FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem hat den Teamchefs bei der jüngsten Formel 1-Kommissionssitzung in Spielberg das Motoren-Reglement für 2026 gezeigt, verbunden mit dem Versprechen: "Das Paket ist nahe an der Finalisierung." Es liegt nun in seiner Hand das Versprechen umzusetzen. Die Zeit für Verhandlungen ist laut Formel-1-Sportchef Ross Brawn abgelaufen. Die offenen Punkte liegen jetzt im Ermessen des Präsidenten.
Das Formel-1-Management drängt darauf, dass der FIA-Weltrat noch im Juli über die Regeln abstimmt. Dann haben Audi und Porsche maximal 15 Tage Zeit ihren Einstieg offiziell zu verkünden. Beide würden es gerne noch vor der Sommerpause tun. Am liebsten im Rahmen eines Grand Prix.
Die Eile hat den Hintergrund, dass das Autogeschäft wegen dem Ukraine-Krieg und Lieferengpässen gerade unter Druck steht. Man möchte die Formel-1-Projekte auf den Weg bringen, solange die Stimmung noch gut ist.

MGU-H als Geschenk
Die Deutschen Premiumhersteller brauchen für ihre finale Zusage aus juristischen Gründen ein Reglement auf Papier. Mercedes-Teamchef Toto Wolff will das nicht einsehen. "Es ist nicht möglich eine solche Entscheidung abhängig von den Regularien zu machen, weil die sich in unserem Geschäft ständig ändern. Wir können eine Entscheidung von den Neueinsteigern erwarten, zumal wir große Schritte auf sie zugemacht haben."
Gemeint ist der Verzicht auf die MGU-H, den auch Ferrari gerne als großes Geschenk an die Neulinge verkauft. Tatsächlich aber ist die MGU-H eine völlig überflüssige Technologie, die auf der Straße nie zum Einsatz kommen wird und viel zu teuer, weil viel zu kompliziert ist. Der Sprit, der auf den Spezialprüfständen für die warme Elektromaschine verfeuert wird, reicht für eine GP-Saison.
Bei Audi und Porsche heißt es, dass man sich auf ein Himmelfahrtskommando ohne eine schriftliche Bestätigung von der FIA nicht einlassen könne. So sei es unmöglich auf Basis von Reglementversprechen Mitarbeiter zu rekrutieren oder Verträge mit Zulieferern zu unterschreiben.

Prüfstände für eine Stunde pro Tag
Tatsächlich gewinnt man immer mehr den Eindruck, dass die etablierten Hersteller den Neueinsteigern das Leben so schwer wie möglich machen wollen, obwohl sie ohnehin einen Erfahrungsvorsprung von zehn Jahren haben.
Der letzte Vorstoß von Ferrari, Mercedes und Renault unterstreicht den Verdacht. Sie wollen die Prüfstandsstunden noch einmal reduzieren. Ross Brawn wundert sich: "Wenn es einen Kostendeckel gibt, muss man sich um die Anzahl der Prüfstandsstunden keine große Gedanken machen. Wer da mehr Geld investiert, muss anderswo sparen."
Für Porsche und Audi sind die Stunden von Belang. Weil der Prüfstand für Motoreningenieure wichtiger und unersetzbarer ist als der Windkanal für Aerodynamiker. Dazu kommt ein psychologisches Moment. Audi wird für einen zweistelligen Millionenbetrag Spezialprüfstände bei der AVL einkaufen. Man muss dem Vorstand bei dieser Investition erst einmal erklären, dass die rein rechnerisch am Ende nur eine Stunde pro Tag genutzt werden können, weil man sonst über dem Limit liegt.

Kolben aus Stahl oder Aluminium?
Die Prüfstandsstunden sind ein Punkt, bei dem bin Sulayem zeitnah zu einer Entscheidung kommen muss. Das Material für die Kolben ist ein anderer. Ferrari, Mercedes und Renault fahren aktuell mit Stahlkolben. Die Neueinsteiger hätten sich lieber Aluminium-Kolben gewünscht, weil sie keine Erfahrung mit Stahl haben und die Herstellung von Stahlkolben auf dem in der Formel 1 verlangten Niveau extrem aufwendig ist.
Geklärt ist mittlerweile das Kraftstoffthema. Der CO2-neutrale Kraftstoff wird zu mindestens 75 Prozent synthetisch sein. Man will aber eine 25-prozentige Beimischung von klimaneutralem Sprit aus Bioabfällen erlauben, um das Thema Methanfreisetzung von biologischen Abfällen zu bearbeiten und so einen doppelten Nutzen zu reklamieren.
Wenn man die Aussagen von Ferrari-Rennleiter Mattia Binotto und seinem Kollegen Toto Wolff zwischen Zeilen interpretiert, sehen beide noch Gesprächsbedarf in Detailfragen. "Wir haben uns auf viele Kompromisse eingelassen. Eine genaue Ausformulierung der Regeln braucht Zeit. Die etablierten Hersteller sind genauso wenig bereit wie Audi und Porsche und die FIA, die diese Diskussionen führt", bremst Binotto.
Das wird vom F1-Management bestritten. Die Zeit des Diskutierens ist abgelaufen. Es darf keine weiteren Verzögerungen mehr geben. Nichts wäre peinlicher als eine Absage von Audi oder Porsche, weil man kein Ende findet.