur Bekämpfung des Klimawandels ausschließlich auf Elektroautos konzentrieren wollte, so überraschend kam es, dass sich Brüssel in letzter Minute doch noch umstimmen ließ. Der entscheidende Vorstoß gegen ein komplettes Verbrenner-Verbot ab 2035 kam vom Deutschen Verkehrsminister Volker Wissing.
Auch Italien, Polen, Österreich, Bulgarien und Tschechien haben sich gegen eine einseitige Politik für Batterieautos ausgesprochen und Technologieoffenheit gefordert. Daraufhin rangen sich die Mitgliedstaaten zu einem Kompromiss durch.
Das Verbrenner-Verbot gilt nur für Motoren, die mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Für klimaneutrale E-Fuels gibt es eine Hintertür. Es muss aber der Nachweis erbracht werden, dass der Motor ausschließlich mit so genannten synthetischen Kraftstoffen zum Einsatz kommt.

Formel 1 mit Oxford University
Für die Formel 1 hat die EU-Vorgabe eine große Bedeutung. Die Königsklasse setzt auch mit dem neuen Motorenreglement ab 2026 auf Hybrid-Technologie. Der 1,6 Liter Sechszylinder-Turbo wird dann zu 100 Prozent mit CO₂-neutralem Kraftstoff gespeist und in seiner Arbeit durch einen 350 kW starken Elektromotor unterstützt.
Nach Ansicht der Formel-1-Experten ist dieser Mix aus Verbrenner und Elektromotor im Zusammenspiel mit E-Fuels der nachhaltigste Antrieb, den es gibt. Das ergibt eine Studie der Oxford University, die von der Formel 1 in Auftrag gegeben wurde. Im Gegensatz zur Batterieauto-Lobby rechnet die 40-seitige Studie den vollen Lebenszyklus von der Entstehung des Autos und der Energieträger bis zur tatsächlichen Nutzung mit ein.
Das Papier wurde diskret an über 200 Politiker über alle Parteien hinweg als Entscheidungshilfe verteilt. Dazu zählte auch die deutsche Regierung. Aber auch in Italien, den Niederlanden, Frankreich, Großbritannien und Griechenland betrieben Lobbyisten aus der Formel 1 Aufklärungsarbeit.

Austausch mit Politikern
Die Studie sollte noch einmal zum Nachdenken anregen und daran erinnern, dass es im Kampf gegen den Klimawandel besser ist, nach jedem Strohhalm zu greifen als sich einseitig festzulegen. Die Kampagne richtet sich übrigens nicht nur an die EU. Formel-1-Chef Stefano Domenicali traf sich zu dem Thema auch mit den Ministerpräsidenten von England und Australien.
Es geht darum aufzuzeigen, dass man die Energieträger nicht losgelöst von ihrer Gewinnung und den Autos, in denen sie zum Einsatz kommen, betrachten kann. Effizienznachteile gegenüber dem rein elektrischen Antrieb würden durch Unabhängigkeit von Ländern wie China und sichere Lieferketten wieder aufgewogen.
Außerdem bieten E-Fuels die Möglichkeit, Altfahrzeuge bis zu ihrer Verschrottung weit über 2035 klimaneutral zu betreiben. Und es ist ein Angebot an ärmere Länder in Afrika, Asien oder Südamerika, die Übergangsphase mit E-Fuels zu überbrücken, bis dort eine Elektrifizierung möglich und bezahlbar ist.

E-Fuels-Technik schnell voranbringen
Die Formel 1 fürchtete, dass sich bei einer Ablehnung von synthetischen Kraftstoffen und Biosprit der zweiten Generation durch die Politik keine weiteren Investoren finden werden. Die Verantwortlichen hoffen, dass es genügend Unternehmen gibt, die in dieser Technologie einen Markt sehen und durch Entwicklung das Problem der verfügbaren Mengen und des derzeit noch hohen Preises für E-Fuels beseitigen.
Nur durch entsprechende Forschung kann der derzeit noch hohe Energieaufwand gesenkt werden. Der Motorsport im Allgemeinen und die Formel 1 im Besonderen will dafür ein Testlabor sein. Die Formel 1 hat mit der saudischen Mineralölgesellschaft Aramco bereits ein Forschungsprogramm in gestartet.
Durch den direkten Wettbewerb der in der Formel 1 vertretenen Kraftstofflieferanten will man hier zu schnellen Ergebnissen kommen. Denn der Kraftstoff, der ab 2026 in den Hochleistungsmotoren zum Einsatz kommt, muss so ausgestaltet sein, dass er eins zu eins auch in einem Serienmotor funktioniert.