Wer die Faszination der Formel 1 mit der Kamera einfangen will, braucht entweder eine kurze Belichtungszeit für spektakuläre Action-Schüsse oder viel Zoom, um die verborgenen Technik-Details sichtbar zu machen. In dieser Story richten wir uns vor allem an die Fans, die eher am Thema Technik interessiert sind. Wir haben die Lupe ausgepackt und sind den Rennwagen ganz nah auf die Pelle gerückt.
Denn nur wenn man ganz genau hinschaut, erkennt man erst, wie verrückt die Formel 1 heute geworden ist. Jeder Millimeter der Autos ist aerodynamisch optimiert. Die Regelhüter versuchen die Techniker zwar ständig mit neuen Restriktionen einzufangen, doch ganz gelingt ihnen das nicht. Dort, wo Kreativität erlaubt ist, toben sich die Ingenieure auch entsprechend aus.
Begrenzt wird der Eifer der Aerodynamiker nur durch die mangelnde Präzision ihrer Simulationstools. Windkanalmodelle sind in ihrer Größe auf maximal 60 Prozent des Original-Autos begrenzt. Ein fünf Zentimeter langer Flügel misst damit am Modell nur noch drei Zentimeter. Bei einem stabilen Reglement geht die Entwicklung aber immer mehr ins Detail. Elemente werden bis in den Millimeterbereich optimiert.

In den Formel-1-Windkanälen stehen Modelle im 60-Prozent-Maßstab. Größere Modelle würden präzisere Ergebnisse produzieren.
Jeder Millimeter macht einen Unterschied
Weil sich die Molekülstruktur der Luft aber nicht entsprechend nach unten skaliert, mangelt es den Windkanalergebnissen bei kleiner werdenden Elementen immer mehr an Aussagekraft. Etwas bessere Ergebnisse können CFD-Simulationen am Computer bringen, allerdings will man die vom Reglement limitierten Durchgänge natürlich nicht für Kleinkram verschwenden.
Wer jetzt aber meint, dass die Wirkung der Miniatur-Flügelchen auf die Gesamt-Performance begrenzt ist, der kann sich irren. Nehmen wir nur den sensiblen Bereich an der Außenkante des Unterbodens. Hier arbeiten die meisten Teams mit ganzen Kaskaden aus Mini-Flicks und Winglets. Sie produzieren künstliche Wirbelschleppen, die wiederum dafür sorgen, dass die Luft aus den Venturi-Kanälen unter dem Auto nicht seitlich entweichen kann.
Bei den modernen Groundeffect-Autos ist der Unterboden bekanntlich das wichtigste Bauteil. Je effizienter er arbeitet, desto mehr Abtrieb produziert das Auto. Und da können schon kleine Änderungen große Wirkung haben. Die Ingenieure mussten in einem steilen Lernprozess erfahren, dass jeder Millimeter in der Bodenfreiheit oder kleinste Anpassungen bei der Anstellung des Fahrwerks mit spürbaren Ausschlägen in den Sensoren registriert wird.

Nur wenn man genau hinschaut, entdeckt man im Verborgenen der Formel-1-Renner viele spannende Bereiche.
Mini-Flügel helfen dem Diffusor
Arbeiten die kleinen Flügelchen an der Außenseite des Unterbodens nicht perfekt mit dem Asphalt zusammen, können sie auch nicht ihre Wirkung entfalten. Die Kunst ist es, ein möglichst großes Arbeitsfenster zu schaffen, aus dem die Autos auch auf größeren Bodenwellen oder bei extremeren Setup-Einstellungen nicht herausfallen. Ein zu spitzer Abtrieb ist wertlos, wenn er nicht konstant abgerufen werden kann und die Piloten nicht das nötige Vertrauen finden.
Ein weiterer Bereich, der diesbezüglich mehr Performance bringt, als man auf den ersten Blick denken mag, sind die Innenseiten der hinteren Radträger. Hier tragen die meisten Autos ebenfalls ganze Batterien von kunstvoll arrangierten Mini-Flügeln. Die Ingenieure bündeln die Luftströme weiter vorne am Auto bewusst in Vortex-Systemen, um sie dann gezielt auf die Lücke zwischen den Hinterrädern und dem Diffusor zu leiten.
Der Trick erhöht zum einen den Abtrieb der Flügelchen, zum anderen wird damit auch noch der Absaugeffekt des Diffusors verbessert. Dem gleichen Zweck sollen auch die witzigen Winglets an der hinteren Crashstruktur dienen, die wir in der vergangenen Saison bei Aston Martin und Haas entdeckt haben. Da sie von den anderen Teams nicht kopiert wurden, scheint ihre Wirkung aber wirklich überschaubar zu sein.
Welche interessanten Details uns noch beim genauen Blick auf die Autos ins Auge gefallen sind, zeigen wir Ihnen in der Galerie.